Wenn er nicht gerade im Tempel steckte oder in Amerans Bruchbude bei der Renovierung half, setzte Gerald sich mit seiner Laute unter den Baum auf dem Marktplatz. Zum einen, weil er hoffte Linnéa während ihrem Wachdienst vielleicht zum kleinen Plausch zu erwischen, zum anderen weil das beste Mittel gegen eventuelles Lampenfieber bei echten Auftritten öffentliches üben ist.
So lässt er die Finger über die Saiten seiner Laute gleiten, spielt mal ein paar zusammenhanglose Akkorde, die zunehmend schwieriger werden, mal ein ganzes Lied. Und falls sich einige freiwillige Hörer finden, gibt er auch mal spontan eine kleine Vorstellung oder nimmt Musikwünsche entgegen.
So sitzt er auch heute dort im Schatten, neben sich ein frischer Humpen kühles Bier im Gras, und spielt ein wenig vor sich hin. Dazu singt er leise begleitend:
"Was kann ich denn dafür? So kurz vor meiner Tür,
da fingen sie mich ein, heut endet meine Pein.
Ich hatte niemals Glück, mein trostloses Geschick,
nahm keinen von euch ein. Heut soll gestorben sein.
Wenn der Nebel übers Moor sich senkt
und Piet am Galgen hängt."
Vielleicht würde sich ja wieder ein wenig Publikum finden oder einfach nur der ein oder andere vorbeilaufen und einen Heller dalassen.
Yasmina hatte scheinbar ein Ohr für die Klänge und folgte ihnen einfach mal, lauschte dann und lächelte einen Moment. Dann hörte man auch aus ihrer Richtung in glockenhellem Sopran:
"Sie nahmen mir die Schuh und auch den Rock dazu
Sie banden mir die Händ, und mein Haus es hat gebrennt.
Ich sah den Galgen steh'n, sie zwangen mich zu geh'n.
Sie wollten meinen Tod, keiner half mir in der Not.
Wenn der Nebel auf das Moor sich senkt,
der Piet am Galgen hängt"
Singend ging sie dann auf Gerald zu und sah auf ihn runter.
Als Phillis den Humpen verließ, gerade zu jener Zeit, flogen ihr die Klänge bekannter Stimmen entgegen und sie lächelte. Dann zückte sie ihre Flöte und ging, auf Anhieb die Melodie korrekt trällernd, zu Gerald und Yasmina, nickte ihnen mit einem Blinzeln im Auge zu und ließ sich neben den Beiden nieder.
Er lächelte überrascht, als da jemand das Lied für ihn weitersang und sich dann noch eine Flötenbegleitung einmischte. Trotzdem spielte er unbeirrt weiter und sang danach wohl die dritte Strophe mit Yasmina im Duett.
"Was kratzt da am Genick? Ich spür den rauen Strick.
Ein Mönch der betet dort, er spricht ein frommes Wort.
Ein Wort das ich nicht kenn, wer lehrte es mich denn?
Fünf Raben fliegen her, doch seh ich sie nicht mehr...
Wenn der Nebel auf das Moor sich senkt,
und Piet am Galgen hängt..."
Er ließ die letzten Töne mit konzentrierter Miene ausklingen. Dann grinste er den beiden zu "Na aber Hallo! Hat's endlich geklappt, mit meiner Musik die hübschen Frauen anzulocken."
Yasmi lachte fröhlich und ließ sich dann zu den beiden ins Gras plumpsen, wobei wohl wieder die nackten Füße zum Vorschein kamen.
"Na, wenn jemand singt und ich das Lied kenne, dann kann ich einfach nicht wiederstehen."
Phillis schmunzelte zu Yasmina und Gerald herüber.
"Na, hoffentlich hast du keine Bedenken wir würden dir deinen wohlverdienten Lohn hier streitig machen oder noch hünschere Frauen davon abhalten dir ihre Blicke zu schenken!" meint sie zu Gerald und zwinkert.
"Aber schön euch zu treffen, ihr Zwei! ... und unter so angenehmen Umständen auch noch!".
Und Phillis setzte wieder die Flöte an ihre Lippen und ließ die Tonleiter übergangslos und schnell rauf und runter erklingen.
"Ich setz ja auf den Herdentrieb.", antwortet er verschmitzt grinsend. "Wenn die Frauen erstmal sehen, das hier schon zwei hübsche Damen um mich herum sitzen, dann denken sie sich "Hm... an dem muss irgendwas dran sein, mal schauen was." Oder man könnt auch sagen das Pfau-Prinzip, erstmal schmücken und interessant machen."
Und während er das so erklärt, blickt er dann wieder auf seine Laute runter und lässt die Finger beiläufig zu einer einfachen Melodie über die Saiten gleiten.
Chira kam auch irgendwann vorbei, in kurzer Hose, BäckereiMantel und weißem, hohen Bäckereishut. Sie war wohl gerade dabei auszuliefern, so ließ das auch der Korb in ihrer Hand deuten. Bei den Melodien und dem Singsang hielt sie inne, ging mit gespielt mitleidigem Blick zu Gerry und legte ihm 3 Brötchen hin.
"Hier iss.. iss du armer Bettler.. falle nicht vom Fleisch."