Das Weltentor

Rollenspielforen => Story Rollenspiel => Topic started by: Lanar on 29. Dezember 2010, 00:11:31

Title: [Vico] Schartige Klinge
Post by: Lanar on 29. Dezember 2010, 00:11:31
Neuanfang

Leer. Mit einem gleichgültigen Seufzen ließ Vico die Schnapsflasche zu Boden fallen, wo sie einen Halbkreis rollte, ehe sie an seinen Füßen wieder zum Stillstand kam. Es gab Momente da fühlte er sich ebenso. Leer. Bestimmungslos und unerfüllt. Einsam und ausgestorben. Für eine Seele des Krieges gab es in Zeiten des Friedens und des Wiederaufbaus eben nicht sonderlich viel zu tun. Sicher, dann und wann trudelte mal der ein oder andere Auftrag ein bei dem es etwas mehr zur Sache ging, doch im größten Teil war es eben bloß nur ödes Wache stehen und hin und wieder mal ein paar Finger brechen. Die Aufgaben als Söldner im Hafen und vor allem bei Schwarzwasser war eben nicht immer sonderlich tugendhaft, aber irgendjemand muss ja die Drecksarbeit machen.
,,Irgendjemand" hatte nur langsam die Schnauze voll. Keine Lust mehr auf zermürbend langweilige Wachgänge, Lagerarbeit oder Patrouillen. Und aus irgendwelchen idiotischen Hampelmännern die Scheiße rauszuprügeln, die wiederum bei irgendwelchen anderen Hampelmännern in der Kreide standen, war auch nur in den ersten paar Wochen irgendwie erbauend gewesen.
Immerhin stand er nicht völlig allein mit diesem fahlen Geschmack von Verdrossenheit da. Es gab nämlich so 'ne winzige, spitzohrige ,,Maus", die ständig auf seinen Rücken kletterte um ihm Gesellschaft zu leisten - ihr war genauso beschissen zumute, auch wenn sie sich mit diversen... ,,Arzneimitteln" zu helfen wusste. Aber während sie sich in ihrem eigenen Chaos verlief, wusste der Hüne noch halbwegs sich aus dem Tümpel des Stumpfsinns und der Eintönigkeit zu retten. Und wenn die Maus klug genug war, würde sie sich noch fester an seinen Rücken hängen, um sich von ihm heraus ziehen zu lassen.

Vico sah sich um. Mordekhaine hatte wirklich das ästhetische Empfinden einer verhätschelten Prinzessin, die alles um sich herum in knallige Rosafarben zu hüllen versuchte. Der Tempusit selbst war zwar nicht sonderlich versiert in den Bereichen der Innenarchitektur, aber dieses Zimmer war schon eine Nummer für sich. Eigentlich war es kein Wunder das Morde so einen an der Klatsche hatte, wenn er Tage und Nächte lang in diesem grell beleuchteten Loch verweilte. Er war nicht allein in dem Zimmer. Der große, einäugige Basilisk stand, versteinert von seinem eigenen Blick, ihm gegenüber. Verfluchtes Scheißviech... schoss es dem Hünen durch den Kopf. Willst dich einfach nicht verscherbeln lassen. Es grinste ihn regelrecht an, mit seinem von Reißzähnen gesäumtem Maul. So wie es aussah, würde er das Ding noch eine ganze Weile am Hals hängen haben.
Mit jedem Tag wurde der gefangene Basilisk mehr und mehr ein Inbegriff eines fehlgeschlagenen Versuchs. Der Versuch, die Kampfeslustigen des Landes zu rufen, und sie, zumindest über die Dauer des Zusammentreffens, unter einem Banner zu einen. Es war so wie dieser einäugige Zwerg es schon voraussagte, ein zum scheitern verurteiltes Vorhaben. Aber was solls, der Versuch war es Wert gewesen und hat ihn nur schlauer gemacht. Letztlich gelang es ja sogar den Basilisken einzufangen, erst im Nachspiel fing man an sich gegenseitig an den Kragen zu gehen. Beim nächsten Mal würde er wohl ein genaueres Auge auf seine Auslese von Kriegern werfen müssen, wenn es erneut etwas zum erschlagen gab. Er würde sie schon noch finden um sich nicht mehr an dem sterbenden Korpus, der Schwarzwasser inzwischen war, laben zu müssen.

Es war verdammt noch mal Zeit, die Zügel selber in die Hand zu nehmen, um das Söldnergeschäft im Fürstentum wieder aufleben zu lassen.
Title: Re:[Vico] Schartige Klinge
Post by: Lanar on 11. August 2011, 15:55:45
Verkohlte Klinge

Verkohltes Holz und verbrannte Trümmer knackten und knirschten unter den Sohlen von Vicos Stiefeln. Viel war nicht mehr übrig von der einstigen Halle der Schartigen Klinge, die in den letzten Jahren zu seiner Heimat geworden war. Jetzt wird hier erstmal keiner mehr wohnen. Kaum nachdem er diese Gedanken gedacht hatte, erklang das protestreiche quietschen einer Ratte, die von seinen Schritten aufgescheucht, unter die verbrannten Überreste ihres alten Esstisches flüchtete. Scheiß Nager, dachte er. Er hasste die Viecher und das nicht ohne Grund. Er erinnerte sich noch immer sehr bildhaft an die ruhmlose Zeit seiner Kindheit, in welcher er gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder als streunendes Gesindel auf der Straße lebte. Bis sein Bruder von einem Rattenbiss getötet wurde. Es gab auf Telflamms Straßen leider keine gutmütigen Heilsbringer, die sich um die Infektion eines kleinen Jungen gekümmert hätten. Dreckige, kleine, Scheiß Nager, wiederholte sich der Gedanke wütend in seinem Kopf. Mit einem Schnauben holte er zornig zu einem Tritt aus, der die zerbrochenen Überreste einer schmucklosen Keramikampulle, auseinander berstend, in Richtung  Rattenunterschlupf beförderte, auf die sie matt klimpernd herabregneten. Erneut bekam er ein Quietschen zu hören, sowie das Scharren flüchtender Rattenpfoten, die über den verbrannten Holzboden kratzten.
Grimmig warf  er dem Tier noch einen finsteren Blick hinterher, ehe ihm die Sinnlosigkeit seiner Wut wieder bewusst wurde. Die Ratten, der Müll durch den sie sich wühlen mussten und das ganze Elend in dem er mit seinem Bruder gelebt hatte, waren nur Symptome gewesen. Die Ursache des ganzen Übels aber war eine ganz andere – jemand ganz anderes. Er atmete einmal tief durch und verscheuchte die Gedanken aus seinem Kopf, bevor er wutentbrannt zur Axt greifen würde um noch mehr Zerstörung in dem schwarz gebrannten Kadaver der Söldnerhalle zu verursachen.

Er lenkte seinen Blick auf das einzige was den Brand überlebt hatte. Den verdammten Brunnen. Er musste kurz aufschmunzeln bei der Ironie, die das ganze ergab. Der Brunnen -  auch liebevoll ,,hässlicher Pferdetrog" oder ,,der alberne Bottich da" genannt - war für die Söldner der Klinge schon immer ein guter Grund zum lästern über miserable Inneneinrichtung gewesen. Wette Mordekhaine hatte da seine Finger im Spiel, schoss es dem Hünen durch den Kopf und er stellte zufrieden fest, dass dessen Zimmer den Brand nicht überlebt hatte. Ein Glück das er seine Augen kein weiteres Mal mit dem grellen Anblick dieser rosaroten Tapeten geißeln musste. Zumindest etwas wofür er Renahim hätte dankbar sein können.
Es stand völlig außer Zweifel dass die Renahims hinter den Brandstiftern standen, die Botschaft mit den abgeschnittenen Körperteilen eines Ogers waren doch recht eindeutig. Ein schadenfrohes Grinsen machte sich auf seinen Zügen breit als er an ihre gemeinsame Aktion dachte, in der sie einen magisch geschrumpften Oger in Renahims Warenhaus geschmuggelt hatten. Es verlief ganz nach Vicos Vorstellung, doch bezweifelte er das es ihm möglich war das ganze ein zweites Mal auf diese Art und Weise durchzuziehen. Sicher, er hatte schon Vorschläge für Rachepläne gehört, doch die waren einfach nicht das was er wollte. Er war kein Brandstifter, kein Dieb, kein Meuchelmörder, sondern ein Krieger. Geboren für den Kampf. Der Oger in der Kiste lieferte Vico und seinen Söldnern den gewünschten Kampf, er hatte lediglich das Schlachtfeld geschickt gewählt. Vielleicht sollte er seinen Streit mit Renahim einfach hinter sich lassen, bevor er sich noch gemeuchelt im Bett wieder finden würde.

Mit schweren Schritten wanderte der Hüne weiter durch die Ruinen der Halle bis er sich in den steinernen Türrahmen der Küche wieder fand. Das meiste das hier stand hat das Feuer halbwegs gut überstanden, da es aus Stein und Eisen bestand. Vielleicht ließ sich hier noch etwas von Wert finden, dachte Vico und trat ein. Lylls Domäne, dachte er mit einem amüsierten Lächeln auf den Lippen. Die kleine Elfe hatte hier zumindest schon einige Leckerreien zubereitet und den Gaumen des Hünen mit kulinarischen Wohltaten erfreut, die nicht nur aus Bohnensuppe und Haslbrötchen bestanden. Sie war ganz schön niedergeschlagen als ihnen die Bude abgefackelt ist, nicht zuletzt auch wegen des Streits um diesen Bastard von einem Drow den sie hatten. Er schüttelte den Kopf... was treibst du nur kleine Maus. Mit einem sorgenvollen Seufzer warf er einen Blick in einen Kessel, in dessen Eisen sich die Reste des letzten Eintopfes eingebrannt hatten. Die kleine Elfe war ihm im Laufe der Zeit als eine gute Freundin ans Herz gewachsen und umgekehrt war es genauso. Laut Orihime hatte sie sich sogar mehr als nur das gewünscht. Mit einem dumpfen ,,Klonk" ließ er den Kessel wieder zu Boden fallen und klopfte sich etwas Ruß und Dreck von den Händen. Warum zum Geier war er immer nur so blind, sobald es um Gefühle ging?
Was die Schneiderin anbelangte war er sich auch nicht mehr so sicher. Zunächst dachte er sie wäre auf dem Herd von Bildung und Erziehung völlig ausgetrocknet, doch wie es sich herausstellte war sie eigentlich ein ganz niedliches Ding. Mit ihrer vollschlanken Gutmütigkeit wirkte sie eher wie eine Krankenschwester in den Diensten jener Ärzte, deren Patienten ein wenig verwirrt sind und sich zum Beispiel für eine Tagesdecke hielten. Zumindest solange nicht dieses Schattending in ihr erwachte und sie dazu brachte mit Skalpellen nach ihm zu schmeißen.
Ein weiteres Mal ließ er seinen Blick über ein paar Küchenutensilien streifen, bevor er seinen Rundgang fortsetzte. Hoffentlich macht sie nicht den selben Fehler wie Lyll...