[Wb] Melodien des Lebens - Die Chroniken von Weilersbach

Started by Jamapi, 05. Mai 2006, 11:32:04

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Jamapi

Lange hatte Gwendolyn vor einem Buch mit leeren Blättern zugebracht – vor leeren Blättern und einer angefeuchteten Feder, die allerdings immer wieder trocken wurde, da Gwendolyn irgendwie nicht so recht den Anfang finden konnte. Doch dann schließlich war es soweit und sie begann zu schreiben.

Reichlich verzierte sie jeweils die großen Anfangsbuchstaben und die erste Seite mit dem Titel und dem Namen der Verfasserin war somit gut ausgefüllt und machte durchaus schon einiges her. Nach ihrem Namen war allerdings noch reichlich Platz, fast so, als ob Gwendolyn erwarten würde, dass dies nicht der einzige Name wäre, der dort irgendwann stehen würde, vielleicht in der Hoffnung, dass sie irgendwann weiter geführt werden würden. Vielleicht aber auch einfach nur, weil sie nicht wusste, was sie auch sonst noch auf die erste Seite schreiben sollte.

Und so stand schließlich auf der ersten Seite in geschwungenen und sorgfältigen und teilweise verzierten Buchstaben, denen man durchaus die kalligraphische Ausbildung Gwendolyns erkennen dürfte:

- Melodien des Lebens -
welche eine Chronik des kleinen Örtchens Weilersbach
bei Fürstenborn zu Seldaria sind,
und in welchen allerlei Geschichten und Ereignisse
rund um jenen Weiler zusammengetragen wurden,
welche erzählt werden, wie sie in den Sinn kommen,
zu Ehren unserer Großen Mutter und all ihrer Kinder,
seien diese auf den grünen Hügeln oder wir selbst,
so dass unsere Nachkommen lesen und lernen mögen,
und jene Melodie stets weiter getragen und gesungen wird.



*** Ein jeder guter Kuchen hat ein Rezept ***
***          aus verschiedenen Teilen          ***



gesammelt und zu Papier gebracht
von


Gwendolyn K. E. G. Lilienblatt[/i]



Und so schloss die erste Seite, wobei nach Gwendolyns Namen noch reichlich Platz - wohl für andere Namen - gelassen wurde. Gwendolyn betrachtete sie sich genau und war dann doch sichtlich zufrieden. Natürlich nahm die erste Seite einen besonderen Platz ein und war noch ein wenig sorgfältiger gemalt als die restlichen Seiten, die noch folgen würden – immerhin war dies die erste Seite, der Anfang, das, was der Leser als erstes sehen würde, wenn er das Buch aufschlug.

Ergriffen von einem Schwung der Ideen setzte Gwendolyn aber sogleich an, weiter zu schreiben:

- Vorwort -
welches erzählt von den Umständen, die zu dieser Chronik führten,
als auch den Gedanken zu Titel und Inhalt


*** Ein Rad ist rund, aber seine Speichen sind gerade, und keines von beidem hat einen Wert ohne das andere ***



Wie so vieles im Leben, weiß man manchmal nicht so recht, womit man anzufangen hat. Es gibt so viele Dinge, die gesagt oder erzählt oder gemacht werden können, dass sie einen schieren Berg an Möglichkeiten ergeben, der sich vor einem auftürmt und in der Endlosigkeit verliert. Doch manchmal ist es sehr einfach anzufangen, manchmal fängt man einfach mit dem Anfang an, welcher in diesem Falle die Entstehung dieser Chroniken sind.

So will ich in aller Bescheidenheit zunächst erklären, dass ich keine jener tapferen Hin bin, die zuerst hier siedelten. Auch bin ich keine der Nachkommen jener tapferen Hin. Und selbst eine jener Hin, die nachgekommen sind, sich eingelebt haben und nun nach einiger Zeit über dieses Dorf schreiben, selbst eine solche bin ich nicht - denn ich bin weniger als dies. Hinter all jenen, die dies hier aufgebaut haben, die im Schweiße ihres Angesichts Stein für Stein bauten, Schaufel für Schaufel gruben und Holz für Holz zimmerten, hinter all jenen stehe ich zurück und betrachte dieses Dorf als ein kleines Wunder, in das ich vor einigen Zehntagen erst kommen durfte. In jeden Tropfen Schweiß, in jeden Stein, in jede Schaufel, in jedes Holz, in jedes Sandkorn sind somit die Erinnerungen an all die Vergangenen gegangen und sie leben dort mit uns weiter, begleiten und bewachen uns und beobachten uns von den Grünen Hügeln aus.

Als ich vor einigen Zehntagen hier ankam, wusste ich noch nicht einmal, ob ich wirklich bleiben würde. Wie so viele war auch ich durch jenes Portal gekommen, zusammen mit einigen anderen. Wir waren auf der Suche nach jemandem und wie ich mittlerweile das Gefühl habe, waren wir auch auf der Suche nach etwas, aber dies soll nicht Gegenstand dieses Vorwortes sein und mag vielleicht später erzählt werden.

Ich spürte zugleich eine innere Ruhe, als ich hier ankam und die freundlichen Gesichter, das liebevolle Kümmern und die gastfreundlichen Herzen, die uns empfingen, löste schnell jene Orientierungslosigkeit auf und schon bald war es eigentlich keine Frage mehr, ob wir bleiben sollten oder weiter ziehen. Wir beschlossen, uns einzureihen, uns hier nieder zu lassen. Und in jenem Zuge auch kam mir die Idee, all jene Vergangenen dadurch zu würdigen, dass man von ihnen schreibt und auch all jenes aufzuschreiben, was gerade passiert und auch jenes in Zukunft zu schreiben, was passieren wird. Denn Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sind ebenso wie wir eine große Familie, jede einzelne macht keinen Sinn ohne die andere – so gibt es kein gestern ohne das heute und ohne das heute würde es keinen Sinn machen, von morgen zu sprechen. So erfüllt jeder Teil seine Funktion und ist in diesem Sinne wichtig.

Nun mag sich so manch geneigter Leser vielleicht fragen, wie eine Hin dazu kommt, solcherlei Sachen aufzuschreiben – noch dazu eine Hin aus Luiren, wo bei uns es doch eher mündliche Überlieferungen als riesige Bibliotheken gibt. Es ist eigentlich nicht unsere Art, Sachen aufzuschreiben oder zu verfassen. Und dennoch schien es mir, als ob diese Sachen, dieses kleine Wunder hier, es wert wären, aufgeschrieben zu werden, welches mehrere Gründe hat:
    - da wir direkt an Fürstenborn angrenzen und in gewissem Maße dazu gehören, ist es eine Möglichkeit, diese Eigenart der Menschen zu übernehmen und von ihnen zu lernen, denn nur der Tor lernt nichts mehr hinzu

    - wie schon erwähnt, ist dieses Dorf ein kleines Wunder in sich und dies allein berechtigt schon, darüber zu schreiben, dass man davon lesen kann
    die Größe unserer Vorfahren, womit ich in diesem Falle die Vorfahren von Weilersbach meine, dies alles aufzubauen, sollte aus Respekt der Vergangenen gegenüber in Wort und Schrift festgehalten werden

    - ein jeder Kuchen hat ein Rezept und zwar mag man dies mündlich weiter geben, doch erinnert man sich vielleicht irgendwann nicht mehr genau daran oder die Maßzahlen werden vertauscht oder ähnliches, so dass ein Merkzettel keinesfalls schädlich, sondern nur dienlich sein kann
    [/list]
    Dies sind meine Gründe, dieses hier zu verfassen. Es mögen andere nach mir kommen, wenn ich nicht mehr bin, die es aus anderen Gründen vielleicht machen – so bin ich aber sicher, dass es zumindest ähnliche Gründe geben wird und würde auch zu gerne ihre eigenen Gründe lesen. Doch würde mir dies wohl verwehrt bleiben, so kann ich nur einen Schritt meinerseits tun und meine Gründe hiermit auflisten.

    Weiterhin kann ich davon schreiben, wie der Titel dieser Chronik zustande gekommen ist. Ich selbst bin keine Musikerin. Natürlich sind mir diverse Weisen bekannt und natürlich kann ich diese auch singen, doch mehr schlecht als recht, wie ich zu meiner Schande gestehen muss. Nichtsdestotrotz kennt man Lieder, kennt man Geschichten und kennt man Weisen. Sie sind das Erbgut unsere Vorfahren, die Stimme aus der Vergangenheit. Es ist eine ständige Melodie des Lebens, immer gesungen, nie versiegend, solange die Gastfreundschaft und die Güte in unseren Herzen wohnt und bewirtet wird. Doch es ist nicht nur eine Melodie der Vergangenheit. Die Melodie des Lebens sind alle Verse und alle Refrains, all jenes, was war, was ist und was sein wird. Es ist das Zusammenspielen von all diesem. Die Stimme der Vergangenheit, die sich mit unserer Stimme und der Stimme unserer Nachkommen vermischt zu einem Chor des Lebens, einer Melodie des Lebens.

    Solange sie gesungen wird, werden wir uns erinnern und immer wird diese Melodie in unseren Ohren klingen. Und wer weiß, vielleicht gefällt diese Melodie auch anderen – anderen Gästen, Wanderern – und wer weiß, vielleicht wollen und werden sie in Zukunft mitsingen und ihre Stimme wird sich zum Chor dazu gesellen. In einem Vers sagen wir „Auf Wiedersehen“ in einem anderen treffen wir uns wieder. Manchmall mag ein Vers allein gesungen sein, manchmal ein Duett, manchmal noch sogar mehr. Manche Verse mögen an verschiedenen Orten gesungen werden und dennoch gehören sie alle zu ein und demselben Lied. Es mag sein, dass diese Melodie daraufhin stetig anders wird und niemals gleich bleibt und dennoch werden wir sie stets wieder erkennen. Ist es doch das, was uns alle letzten Endes irgendwie verbindet und zusammen geführt hat – das Leben, in all seinen Strophen und Versen.

    Dieses Vorwort wurde im Jahre 197 nach der „Großen Pause" verfasst, der Monat ist sternenklar oder auch Mirtul, entsprechend der gemäßen Zeitrechnung.


    Und unter dieses Vorwort setzte Gwendolyn noch ihr Siegel, jenes Zeichen mit dem Schild und dem Trinkhorn voller Früchte und der stilisierten Lilienblüte darunter und ebenso noch ihre reichlich verzierten Initialen.



    G. K. E. G. L.[/b]

    Die kleine Hin legte die Feder bei Seite und blickte zufrieden über das Geschriebene. „Dies war ein guter Anfang“, dachte sie sich und irgendwie fühlte sie sich erleichtert, angefangen zu haben. Der Rest würde von selbst kommen, nachdem dieser Anfang getan war.
    Gwendolyn Lilienblatt: The Tenth Muse (Synchro: Yui Horie); Loss of Me FF9
    Jeanne Boucherat: The Coquette (Synchro: Renée O'Connor); Eyes on me FF8
    Araza'shasehnae: The Lady of Shalott (Synchro: Mira Furlan); Aerith's Theme FF7
    Ranja: The Jungle Books (Synchro: Eliza Dushku); Cosmo Canyon FF7

    Jamapi

    - Kapitel 1 -
    welches berichtet von der Größe eines kleinen Mannes,
    und der ersten "Großen Pause",
    und einer Moral, die zu ziehen wäre aus jener Geschichte


    ***  Ohne Pausen wird ein Weg unüberwindbar groß, so besteht eine jede Reise sowohl aus dem Weg an sich, als auch aus den Pausen dazwischen und beides gehört dazu und ist wichtig ***


    Die Geschichte des kleinen Dörfchens, das wir heute unter dem Namen Weilersbach kennen, ist eine Geschichte der Familie Rosenhain. So trug es sich zu, dass sich im 195. Jahr vor der Regierung von Fürstin Eleara I. eine kleine Gruppe von Hin zusammen fand. Dies kann man dem großen Zephran Rosenhain anrechnen, welcher in weiser Vorraussicht und klugem Mitdenken einen Aushang schrieb, um alle Hin zu versammeln.

    Zephran Rosenhain war ein großer Hin, von dem man noch in Jahrzehnten, in Jahrhunderten, in Jahrtausenden reden und vielleicht auch schreiben wird, so diese Chronik fortgesetzt wird. In kaum einem anderen Mann fand man die Tugenden unserer Großen Mutter so hervorstechend, wie in diesem Hin, ein Leitbild und ein Vorbild für einen jeden von uns. Das Herz am rechten Fleck und auch gut gelöffelt aus Großmutters Puddingschale der Weisheit war er aufgewachsen nicht in unserem schönen Seldaria, sondern im fernen Land, das sich Faerun nennt.

    Seine Herkunft lässt sich auf Silbermond zurückführen und lässt sich dort auch mehrere, weise, vorrausschauende und große Generationen zurückführen. So war es schon seit jeher die Art der Rosenhains, umsichtig und mitdenkend zu sein, immer auf den Zusammenhalt der Familie bedacht, so wie es sein sollte. Und so geschah es, dass Zephran Rosenhain zusammen mit anderen Hin eines Tages den Weg durch das Portal fand. Wie eine kleine auserwählte Gruppe betraten sie jenes Land hier und blickten sich mit neugierigen Augen um und ließen sich in Fürstenborn nieder

    Zephran Rosenhain sah und erkannte, dass es gut und richtig war, dass sie hier auf einmal erschienen waren, egal welche Umstände das Portal dazu bewogen haben mochte, sie hierher zu bringen, doch erkannte er ebenso, dass man noch zu zerstreut war. So brütete er lange über einem Plan, wie er alle Hin vereinen könnte, vielleicht gar mit einer List. Zwar hatten sich natürlich auch schon vorher kleine Grüppchen an Hin gefunden, aber dennoch konnte man noch nicht von einer Gemeinschaft, von einer Familie reden. Und so rief Zephran Rosenhain zu jener Versammlung – der innere Drang nach einem heimeligen Ort, nach Geselligkeit und nach Familie brannte zutiefst in seinem Herzen und so konnte er nicht anders und musste so handeln, wie sein Herz es ihm sagte. Und so gedieh ein Plan in Zephran Rosenhains Kopf und wurde schließlich in die Tat umgesetzt: Er rief alle Hin zusammen, um nach Hammerhütte zu reisen. Der Weg nach draußen war wegen des Gedrängels der großen Stradt war so anstrengend, dass Zephran schließlich ausrief, dass alle nun eine Pause machen sollten, als sie draußen angekommen waren. Und so ließ er sich mit den Worten „Hier machen wir Pause“ nieder, was auch alle anderen befolgten.

    Es war ein sonniger und schöner Tag und so ließen sich Zephran und die anderen Hin an jenem Ort nieder, an genau welchem heute unsere „Große Pause“ steht, denn aus diesem Anlass und zu Erinnerung an diesen denkwürdigen Moment wurde die „Große Pause“ schließlich „Große Pause“ genannt. Die Pause dauerte auf Grund der netten Unterhaltung und der netten Gespräche allerdings ein wenig länger und so geschah es dann, dass ein Teil wieder zurück nach Fürstenborn musste, um zu seiner Arbeit zurückzukehren.

    Zephran Rosenhain jedoch blieb wacker und tapfer, denn irgendjemand musste immerhin die Feuerstelle warm halten und auch diesen schönen Platz sichern – nicht dass irgendjemand anders sich diesen Platz für „seine“ Pause aussuchte. Zephran Rosenhain reservierte also diesen Platz und saß dort mit immer wieder abwechselnder Gesellschaft und saß dort und saß dort und saß dort. Die Pause wurde immer größer und größer und dauerte immer länger und länger. Die Hin, die in die Stadt gingen, brachten Zephran immer wieder Essen und Trinken und bedankten sich herzlich bei ihm, dass er diesen Platz für sie so tapfer sicherte. Natürlich führte dies immer zu einem gemeinsamen und angenehmen Essen an dem Lagerfeuer und jenem Platz, so dass die Hin sich immer mehr und immer besser kennenlernten.

    So bürgerte es sich mit der Zeit ein, dass Zephran Rosenhain an jenem Ort verweilte, während andere Hin zurück nach Fürstenborn zurückkehrten, um zu arbeiten und essen zu holen für alle. Als dann eines Tages Zephran Rosenhain die Idee kam, dass es inmitten all dieser Natur sinnvoll wäre, wenn er schon länger hier bleiben würde, ein Zuhause zu bauen. So rief er zum „Bautag“ auf, welches auch noch der heute in Weilersbach bekannte Feiertag ist und jenem Tag zu ehren immer wieder ausgerufen wird, an dem Zephran Rosenhain den ersten Stein der heutigen „Großen Pause“ legte.

    Es dauerte nicht lange, da natürlich die große Familie der Hin mithalf und so stand schon bald dieses Haus, das vor lauter Eifer und Euphorie doch ein wenig zu groß geraten war, so dass nicht nur Zephran Rosenhain Platz dort drinnen hatte. Und so kam es, dass Zephran Rosenhain sagte, fürsorglich, wie er natürlich war: „Meine lieben Hin, ich würde mich freuen, ein Dach mit Euch allen zu teilen, die Ihr mich die letzte Zeit so fürsorglich mit Essen und Trinken versorgt habt, habe ich doch nur eine geringe Tat getan und dies war, an einem Platz zu sitzen und ihn für Euch zu reservieren. Von nun an soll ein jeder, der zu unserer Familie gehört, sich hier heimisch und wohl fühlen und das Gastrecht soll über diesem Haus leuchten, wie die Sonne einen jeden Tag.“

    Natürlich war es keine geringe Tat, es war eine riesige Tat, denn wenn man sich ansieht, was hieraus entstanden ist, so kann man sagen, dass es kaum einschneidendere geringe Taten gab, als jene. Und dies konnte man bereits damals sehen, denn der Handel zwischen dem kleinen Hin-Vorort und Fürstenborn wurde immer ausgiebiger und immer mehr Hin versammelten sich dort und dieses kleine Plätzchen blühte auf, wie ein Blumenfeld im Frühling. Und wir können uns sicher sein, dass Zephran Rosenhain dies auch so geplant und beabsichtigt hatte, aber nicht zu sehr auf den Ruhm pochen wollte. So war Zephran Rosenhain eben: Bescheiden und ein großer Mann.

    So können wir all' dies schöne hier, was wir heute erleben und erfahren dürfen, diesem Manne zuschreiben und jener Familie, die seither sich um diesen Ort kümmert, wie es unsere Große Mutter mit uns macht.

    Die Moral aus jener Geschichte soll sein: Auch kleine Dinge können große Auswirkungen haben und mit dem Zusammenhalt einer Familie kann man die größten Dinge auf die Beine stellen. Und fühlst du dich einsam, so mache gemeinsam Pause.
    [/b]
    Gwendolyn Lilienblatt: The Tenth Muse (Synchro: Yui Horie); Loss of Me FF9
    Jeanne Boucherat: The Coquette (Synchro: Renée O'Connor); Eyes on me FF8
    Araza'shasehnae: The Lady of Shalott (Synchro: Mira Furlan); Aerith's Theme FF7
    Ranja: The Jungle Books (Synchro: Eliza Dushku); Cosmo Canyon FF7

    Jamapi

    - Kapitel 2 -
    welches berichtet von einer Not,
    von einem Kürbis mit dem Namen Jakkerl und derer vielen Kürbisse,
    von einem Tisch für mindestens ebenso vielen
    und von Geistern, derer man gemeinsam Herr werden kann


    ***  Sitzt man am Tisch, so mag man auf verschiedenen Höhen sitzen,
    je nach Rasse, Größe und Alter und unterscheidet sich so,
    Doch auch wenn einen die Sitzhöhe unterscheidet, so ist dies das, was einen selbst ausmacht,
    und der Tisch, an dem alle sitzen ist der gleiche und verbindet ***


    Nun will ich berichten von einem herausragenden Ereignis in der Geschichte von unserem kleinen Weiler, aber auch in der Geschichte von Fürstenborn. Natürlich mag der geneigte Leser nun sich denken: „Ach, hier werden doch sowieso nur herausragende Ereignisse beschrieben“. Das stimmt zuweilen und dennoch wird ebenso genau dieser Leser sicherlich gleich merken, wie schnell man irren kann, denn selbst unter den besonderen Ereignissen gibt es welche, die besonders herausragend sind.

    So war bereits einige Zeit seit dem Legen des ersten Steines und der ersten Großen Pause vergangen und die Zeit war ins Land gestrichen und vieles war passiert, was vielleicht an anderer Stelle und in zeitlich nicht unbedingt korrekter Form später wieder gegeben werden soll. Doch geschah es, dass Fürstenborn ein Problem hatte im Jahre 54 nach der ersten Großen Pause sehr spät im Jahr: Im Hafenviertel fing es an und verbreitete sich wie ein Lauffeuer recht schnell und recht bald. Die Hungersnot war ausgebrochen, doch eine ungewöhnliche, wie man sehr schnell erkennen sollte. Der Magier der Akademie zu jener Zeit, Hildebus Schwarzbart über dessen Namen so mancher Witz die Welt erblickte, fand heraus, dass es sich bei dieser Hungersnot nicht um eine normale Hungersnot handelte, nachdem lange Zeit gesucht wurde und immer mehr Leute dahin schieden.

    Auf Grund der Hungersnot hatte sich eine beunruhigende und bedrückende Stimmung über Fürstenborn gelegt, doch diese reichte auch nur bis zu den Stadtmauern. Das friedliche Dörfchen außerhalb schien fast ein wenig unbehelligt und der Trubel ging dort ganz normal weiter. Und so suchte Hildebus Schwarzbart nach den Ursachen, warum sich dies nur auf die Stadt und nicht auch auf den kleinen Weiler am Bach bezog und er fand schon bald heraus, dass es sich um eine magische Hungersnot handelte. Eine Hungersnot ausgelöst von sehr böswilligen Geistern zu jener Jahreszeit, über deren Auftauchen bis heute noch spekuliert wird. Doch diese Spekulationen sollen in den Bibliotheken der Magier abgehalten werden und nicht in dieser Chronik, weswegen ich mit dem eher interessanten hier fortfahre.

    Die Hin in Weilersbach hatten allerdings schon im Sommer zuvor eine große Kürbisernte eingefahren – ein wahrhaft außergewöhnlicher Sommer mit großen Prachtexemplaren, die lange hielten und sehr nahrhaft waren und selbst die sehr essfreudigen Hin sehr lange hinhielt. Es waren so viele Kürbisse, dass man teilweise gar nicht wusste, wohin damit. Und um auch das Kürbisfeld ein wenig zu schützen, stellte man eine Vogelscheuche auf, auf dessen Kopf man einen Kürbis steckte, der natürlich ausgehöhlt war. Eines Morgens fand man diesen Kürbis dann mit einem grinsenden Gesicht vor, was natürlich einfach nur ein Lausbubenstreich sein könnte, doch ebenso ging das Gerücht umher, dass die Aufgabe, das Feld und die Hin zu bewachen, dem großen Kürbis Leben eingehaucht hatte. Und so wachte „Jakkerl, der Kürbiskönig“ über seine Kürbisse und über die Hin. Die Hin waren also sowieso schon gut vorbereitet, auch wenn sie von der Hungersnot zu jenem Zeitpunkt noch nichts wissen konnten, aber sie sollten sowieso nicht davon behelligt werden.

    Es kam dann im Herbst, wie bereits angedeutet: Die Geister schienen und lösten die Hungersnot aus. Schwarzbart fand heraus, dass jene Geister einen ungeheuren Hunger in ihren Opfern erzeugten, weswegen die Reserven der Stadt schon auf einen sehr frühen Zeitpunkt zur Neige gingen. Ebenso war seine Erkenntnis, dass jene Geister Lärm und gute Laune nicht vertrugen, weswegen sie sich auch in erster Linie im Hafenviertel angesiedelt hatten und von dort aus den Rest von Fürstenborn heimsuchten. Doch bis zum fröhlichen und lauten Weilersbach trauten sie sich nicht – zu laut, zu fröhlich war die Gesellschaft dort, als dass die Geister dort verbleiben konnten.

    So berieten die Magier, was zu tun sei und die Idee war sehr bald, dass man die Geister durch eben diesen Lärm und diese Fröhlichkeit vertreiben sollte. Doch wie nur? Denn immerhin war ein Großteil der Stadt unter dem Joch der Hungersnot gefangen und Fröhlichkeit und ausgelassene Stimmung konnte hier nur schwer entstehen. Doch wenn man die fröhliche Stimmung nicht selbst erzeugen kann, so muss man sich diese holen. Daher ging Hildebus Schwarzbart hinaus zu unserem kleinen Weiler und ersuchte die Hin um eine Audienz.

    Eine Audienz war natürlich viel zu hoch gegriffen, denn bei den Hin gab es wenig Unterscheidungen. Es war ein gemütliches Treffen mit viel Essen und Trinken und während diesem erklärte Schwarzbart den Hin das Problem. Die Hin, denen durchaus die problematische Lage Fürstenborns aufgefallen war, waren zutiefst bestürzt, aber um so schneller hatten sie einen Entschluss gefasst. Das durfte nicht lange so weiter gehen, beschloss der damalige Dorfvorsteher, der ehrenwerte Hubert Rosenhain, der gerade erst vor kurzem die edle Gabrielle Rosenhain gehelicht hatte.

    So trommelten die Hin ihr gesamtes Dorf zusammen. Aus den hintersten Winkeln von Gerümpelkammern wurden Musikinstrumente geholt, Becken, Trommeln, Flöten, Tröten, Krachzeug noch und nöcher und teilweise sogar noch sehr kuriose Gerätschaften hinzu. Der Abend war schließlich angebrochen, als man alles zusammen hatte und vor Schwarzbart stand sogleich eine ganze Armada an Hin, bewaffnet mit all diesem Krachzeug und unterstützt durch einen Wagen randvoll mit Kürbissen der letzten, prächtigen Ernte – denn wenn sie den Fürstenbornern helfen sollten, dann würden sie ihnen natürlich auch Essen mitbringen, von dem die Hin noch so reichlich hatten, die Fürstenborner aber so wenig.

    Natürlich durfte auch der Kürbiskönig nicht fehlen bei einem solch wichtigen Kampf gegen die Geister und so wurde Jakkerl auf dem Wagen positioniert, die Kürbisse zu bewachen und auch die Hin. Die Geister sollten vertrieben werden und schließlich ein riesiges Lagerfeuer entzündet werden, um die Kürbisse zuzubereiten und sie dann an die hungernden Fürstenborner zu geben. Und so polterte die kleine Delegation zusammen mit und angeführt von Schwarzbart, dem Kürbiskönig und natürlich auch Hubert Rosenhain und Gemahlin Gabriele Rosenhain zu den Toren von Fürstenborn und sobald die Tore der Stadt aufgemacht wurden, setzte der Krach ein.

    Natürlich hatte auch schon vorher reges Treiben geherrscht, wie man es von uns Hin natürlich gewohnt ist, da kaum jemand den Mund halten kann und viel Gelächter und fröhliche Stimmung ist. Aber in dem Moment, als die Tore aufgingen, legten sich die Hin mächtig ins Zeug und krawallten, was das Zeug hielt. Es wird gesagt, dass in diesem Moment ein Aufschrei der Geister, ein markerschütternder, unheimlicher Schrei durch ganz Fürstenborn hallte und sie sich mehr und mehr zurückzogen, je mehr der Krawall und damit auch die Hin-Delegation in die Stadt kam. Durch ganz Fürstenborn zog man und klapperte Viertel um Viertel ab und immer mehr Fürstenborner schlossen sich dem Krach-Zug an, nachdem die Herrschaft der Geister über sie abgefallen war, bis man schließlich die Geister in jenem Viertel, in welchem heute der Park ist, eingepfercht hatte. Die Geister konnten nicht über das Wasser und kauerten sich somit an einer Ecke zusammen, während die Hin fröhlich und ausgelassen anfingen, Holz zusammen zu sammeln und ein riesiges – besonders für unsere Verhältnisse – Lagerfeuer aufzuschichten.

    Doch die Gefahr war nicht gebannt, denn die Geister saßen noch zusammengekauert in ihrer Ecke abseits des Trubels und schmiedeten schon Pläne, wie sie alle Feiernden vernichten könnten und wer weiß, ob sie nicht einen Plan gefunden hätten. Doch als dann das Feuer lichterloh gen Himmel loderte und die ersten Kürbisse vom Wagen geholt wurden unter viel Tamm-Tamm und Gesinge, Getanze und Lärm, wird gesagt, dass jener Kürbis, den man irgendwann einmal scherzhaft Jakkerl genannt hatte und dem scherzhaft eine Seele nachgesagt wurde, auf seinen Vogelscheuchen-Holzarmen und – beinen zu den Geistern hinüber ging. So sprach Jakkerl der Kürbiskönig: „Ihr Geister habt diese arme Stadt lange genug in Schrecken gehalten mit eurem unstillbaren Hunger. Doch nun ist damit Schluss. Wir lassen uns diesen Trübsal, diese Trauer und diesen Tod nicht mehr weiter diktieren. So ihr Hunger habt, so seid willkommen an unserem Tisch und speist mit uns und stillt euren Hunger. Aber verzehrt uns nicht. Man sollte nie alleine essen, denn gemeinsam schmeckt es um so besser. So kommt zu uns und feiert und esst mit uns – nicht gegen uns.“  In Jakkerls ausgeschnittenen Kürbiskopfaugen loderte ein Feuer, das die Geister verunsicherte und immerhin sprach er wahre Worte. Die Geister, verängstigt und hungrig, wie sie waren, wussten nicht, was sie machen sollten und blieben zunächst weiterhin in jener Ecke. Unterdessen wurden die ersten Kürbisse zubereitet und an einer langen Tafel saßen alle der kleinen Kampf-Armada, aber auch eine riesige Menge an Fürstenbornern und begannen, zu speisen und sich fröhlich zu unterhalten. Der Duft der zubereiteten Kürbisse zog natürlich auch zu den Geistern hinüber, die schließlich nicht anders konnten, als sich hinzu zu setzen.

    Als der Morgen nach dieser Nacht schließlich graute, verschwanden die Geister zufrieden und gesättigt und waren seitdem nicht mehr gesehen. Doch ob dies war, weil die Geister vertrieben waren oder ob es war, weil seitdem der „Tag des Großen Kürbisses“ immer vom 10. auf den 11. Monat abgehalten wurde auf die gleiche Art und Weise wie an jenem Tag, darüber scheiden sich die Geister. Aber letzten Endes ist dies auch egal und sollte auch in den Bibliotheken der Magier als Diskussion weiter geführt werden und nicht hier in dieser Chronik. Denn es ist egal, aus welchem Grund dies geschah, wichtig war nur, dass dieser Tag und diese Nacht unseren kleinen Weiler und Fürstenborn näher zusammenbrachte und dass man seitdem einen weiteren Tag hatte, den man zusammen feiern konnte.

    Und so feiert man noch bis zum heutigen Tage in jedem Jahr den „Tag des Großen Kürbisses“ zu eben jener Zeit, um die Geister der Trübseligkeit aus Fürstenborn zu verbreiten. An jenem Tag dürfen sogar die Kinder bis ins Morgengrauen aufbleiben und mit den Hin durch die Straßen ziehen und Krach und Krawall machen, wie es ihnen beliebt. Gar kuriose Krachgerätschaften werden extra für diesen Tag hergestellt, um dieses Ereignis nachzustellen und man erzählt bis heute noch davon, als ob es gerade gestern gewesen wäre. Und auch heute noch gibt es das geflügelte Wort, wenn ein Hin-Kind fremdelt und sich nicht an die gesellige Gemeinschaft an den großen Tisch setzen will: „Setz dich nicht abseits, sonst kommt der Kürbiskönig.“
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    Gwendolyn Lilienblatt: The Tenth Muse (Synchro: Yui Horie); Loss of Me FF9
    Jeanne Boucherat: The Coquette (Synchro: Renée O'Connor); Eyes on me FF8
    Araza'shasehnae: The Lady of Shalott (Synchro: Mira Furlan); Aerith's Theme FF7
    Ranja: The Jungle Books (Synchro: Eliza Dushku); Cosmo Canyon FF7