[Weltenbummler] Aus den Augen einer Katze

Started by Cherakleia, 14. Juli 2008, 22:10:07

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Cherakleia

Aus den Augen einer Katze


14ter Tag des Himmelsfeuers im vierten Regierungsjahr der Fürstin / 1019 BF

Dort im Unterholz, da muss es sein. Ich hab es doch gesehen! Die flinken Bewegungen, der Schatten, der gerade hinter dem Baum verschwand... Ich habe es gehört, das leise Rascheln des Laubes... Nur noch über diesen Stein, und hier dem dicken Ast ausweichen, der schon so morsch ist, dass er sicher schon seid vielen Monden hier liegt und fault... ich rieche das modrige Aroma der Pilze, die auf dem feuchten Holz wachsen. Aber ich rieche auch noch etwas anderes... Ja, Beute. Gleich da hinten muss es sich versteckt haben... nein, diesmal wirst du mir nicht entwischen, ich will nur noch ein wenig mit dir spielen und dann...
"Weltenbummler, komm!"
Es sind nicht meine Ohren, die ihre Stimme vernehmen, es ist meine Seele, die den Ruf der Seelenschwester hört und ihm folgt.
Die Maus wird unwichtig, soll sie leben. Wichtiger ist es, der Spur des unsichtbaren Bandes zu folgen, das mich und den Rotschopf eint. Denn das sind wir: eins. Sie spürt mich, so wie ich sie spüre. Sie lauscht meinen Gedanken, ich den ihren. Ja, ich weiß natürlich, dass der Tausch für mich gewichtiger war als für sie, aber ich weiß auch, dass sie gerne genauso viel von sich gegeben hätte, wenn sie könnte... Aber es ist, wie es ist, und ich nenne sie ohne Zögern meine Herrin. Sollte sie sterben, so werde ich ihr in den Tod folgen, denn zu viel meines Katzenwesens ist mit ihrer Seele vereint. Sollte ich sterben... nun, sie wird trauern und leiden, wünschen dass sie mit mir gehen könnte... aber sie wird sich wieder fangen und irgendwann ein neues Band knüpfen, einen anderen Vertrauten finden. Aber noch ist es ja nicht so weit, warum also daran denken?

So ist es, seit ich sie damals in dem kleinen Wäldchen unserer Heimat entdeckte und sie erwählte.
So viel ist anders geworden, seit ich als junger Kater durch die Wälder stromerte... wie viel haben wir gemeinsam erlebt und gesehen? Ich erinnere mich nicht an alles. Ich lebe von Augenblick zu Augenblick... und es ist auch schwer das alles zu verstehen, was die Menschen da machen und reden. Ich höre ihre Worte, doch sie klingen für mich wie ein Wasserfall an Tönen. Den Sinn begreife ich nur durch die Gedanken meiner Seelenschwester. Und das meiste was ich dort lese gefällt mir nicht. Warum kann sie nicht einfach weg gehen? Warum suchen wir uns nicht gemeinsam ein hübsches Plätzchen und lassen die Menschen Menschen sein? Sie hat doch mich.
Ich weiß, dass das Unsinn ist. Sie braucht die ihren, genau wie ich die Jagd brauche. Aber es ist still geworden, trotz der vielen Zweibeiner. Die Rufe der andern Schwestern, die einst in unseren Köpfen ertönten bleiben aus, seit wir durch dieses helle Licht fielen, auf diesem Turm landeten.... So wie Shenaras Stimme schon vor langer Zeit verstummte.
Shenara... ich erinnere mich gut an sie. Ich war nicht eifersüchtig auf sie, auch wenn meine Seelenschwester so viel mit ihr teilte. Shenara wusste, welches Band uns einte, denn es war das gleiche, welches sie mit Liama eingegangen war, einer Wildkatze, die gerne ihre Krallen nach mir streckte, aber die ich dennoch als Freundin sah. Shenara machte meine Seelenschwester glücklich, und somit auch mich.
Ich trauerte auch um Liama, an dem Tag, als die Rufe der fernen Schwestern zu uns drangen. Schnell waren wir aufgebrochen, Stunde um Stunde ließ uns der eisige Wind frösteln, als wir durch die Lüfte flogen, der Heimat entgegen. Ich spürte die Taubheit in ihren Fingern, die sich fest um den Besenstiel klammerten, und sah die wie Kristalle funkelnden Wassertropfen in ihrem Haar... Ich erinnere mich, wie wir in einem Wäldchen vor der Stadt landeten, und rannten und rannten, durch die engen Gassen zum Marktplatz. Es war Kathya, die Ziehmutter meiner Herrin, die sie am Arm packte und zurückhielt, als durch das Johlen der Menge Shenaras Schrei – der letzte Ton, der über ihre Lippen kommen sollte – an unsere Ohren drang... nein, in unsere Seele. Wir sahen das letzte Aufbäumen Liamas, wie sie ihre Krallen und Zähne in einen der Pfaffen schlug... Dann blieb nur der Geruch von Feuer und verbanntem Haar, verbranntem Fleisch... Ein Teil von uns starb an diesem Tag mit ihnen und nichts sollte so bleiben, wie es war.

Ah, ich kann ihre Witterung schon aufnehmen, ihren Duft - sie ist nicht mehr weit... Ich muss vorsichtig meinen Geist nach ihr tasten lassen, wie geht es ihr heute? Sind Wut und Enttäuschung ein wenig verebbt? Sie war so zornig und traurig, als sie zuletzt durch meine Augen sah, durch meine Ohren lauschte... Warum sind ihr die hohlen Worte eines Menschen so wichtig?
"Da bist du ja."
Warum rufst du mich, Schwester? Ich bin hungrig. Es fehlte nur so wenig und ich hätte die fette Maus gefangen.
Es sind keine Worte, so wie Menschen sie formen, die von meinem Geist an ihren dringen – sie versteht mich dennoch. Sie greift in ihre Tasche, sicher um ein Stück Fleisch für mich heraus zu holen.
Tut mir leid, Bummler, es gibt viel zu tun... Ihre Lippen bleiben geschlossen, auch sie redet im Geist zu mir... Ich weiß, du hörst das nicht gerne, aber wir müssen in die Stadt. Und alleine will ich gerade nicht dorthin. Du begleitest mich doch, oder?
Sicher werde ich das, wieso fragt sie? Ich greife mit den Pfoten nach dem Stück Fleisch, das sie mir anbietet.
Gehen wir zu ihm, Schwester?
Ich spüre ein Auflodern in ihr. Sie war zornig auf mich – mit gutem Recht. Ich habe sie enttäuscht. Ich habe meinen Geist vor ihr verschlossen, weil ich nicht wollte, dass sie durch das Portal geht. Ich mag ihn – oder mochte ihn? Vielleicht hab ich einen Fehler gemacht, aber ich kann nicht zulassen, dass sie den Praiospfaffen in die Arme läuft.
Nein, Bruder. Genug der Zugeständnisse und Halbwahrheiten für's erste, auf diesem Nährboden wächst kein Vertrauen - ebenso wenig wie Erdbeeren auf blankem Felsen. Worte sind nicht im Moment nicht dienlich, sie zerstören mehr, als dass sie erschaffen. Es braucht ehrliche Taten um Versprechen einzulösen. Und das liegt nicht unserer Hand. Ich habe meine Göttin schon genug enttäuscht. Diese Gedanken schmerzen sie, das spüre ich – auch wie sie versucht sie zu verscheuchen, keine Schwäche mehr zuzulassen... das fällt ihr schwer, das spüre ich Nein, wir gehen herausfinden, ob es der Gabe bedarf eine Schwester zu sein... und was sich hinter fremden Götternamen verbirgt.
Sie muss es nicht aussprechen, ich weiß was sie meint.
Wir trauen der einzigen, die sich als wirkliche Schwester offenbarte nicht. Ich glaube sie hat eine Schlange, zumindest würde das zu ihr passen... ich konnte nichts anderes an ihr wittern, aber das kann an dem billigen Tand liegen, mit dem sie versucht den Geruch des Waldes und ihrer Selbst zu verdecken. Aber vielleicht ist das ja auch besser so, wenn sie selbst so stinkt wie ihre Gedanken.
Ich gebe meinen geistigen Äußerungen mit einem leisen meckernden Miauen Ausdruck und tatsächlich muss auch meine Seelenschwester kurz schmunzeln.
Na, na, Weltenbummler. So spricht man nicht über eine Schwester. Und ich glaube auch nicht, dass sie stinkt. Eigentlich ist sie doch sogar recht attraktiv, meinst du nicht? Hm, sie könnte uns eine Hilfe sein, aber du hast Recht: trauen tun wir ihr nicht.
Ich fauche, um das noch einmal zu bekräftigen.
Auch die andere, die ziemlich sicher eine ist, scheint den billigen Tand mehr zu schätzen, als die Gaben der Göttin. Zudem wird die mit den spitzen Ohren dann nicht bei uns sein. Und dann ist da noch die unscheinbare, die viel zu viel mit du weißt schon wem zu tun hat.
Ich sehe die leise Enttäuschung auf ihren Zügen.
Ja, ich weiß, darüber habe ich auch schon viel nachgedacht. Doch eines nach dem anderen. Ich habe mir so viel Zeit für meine Pläne gelassen, da schaden ein paar Zehntage, oder vielleicht gar Monde auch nicht. Die Dinge werden sich schon fügen, zudem gilt es einen Platz für uns zu finden. Es gibt viel zu tun, und vielleicht wird einiges klarer, meinst du nicht?
Vermutlich hat sie Recht, auch wenn sich meine ungestüme Katzennatur nicht in Geduld üben will, genauso wenig, wie die ihre – denn sie ist nicht umsonst meine Seelenschwester, ein wenig Katze steckt auch in ihr, und das war schon so, bevor ich sie erwählte und ein Teil meiner Seele zu ihrer wurde...
Margali Faeryllian - Kräuterhexchen|Magische Truhe
"Der Wald hat mich vieles gelehrt - vom Leben, der Liebe und dem Tod. Von Gnade weiß er nichts."


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Cherakleia

#1
Aus den Augen einer Katze II - Stadtluft


30ter Tag des Himmelsfeuers im vierten Regierungsjahr der Fürstin / 1019 BF

Im Moment sind wir viel innerhalb der Mauern der Stadt. Ich spüre, wie es meine Seelenschwester hin und wieder nach draußen in den Wald drängt, aber dennoch scheint sie im Allgemeinen recht zufrieden – abgesehen von den üblichen Widrigkeiten. Einzig die Alpträume machen uns zu schaffen, denn auch ich sehe die Bilder, die sie des Nachts in ihrem Kopf hat... oder entstehen sie in meinem eigenen?
Aber sie tut dagegen schon was sie kann. Wir schlafen häufig bei der großen, weißhaarigen Zweibeinerin, dort fühlen wir uns wohl und wir sind nicht alleine. Bisher blieben die Alpträume aus, wenn wir in ihrem Bett lagen – das alleine sein ist nicht gut für sie... für uns.
Aber sie hat ein Ziel vor Augen, das uns ablenkt und aufmuntert - und ich kann deutlich sehen, wie alles bereits in ihren Gedanken entsteht.
Noch etwas ändert sich. Sie sucht die Schwestern, von denen sie fest glaubt, dass sie auch hier existieren müssen. Immer häufiger spricht sie lange mit irgendwelchen Frauen, welche die Gabe besitzen. Ich weiß was sie vorhat, und ich bekräftige sie darin. Auf jene, in die wir bisher unsere Hoffnungen setzten, können wir uns nicht verlassen, auch wenn sie uns am Herzen liegen.
Bummler! Lass dieses stinkende Ding liegen, und komm mit.
Oh nein, und ich hatte gerade diesen duftenden alten Fischkopf gefunden – was übrigens ein immenser Vorteil am Hafen ist, wie ich feststellen konnte. Das Essen wird einem hier sozusagen vor die Nase gelegt. Vielleicht kann ich ihn ja mitnehmen...
Ihgitt, das ist ja eklig, wo hast du das schon wieder gefunden?
Sie rümpft die Nase – ich verstehe nicht was sie hat, mir scheint das ein wahrer Leckerbissen.
Schwester, das ist sozusagen ein Festessen. Und sei froh, so sparst du an meinem Futter. Wir brauchen das Geld.
Sie nickt und läuft weiter.
Wohin gehen wir eigentlich? Wieder zu einer Schwester?
Sie schüttelt den Kopf.
Wir müssen für den Auftrag arbeiten, den uns dieser seltsame Mann gab. Und nachher noch unsern Freund besuchen, ob er was herausgefunden hat. Vielleicht treffen wir ja auch Hilda. Sie könnte was wissen.
Ich laufe eine Weile nachdenklich hinter ihr her, bevor ich ihr wieder meine Gedanken schicke.
Und was machen wir, wenn sich unser Verdacht als begründet herausstellt? Du kannst das kaum an die Öffentlichkeit bringen, oder?
Ich merke, dass sie darüber bereits selbst viel gegrübelt hat.
Nein, das können wir nicht. Das will ich auch gar nicht. Aber es wird Zeit, dass wir was unternehmen und uns nicht mehr rumschubsen lassen, meinst du nicht? Ich hab es satt immerzu der dumme Waldheini zu sein, den man schön aus allem raushalten kann. Vor allem, seit ich beginne für etwas Ärger zu bekommen, mit dem ich gar nichts zu tun hab. Schluss mit dem ewigen "Mit Margali kann man's ja machen".
Ich verstehe ihren Zorn.
Aber das kann gefährlich sein, das weißt du.
Gebe ich zu bedenken. Sie zuckt nur mit den Schultern.
Wir sind nicht wehrlos. Letztendlich wollen wir ihnen ja auch gar nichts. Sollten sie dennoch versuchen uns etwas anzutun... Wer mit dem Feuer spielt, muss damit rechnen sich zu verbrennen. Außerdem weiß Miranda Bescheid.
Meine Laune verfinstert sich ein wenig. Offensichtlich ist es meiner Seelenschwester sehr ernst mit der Sache.
Und was willst du gegen seine große Klappe machen?
Ich höre ihr leises Murren, und ich glaube auch ihre Schritte werden schneller, zorniger, Zielstrebiger.
Erinnere mich nicht daran. Es gibt im Moment wichtigeres, auch wenn er sicher nicht begeistert wäre, wenn ich laut über seine Privatsachen plappern würde. Genug davon und Thema Wechsel, bevor ich wieder anfange mich aufzuregen: Ich muss noch mal in den Kerker, die Schwester besuchen, über die alle in der Stadt reden, und von deren Schuld jeder überzeugt ist.
Ich laufe durch die Gasse, immer noch den Fischkopf zwischen den Zähnen, und denke einen Moment über diese seltsame Frau nach.
Können wir ihr denn trauen? Hat sie das gemacht, was sie sagen?
Ein Seufzen.
Ich weiß es nicht, Bummler, ich weiß es nicht.
Und so schlendere ich weiter neben ihr her und warte ab, was dieser Tag bringen mag. Eines steht fest: seit wir hier in der Stadt sind, haben wir stets viel zu tun, und ich kann nicht behaupten, dass es nicht aufregend wäre – wenn auch gefährlich... sehr gefährlich. Vermutlich wäre eine Horde wütender Orks eine harmlosere Herausforderung... Aber andererseits: die schleppen zumeist keine leckeren Fischköpfe mit sich herum.
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Cherakleia

#2
Aus den Augen einer Katze III – Die Wasserkatze


21ter Tag des Wintersruh  im vierten Regierungsjahr der Fürstin / 1019 BF


"Bummler! Essenszeit!"
DAS sind doch wirklich Worte, die wie Musik in meinen Ohren klingen. Es gibt schon wirklich viel zu essen in der Stadt. Es liegt quasi an jeder Straßenecke, vor allem wenn man am Fischmarkt wohnt. Hier sieht das anders aus... denn wir sind derzeit nicht in der Stadt.
Trockenfleisch... schon wieder... Wie lange müssen wir denn noch mit dem Erd-Wurzel-Felsklotz hier verharren?
Es ist kalt, es ist ungemütlich, und ich will wieder an meinen warmen Kamin! Außerdem muss ich in meinem Revier nach dem rechten sehen.
Margali seufzt, als sie das Trockenfleisch vor meine Nase hält.
Bummler, ich weiß doch, ich will auch wieder nachhause. Aber wir müssen klein Nathan nun mal loswerden. Wenn ich jetzt in die Stadt gehe... was, wenn er folgt? Dann bekommen wir richtig Ärger, und es wird heißen ,,Hab ich doch gesagt! Typisch Magiewirker!". Und auf Parats Vorschlag eingehen und einen Akademiker um Hilfe bitten? Ich bitte dich...
Gut, an diesen Worten ist etwas Wahres. Außerdem haben wir ja bereits von diversen Akademikern Ratschläge bekommen. Und haben sie geholfen? Nein. Dieses Ding spielt immer noch braves Hündchen... wäre es nur eins, dann könnte ich ihm wenigstens die Augen auskratzen...
Bummler? Du solltest solche Gedanken leiser denken, das hab ich gehört. Lass ihn in Ruhe, er hat uns geholfen. Es gibt nichts, worauf du eifersüchtig sein müsstest.
Ja, sie hat ja Recht... aber soll ich dieses Ding deswegen jetzt wirklich mögen? Eigentlich reizt er mich eher dazu, ein dringendes Bedürfnis loszuwerden, und es anschließend auf ihm zu verscharren.
Jaja, schon gut, er war ja auch wirklich nützlich... vielleicht gewöhne ich mich ja an ihn.
Meine Seelenfreundin atmet durch, und strafft die Schultern.
Hoffentlich musst du das nicht. Hoffentlich findet sich ein Weg...



26ter Tag des Wintersruh  im vierten Regierungsjahr der Fürstin / 1019 BF


Margali hat mit der lustigen Frau aus dem Wald darüber gesprochen... über den Felsklotz, der inzwischen verschwunden ist – irgendwo in den Bergen, als wir die Sonnenwende feierten. Die Frau meint – ebenso wie Miranda – dass meine Gefährtin ihn selbst beschworen hat...
Diese Welt ist eigenartig, die Magie, die der Erde innewohnt eine andere als in unserer Heimat. Sumus Leib selbst hört auf die Rufe, die sich mit dem Gewebe verknüpfen.
Ich beobachte Margali dabei, wie sie versucht bewusst diesen Ruf auszusenden. Die meiste Zeit entstehen kleine, züngelnde und zischende Flammen, die auf ein Wort des Befehls zu warten scheinen. Aber ich sah auch schon, wie sich Wassertropfen sammelten, zu einer kleinen Pfütze, die sich gegen die Gesetze der Natur aufbäumte und menschliche Formen imitierte. Und eben erst, da wirbelte die Luft durcheinander, und formte das Abbild einer kleinen Maus. Das könnte sich durchaus zu einer Fähigkeit entwickeln, die mir Freude bereitet.
Ich weiß, sie will noch mal ein solches Wesen rufen, um zu lernen, wie sie es wieder fort schickt... doch die kleinen Versuche enden im Nichts... der Ruf ist zu schwach, als dass die kleinen Diener Sumus bleiben würden.

...später an diesem Tag

Wir sind in den Wald gegangen, wie so oft in letzter Zeit. Es gibt tatsächlich Leute, die sich oft im Wald aufhalten, aber den Geistern noch nicht begegnet sind, wie es scheint... Ja, sogar die Natur des Waldes, seine Seele scheint einigen fremd zu sein. Eine Frau der kleinen Menschen hat uns heute am Schrein besucht. Die Waldfee, mit den spitzen Ohren, nannte sie mutig, weil sie die Seelen des Waldes mit scharfen Worten verhöhnte. Ich frage mich, warum die Geister nicht aufgetaucht sind... wenn ich genau darüber nachdenke, haben sie sich nicht mehr gezeigt, seit das Licht in Miranda, Waldfee, die Frau mit der schwarzen Haut und Margali wanderte.
Doch vielleicht stimmt es, vielleicht haben sie ein Geschenk hinterlassen, und sind weiter gezogen, in ihre Welt. Zumindest scheint meine Gefährtin an das Geschenk zu glauben, das sagte sie heute zu Miranda, als wir die Orks auf der Rua Ordar trafen. Ich spürte wie es sie anstrengte, sich auf Sumus Leib zu konzentrieren, sah, wie sich die zarten Schweißperlen vor Konzentration auf ihrer Stirn sammelten...  doch dann geschah das, was sie schon den ganzen Tag vergeblich versucht hatte: wie von einem unsichtbaren Magneten angezogen, kämpften sich Wassertropfen durch die Erde, bildeten kleine Rinnsale, die sich, als sie zu einer kleine Pfütze zusammenflossen, schließlich entgegen alle Gesetze der Natur aufbäumten, eine Gestalt formten... Aus einer Wasserkugel bildeten sich vier Beine, schließlich ein Kopf, Pranken, Ohren, ja sogar Krallen und Zähne. Wie eine der großen Raubkatzen sah es aus, allein dass ihr Körper rein aus Wasser zu bestehen schien. Ich wünschte sie wäre bei den Mäusen geblieben... dennoch war es faszinierend zuzuschauen, wie dieser große, wässrige Artgenosse, mit seinen Pranken ausholte, und meine Seelenschwester verteidigte... Ich kann so etwas nicht... Werde so etwas nie können... Bin ich nutzlos geworden?



27ter Tag des Wintersruh  im vierten Regierungsjahr der Fürstin / 1019 BF


Wir kehrten in die Stadt zurück. Die große Wasserkatze ist wieder weg, sie hat sie fortgeschickt. Ich denke sie weiß nun wie es geht. Ich habe mich in meine Ecke neben dem Kamin verdrückt, und ich habe beschlossen hier zu bleiben... wäre da nicht der Duft des Fisches, der vor ihr auf einem Teller liegt. Sie hat ihn für mich gekauft, das weiß ich...
"Komm schon, Bummler... willst du wirklich den ganzen Tag da hinten in der Ecke liegen? Was ist denn nur los?"
Wie soll ich denn stur bleiben, wenn sie mich so anschaut? Das ist unfair...
"Willst du irgendwas anderes? Fleisch? Du bist hoffentlich nicht krank? Du verschließt dich... Warum?"
Wie? Sie weiß nicht warum? Typisch Zweibeiner... die wissen ja nie was los ist.
Vielleicht hat die Wasserkatze Hunger. Versuch es bei der.
Wieso hab ich das jetzt gesagt? Ich wollte das nicht sagen. Wie sie jetzt die Stirn runzelt und nachdenkt... Sicher wird sie gleich lachen...
"Du bist eifersüchtig? Auf die Wasserkatze? Bummler, das ist doch Blödsinn!" ...wie sie den Kopf schüttelt... und ich glaube sie sieht besorgt aus, "Er hat uns geholfen. Du solltest ihm dankbar sein. Und nun ist er wieder weg. Ich weiß nicht genau was das ist, das wir da gerufen haben... aber es ist ein Freund, Satuaria schickt ihn."
Was _wir_ gerufen haben? Du hast ihn gerufen. Ich hab damit nichts zu tun.
"Was ist das für ein Unsinn? Wir gehören zusammen, das weißt du doch. Ohne dich würde ich so etwas auch nicht schaffen...."
Doch natürlich, würdest du.
Sie fuchtelt ungeduldig mit den Händen.
"Genug jetzt. Er ist nicht hier. Er wird auch nie hier sein. Er kommt, wenn er uns helfen kann. Und... ich weiß nicht mal, ob es das nächste mal der gleiche sein wird, ob es überhaupt noch einmal gelingt. Eines steht zumindest fest: er wird niemals mit in die Stadt kommen, und er wird auch niemals lange bleiben. Und ganz sicher ist mir ein Berg aus Wasser oder Felsen nicht wichtiger als du."
Und was ist mit Luftmäusen und Feuerzungen?
"Bummler!" sie klingt fast wütend... gehe ich zu weit? Doch sie beruhigt sich schnell wieder und seufzt tief, "Also... welchen Beweiß brauchst du?"
Denk nach, alter Kater, denk nach! Eine Maus? Einen Fisch? Nein, der liegt ja da... Ein fettes Stück Rindfleisch? Nein, nein, das bekomm ich ja auch, da muss ich nur fragen... Verdammt, gar nicht so einfach. Hier in der Stadt gibt es ja alles, was Katze braucht... Ah! Ich weiß es!
Du sieht immer durch meine Augen, und hörst durch meine Ohren... ich will ein einziges mal durch deine Augen sehen und deine Ohren hören.
Sie stutzt und blinzelt dann.
"Aber... wie soll ich das anstellen? Wie soll das gehen?"
Weiß ich nicht. Aber du wirst dir schon was überlegen. Du kannst ja auch Wasserkatzen rufen.
Dieser laut gedachte Gedanke erntet einen beleidigten und zornigen Blick. Aber ich denke sie wird dran arbeiten. Man kann es ja wenigstens versuchen... lange böse sein kann ich ihr sowieso nicht....


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Cherakleia

#3
19ter Tag des Winterstolz im fünften Regierungsjahr der Fürstin – 1019 BF


Sag mal, was ist denn aus den Riesenadlereiern geworden?
Margali schmunzelte, und schenkt mir einen Seitenblick.
Warum willst du das denn wissen?
Verdammt, sie kennt mich einfach zu gut... ich versuche es mit einem unschuldigen Köpfeln.
Ich bin nur neugierig.
Ach, Bummler, ich weiß doch, dass du sie gerne zum Frühstück gehabt hättest.
Sie lacht Glockenhell und krault mir den Rücken.
Die Eier sind wieder dort, wo sie hingehören. Wenn Parat wüsste, dass sie ganz schön wertvoll sind, dann würde er sich sicher ärgern. Allerdings hätte ihn der Stammeskrieger ungespitzt in den Boden gerammt, also gut, dass er sie loswerden wollte. Und stell dir mal vor Aura hätte die am Ende noch in die Finger bekommen....
Ich neige den Kopf zur Seite.
Wieso? War wäre denn dann?
Miranda erzählte, dass man sie domestizieren kann, so dass sie einem dienen. Und die Dukelbrunner auf Riesenadlern? Neeee, reicht schon, dass sie die Dunkelbälger haben, hm?
Ja, das klingt einleuchtend.
Na gut. Aber warum sollte Parat ihr die geben?
Weil er... weil... Sie fuchtelte etwas hilflos mit den Händen herum Er neigt dazu nicht mehr zu denken, wenn er Gold wittert, und ihm eine Frau dazu schöne Augen macht.
Ja.. stimmt... das war ja schon ein paar mal deutlich zu beobachten. Aber es wird besser, oder?
Sie hebt die Schultern und schiebt nachdenklich die Unterlippe ein Stück vor, bevor sich ein Funkeln in ihre Augen schleicht und sich ein Grinsen auf ihre Lippen legt.
Naja, mit mir redet er ja nicht. Er tut ja immer, als könne er mich nicht leiden. Aber als du weg warst damals... eigentlich war er ganz nett zu mir. Ich mag ihn.
Er hat dir Kuchen gegeben.
Hey, das klingt so nüchtern und trocken. Es geht ja nicht nur um den Kuchen. Immerhin behandelt er mich nicht, als wär ich dumm. Aurelian macht das aber.
Naja... er... kennt das halt nicht... Du weißt ja auch nicht, wie das in seiner Heimat ist.
Sie steht plötzlich auf, und wirft sich ihren Umhang über.
Was machen wir?
Wir gehen in den Wald.
..Um was zu tun?
Um Miranda zu helfen. Ob sie will oder nicht. Verdammte, sture Priesterin.
Sie meint es nicht so. Sie macht sich Sorgen, das weiß ich.
Margali Faeryllian - Kräuterhexchen|Magische Truhe
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Cherakleia

#4
Aus den Augen einer Katze IV – Dreh das Rad nochmal


5ter Tag der Himmelsfreuden  im fünften Regierungsjahr der Fürstin


Die Seelenschwester ist wie ausgewechselt. Ich beobachte sie in den letzten Tagen, und sie hat sich verändert. Ihr Verhalten erinnert mich an das, welches sie eine Weile nach Shenaras Tod an den Tag legte, wenngleich eine deutlichere Kälte von ihr ausgeht.
Ich begleite sie auf Schritt und Tritt... bis auf die Feierlichkeiten im Palast heute, ich denke da wäre eine Katze nicht gerne gesehen gewesen. Viel interessanter ist allerdings, wie sie derzeit ihre freien Abende verbringt. Am Tag zuvor waren wir in einer Villa eines reichen Mannes im Fürstenviertel...

...Ein Diener empfing uns, und führte uns in einen Keller, aus dem mir schon leichter, benebelnder Rauch entgegen schlug. Katzennasen sind sehr empfänglich für so etwas, aber in diesem Falle hätte wohl die Nase eines Menschen ausgereicht, um die berauschenden Substanzen in der Luft auszumachen. Zumindest Margali dürfte das mit ihrem Alchemistennäschen nicht entgangen sein.
Und umso weiter wir in den Keller kamen, umso dichter wurde der Rauch. Das weiß gekalkte, und mit aufwendigen Malereien überzogene, niedrige Tonnengewölbe, ließ den Raum durch seine Helligkeit größer erscheinen, als er es wirklich war. Ab etwa Brusthöhe zogen sich bunt gemusterte Marmor-Kacheln bis zum Boden, dessen Mosaike hier und da mit Fellen überdeckt waren. Bänke, Liegen und gemauerte Sitzgelegenheiten, dick mit Kissen gepolstert, bildeten kleine Inseln der Erholung vor niedrigen Tischen, auf denen Getränke, Tabakwaren und Wasserpfeifen ihren Platz fanden.
Offenbar hatten sich eine Menge Bürger hier eingefunden, die zur Oberschicht Fürstenborns gehörten, und murmelten hier und da leise miteinander, andere wiederum, schienen damit beschäftigt sich Rahjagefällige Worte zuzuwispern.
Ein paar Herren, und sogar ein paar Damen hoben neugierig die Köpfe, als meine Seelenschwester den Raum betrat, und ein Mann, der es sich auf einem Diwan bequem gemacht hatte, und der sich später als der Herr des Hauses herausstellen sollte, winkte uns zu sich. Margali folgte seiner Aufforderung, und ließ sich neben ihm nieder, dankend den Kopf neigend...


Es folgten Stunden des Getuschels, in denen ich mich unter der Bank verkroch, auf der Margali lagerte. Und ja, auch die Gedanken einer Katze gehen bei solch süßlichem, schwerem, berauschendem Rauch auf Wanderschaft. So bekam ich nicht viel von dem mit, über das dort geredet wurde. Ich weiß nur, dass wir Stunde um Stunde dort verbrachten. Und als wir schließlich das Haus wieder verließen, und durch die dunklen Gassen der Stadt wanderten, hörte ich die leise Stimme meiner Seelenschwester in meinem Kopf...

Es ist vollbracht. Machen wir der Göttin nicht weiter Schande.

Das Rad hat sich wieder gedreht...
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6ter Tag der Himmelsfreuden  im fünften Regierungsjahr der Fürstin


Ich habe die Seelenschwester gestern beobachtet... bin ihr auf Tritt und Schritt gefolgt, nachdem sie aus dem Palast kam. Sie meint es ernst. Ich habe sie noch nie so kalt und berechnend erlebt, dabei ein immer freundliches, aufgesetztes Lächeln auf den Lippen, als könne sie kein Wässerchen trüben.
Sie hat Recht. Es ist interessant, wie gleich alle Leute in Aufruhr sind, besorgt, weil sie ja gar nicht mehr sie selbst ist. Leute, die wir zuvor kaum kannten. Dabei tut sie doch nur, was alle verlangen! Immer lächeln. Das Spiel mitspielen, ohne zu Murren. Erstaunlich auch, welche Lügen dabei zu Tage kommen.
Die Schneiderin tat mir fast ein wenig leid... sie ist in Sorge um die Seelenschwester. Ebenso Miranda, die ihre Sachen packte, und wütend aus der Stadt lief.

Und du willst Miranda wirklich nicht hinterher?
"Nein, das hat keinen Zweck."
Die Seelenschwester teilte ihre Gedanken nicht mit mir. Sie redete laut und offen.
Aber sie ist wütend, zornig, und versteht deine Entscheidung nicht...
"Eben. Sie würde es auch nicht eher verstehen, wenn ich ihr hinterher liefe." erwiderte sie trocken, "Überlassen wir es Dschadir, sie zu trösten. Ich kann im Moment keinen spenden, ich hab ja nicht mal genug für mich selbst." sie wedelte den Einwand mit einer schnellen Bewegung der Hand ab, ihre Miene blieb dabei starr wie ein Maske. Dabei arbeitete sie weiter. Sie zerschnitt gerade die Früchte der Arekpalme, scheinbar konzentriert auf die Arbeit, aber ihre Gedanken waren sichtlich woanders.
Dschadir macht sich auch Sorgen...
"Elende Gefühlsduselei!" erwiderte sie zornig, und dabei rutschte ihr das Messer aus, und sie schnitt sich in den Finger. Ein einziger Tropfen Blut löste sich, und fiel auf die bereits zerhackten Stücke der Nuss.
"SCHEISSE!" sie schob den Finger in den Mund, daran einen Moment nuckelnd, um die Blutung zu stoppen. Dann sammelte sie vorsichtig die Stückchen auf, die von dem Tropfen getroffen wurden, und überlegte einen Moment, den Blick zum Mülleimer wandern lassend. Letztendlich landeten sie ebenfalls in ihrem Mund, und sie kaute eifrig darauf rum, ein paar mehr nehmend, als nur die beschmierten.
Du kannst doch nicht von heute auf Morgen...?
"Papperlapapp, du siehst doch, dass es geht." sie hackte weiter, nebenbei nach wie vor kauend, und kam recht zügig mit der Arbeit voran, "Ich habe Miranda erklärt, warum es sein muss. Entweder sie versteht es, oder sie versteht es nicht. Aber ändern kann ich es doch nicht. Wenn sie damit ein Problem hat, ist sie bei mir an der falschen Adresse." sie lehnte sich mit geschlossenen Augen zurück, die letzten Krümel genüsslich zerkauend, den Nussbrei schließlich in den Mülleimer spuckend, und wirkte daraufhin ein wenig entspannter. Es zauberte sich sogar ein Lächeln auf ihre Lippen.
Müssen wir wieder zu dem Mann, bei dem wir letztens waren?
"Sicher." kam die ruhige Antwort.
Warum?
"Beziehungen, Bummler, Beziehungen. Das ist alles worum es geht. Außerdem schlagen wir so zwei Fliegen mit einer Klappe."
Und der Wald?
"Mirandas Revier. Es wäre derzeit unklug sie zu stören. Erst wenn sie versteht, dass ich bei meiner Göttin etwas gut zu machen habe..." ein Abwinken, "...wenn sie es überhaupt versteht... Lurue ist eben zu gutherzig."

Ich sage mir sie hat ihre Gründe. Und ja, vermutlich sieht Satuaria es lieber, wenn sie sich so verhält wie jetzt. Die Töchter der Satuaria sind stolz. Warum sollte ich sie davon abhalten, nach ihrer Natur zu handeln? Schließlich ist es das, worum es der Göttin geht...
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Cherakleia

#6
9ter Tag der Himmelsfreuden  im fünften Regierungsjahr der Fürstin


Sie hat es gesagt.... sie hat gesagt, sie will wieder so werden wie damals, nachdem Shenara starb. Das macht mir Angst. Nein, ich habe keine Angst vor ihr... ich habe Angst um sie. Sie hat ein gutes Herz... aber wer weiß, ob das auch weiterhin so bleibt. Aber ich verstehe auch das Feuer, das in ihr tobt – nicht umsonst ist sie meine Seelenschwester. Ich suchte sie ja nicht aus irgendeinem Grund aus, sondern weil wir uns ähneln.
Ich beobachte sie, wie sie sich vorm Spiegel zurecht macht. Der teure Stoff ihres Kleides schmiegt sich fließend an ihren Körper, und gerade ordnet sie ihr Haar um den goldenen Stirnreif, und betrachtet das Ergebnis prüfend.
"Was schaust du so, Bummler?" murmelt sie, ohne den Blick vom Spiegel zu wenden.
Oh nichts... ich hab mich nur gerade gefragt, wie lange du... na ja, diese ganzen teuren Kleider, der Tand...
Sie rollt mit den Augen.
"Fängst du auch noch damit an?"
Nein, nein, ich fange mit nichts an. Du bist meine Seelenschwester, ich verstehe dich.
"Fein."
Ich setze mich neben sie, und betrachte sie, aber meine Gedanken gehen auf Wanderschaft... in meinem Kopf sind Bilder der vergangenen Tage. Die Frau mit der weißen Perrücke... der gerüstete Krieger, der diesem gerechten Gott dient, der Praios so ähnlich scheint... Mairis verwirrtes Gesicht... die Enttäuschung der Schlitzäugigen Schneiderin, als sie das kühle Lächeln auf den Zügen meiner Seelenschwester sieht...
"Bummler! Hör auf damit!" herrscht sie mich plötzlich an, worauf ich zusammenzucke. Sie hat die Bilder in meinem Kopf gesehen. Sie weiß, dass mich das alles beschäftigt. Aber sie beschäftigt es doch ebenso, auch wenn sie es zu verdrängen versucht.
Meintest du das ernst, was du zu der Frau mit der Perrücke gesagt hast? Zu Monoe?
Sie hob leicht die Schultern.
"Sicher."
Dann wirst du nichts unternehmen, wenn er Ärger bekommt?
"Nein, diesmal nicht."
Sie schien ziemlich sauer zu sein.
"Hmhm, war sie. Und langsam glaube ich, sie hat allen Grund dazu."
Was ist, wenn wir wieder in die Sache rein gezogen werden?
"Für den Fall haben wir eine Rückversicherung."
Wie sind wir doch gleich in diese absurde Lage gekommen?
Ein strafender Blick trifft mich.
"Das Portal." folgt dennoch die trockene Antwort.


später an diesem Tag...

"Ah, verdammt! Ich hab vergessen die Jacke zum Schneider zu geben, nachdem wir das letzte mal damit in Orks gerannt sind."
Sie untersucht fluchend ein Loch, das ein Schwert sauber in den Ärmel der schwarzen Jacke geschnitten hat.
"Naja, was soll's... muss reichen."
Sie schließt die Schnallen der Jacke, und stopft die Kapuze in die Tasche. Kurze Zeit später sind wir auf dem Weg durch die dunklen Gassen des Hafens. Ziel ist der Kanaldeckel, der versteckt in einer der verwinkelten Ecken liegt. Ich spitze noch einmal die Ohren, und lasse meinen Blick schweifen, während sie die Kapuze überzieht, und den Schal vors Gesicht bindet.
Wie sind alleine. Niemand hier. bestätige ich die Lage.
Sie nickt, und wir klettern hinunter. Ich sitze so lange auf ihrer Schulter, und behalte die Umgebung im Auge. Ah... da unten hat sich doch etwas bewegt? Und als ich mich anspanne, um nach unten zu spähen, hält auch sie auf der Leiter inne.
Nach kurzer Zeit entspanne ich mich wieder.
Nur eine Ratte.
Sie nickt, und wir klettern ganz hinunter.
Diese verdammten Kanäle sehen überall gleich aus. höre ich ihre fluchende Stimme in meinem Kopf. Du findest den Weg, oder?
Natürlich. einen Moment amüsiere ich mich. Er kennt dich wirklich schlecht, wenn er glaubte, es würde etwas nutzen dir die Augen zu verbinden. Er hat nicht gut genug aufgepasst. Das kommt davon, wenn man Tiere nicht ernst nimmt.
Sie schmunzelt.
Aye, er ist ein Ignorant.
Eigentlich wissen wir ja, wo der Ort ist, den wir suchen. Das sagte er uns ja. Aber es ist nie verkehrt sich einen zweiten Weg einzuprägen. Und so schleichen wir weiter durch die Gänge, bedacht darauf, nicht in die sumpfige Fäulnis des Wassers zu treten. Es stinkt hier unten, zudem weiß man ja nie, ob nicht doch mal so ein Schleim auftaucht, ohne dass dieser Donnerfurt dabei ist. Und womöglich entsorgen die Leute hier noch an ganz andere Sachen... Lieber nicht darüber nachdenken...  Hin und wieder halten wir inne, wenn ein Schatten vorbei huscht... doch es sind nur Ratten, die schnell in ihre Verstecke schlüpfen, wenn sie uns sehen.
Da vorne.
Aye, ich sehe es...
Wir nähern uns dem Mechanismus, und meine Seelenschwester beginnt ihn zu untersuchen, während ich weiter die Ohren spitze, um mich zu versichern, dass wir auch wirklich alleine sind.

...

Endlich sind wir wieder an der frischen Luft! Und auf dem Heimweg...
Eigentlich war das ganz schön viel Arbeit, für wenig Nutzen.
Ach was, sag so was nicht. Das kann noch von großem Nutzen sein.
Ja, du hast ja Recht. Schlimm genug, dass wir solche Rückversicherungen brauchen. So sollte es nicht sein. Das ist bizarr... Wie sind wir doch gleich in diese absurde Lage gekommen?
"Das Portal." folgt die trockene Antwort.

Margali Faeryllian - Kräuterhexchen|Magische Truhe
"Der Wald hat mich vieles gelehrt - vom Leben, der Liebe und dem Tod. Von Gnade weiß er nichts."


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