Kjara - Auf den Pfoten eines Blutwolfs

Started by Yalestra, 16. April 2009, 17:02:14

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Yalestra

Vor 20 Jahren:

Grollend beugte sich Zaraa herab und schnupperte an dem Bündel. Es roch nach Leben und Jugend. Die Schreckenswölfin sah sich um. Blut netzte den Boden und bis auf ihr Rudel lebte hier nichts mehr. Malar hatte seine Beute gefordert - das eben jenes Bündel hier nun lag, hatte keiner bemerkt. Die Wölfin legte den Kopf schräg und betrachtete das kleine Bündel, das seine Hände unter dem Stoff bewegte. Sie hatten weder Trächtige, noch Junge getötet. Dennoch schienen sie ein Muttertier erwischt zu haben und so wie das Junge roch, wohl ein elfisches Muttertier.

Zaraa war eine Jägerin Malars, aber kein Untier. Kurzerhand entschied die riesige Wölfin, packte das Bündel Stoff mit den Fängen und trug das Kleinkind mit sich.
Ein Mann beobachtete dies von einem Baum aus und lächelte. Sein wirres Haar und sein schmutziges Gesicht unter einer dunkelbraunen Robe verrieten, das er wohl tief in der Natur lebte.

Vor 17 Jahren:

Helles Kinderlachen klang durch den Wald. Auf einer Lichtung ruhten riesige, stachelbewehrte Wölfe und beobachteten ihre Jungtiere, die zwischen ihnen herumtollten und großen Spaß zu haben schienen. Zaraa ruhte an der Seite ihres Gefährten und beobachtete drei kleine graue Tollpatsche, sowie ein blondes Mädchen mit spitzen Ohren, das sorglos zwischen den kleinen Schreckenswölfen herumtollte. Vier Jahre war es her, seitdem das Kind geboren sein musste, drei Jahre lebte es bei den Schreckenswölfen und wurde die Sprache der Wölfe gelehrt. Es war barfuss und nackt und Zaraa war zunächst etwas irritiert gewesen, das den Zweibeinern kein Fell wuchs, ausser dem das sie auf dem Kopf trugen. Ein Mann erschien immer einmal beim Rudel und brachte Beeren und dergleichen. Sie hatten ihn anfangs fortgejagt, bis Zaraa festgestellt hatte, das der fremde Malardruide ihrer kleinen Kjara nichts Böses wollte und sie auch nicht vom Rudel fortzunehmen gedachte. Einer der Jungwölfe zwickte Kjara etwas zu heftig und das blonde spitzohrige Kind ließ sich auf den Boden fallen und fing an zu weinen. MIt einem tiefen Grollen erhob Zaraa sich und wies ihre Jungen zurecht. Kjara war etwas Besonderes, das spürte die Wölfin seitdem sie das Zweibeinerkind mit genommen hatte. Und nun, da sie hinter die Kleine trat und sanft über deren Haut leckte, sah sie es. Ein rotbraunes Muttermal an der Schulter der Halbelfe. Es war wie eine Klaue geformt. Kurz schien es als weiteten sich die Augen der Wölfin, bevor sie das Mal ein weiteres Mal betrachtete. Kein Zweifel. Dieses Halbelfenkind war von Malar gesegnet. Zaraa beschloss, alles zu tun, damit die Kleine erwachsen wurde.

Vor 12 Jahren:

Die Neunjährige betrachtete ihre blutbeschmierten Finger voller Stolz, hörte das Raunen und Grollen in ihrem Rudel und als die goldfarbenen Augen des Halbelfenkindes sich Zaraa, ihrer Mutter, sowie den inzwischen erwachsenen Geschwistern der letzten Jahre zuwandte, sah sie das man sie nun voll akzeptierte. Vor ihr im Gras lag blutbeschmiert ein totes Reh mit einem angespitzten Holzpflock im Herzen. Kurzerhand beschmierte Kjara sich mit dem Blut des Rehs und stieß ein hohes, langgezogenes Heulen aus, in das ihre Wolfsmutter und nach und nach auch alle anderen Wölfe einstimmten.
Zaraa konnte ihren Stolz kaum verbergen. Kjara machte sich bestens und die Hilfe des Malardruiden, welcher dem Kind Kleidung und ab und an andere Dinge als rohes Fleisch brachte, tat einen Teil dazu.
Die anfangs zierliche, mickrige Halbelfe war inzwischen kräftig geworden, gestählt durch das harte Leben mit dem Rudel. Zaraa spürte ein enges Band zu dem Kind, weit enger als es noch einige Zeit zuvor gewesen war. Doch heute hatte Kjara eines von Zaraas Jungen von einer Verletzung geheilt und seitdem gab es dieses Band. Zaraa wusste, was das bedeutete. Ihre Ziehtochter war eine Druidin geworden und sie, Zaraa, hatte dem Band der Gefährtin Kjaras zugestimmt, um ihre Ziehtochter weiter schützen zu können. Sie würde mit Sicherheit sehr sehr alt werden - und dabei war Zaraa schon eine der ältesten Wölfinnen im Rudel gewesen.

Vor 7 Jahren:

Mit einem tiefen Grollen wandelte die Vierzehnjährige ihre Form in die eines Wolfes. In jener vermochte sie besser mit dem Rudel mitzuhalten und da das Rudel derzeit wanderte, in Begleitung des Malardruiden, welcher Kjara sowohl die elfische Sprache, wie auch die Lehren Malars seit einiger Zeit nahe brachte, war dies die beste Methode, um dabei zu sein, ohne sich die blossen Füsse wund zu laufen.
Das Rudel verließ den alten Teil des Waldes, um der Beute zu folgen, die sich auf die Wanderung in ihre Sommerquartiere gemacht hatte. Es war wie ein Ritus, eine Tradition, die schon jahrelang stattfand. Doch als Kjara kleiner gewesen war, hatte sie noch auf Zaraas Rücken mitreisen dürfen. Nun jedoch war sie alt genug, um selbst mit zu laufen und auch kräftig genug. Schon seit einiger Zeit schienen ihre Fingernägel sich leicht zu krümmen und wurden immer mehr Krallen ähnlich.
Zaraa hielt sich stetig in der Nähe ihrer Ziehtochter. Inzwischen hatte sie weniger Sorge um das Halbelfenmädchen. Kjara war stark und würde immer stärker werden, das hatte sie bewiesen.

An einem anderen Ort vor 3 Jahren:

19 Jahre alt war Kjara inzwischen und längst führte sie Zaraa und nicht mehr ihre Ziehmutter und Tiergefährtin sie. Vor 4 Jahren hatten beide sich vom restlichen Rudel getrennt und Zaraa einem jüngeren Weibchen die Rudelführung übergeben, um mit Kjara ziehen zu können. In den Tiefen der Wälder jagte Kjara ihre Beute, alles was stärker als sie war mit Vorliebe. In einer Vollmondnacht voll von Jagdrausch und Blut traf sie einen Kleriker Malars und in der vorherrschenden Extase, die beide nach der Jagd beseelte, vereinten sich ihre Leiber. Doch nach dieser Nacht wanderte der Jäger weiter und Kjara verweilte in ihrer Heimat mit Zaraa.
Doch jene Nacht sollte Folgen haben. Binnen kurzer Zeit fand die Halbelfe heraus, das sie selbst es nun war, welche ein Jungtier in sich trug. Und im Zuge dessen wurde Kjara aggressiver. Sie griff schneller an, jagte härter, sie beschmierte sich mit dem Blut ihrer Opfer und lachte über jene, die versuchten, an sie heranzukommen. Doch eine Druidin kam an sie heran, nachdem jene aufgrund des sich wölbenden Leibes der Malaritin herausfand, das Kjara schwanger war. Ja, Kjara wurde neugieriger und ließ sich ein wenig auf die fremde Druidin ein. Zaraa beobachtete dies mit Mißtrauen und Missgunst. Sie hatte Kjara zu einer Malarbestie erzogen und diesen Kreis zu durchbrechen würde viel Kraft benötigen.
Doch dann kam der Vater von Kjaras Kind wieder und gemeinsam überzogen sie den Wald mit Blut und Jagd. Der Versuch der Druiden, Kjara zu bekehren schlug fehl.
Sie brachte einen Sohn in den Tiefen des Waldes zur Welt zu einem Zeitpunkt, in dem der Kleriker Malars, der ihn gezeugt hatte, im Kampf starb.
Und von nun an war Kjara eine Gejagte. Man hatte sie zu oft mit jenem Kleriker gesehen, ihre Brutalität beim Töten war bekannt.
Und fast genau ein Jahr, nachdem ihr Sohn geboren war, fand man sie. Und Kjara kämpfte. Sie kämpfte, wie ihr Gefährte gekämpft hatte, sie biss, sie  kratzte, sie grollte und versuchte wie eine Löwin, ihren Sohn zu beschützen.
Man umzingelte sie und die wütenden Dörfler rissen ihr das Kind aus den Händen. Worte wie Malarbrut und dergleichen wurden laut. Kjara schrie, als der Mob beschloss ihr Kind zu töten. Sie biss, kratzte und es gelang ihr mit der schieren Kraft ihrer Wut, der Wut einer Mutter, die ihr Kind schützen will, sich zu befreien. Kjara stürzte vor, stürzte direkt in den Weg der Klinge, die ihren Bauch von oben nach unten diagonal erwischte, um gleich darauf ihren Sohn zu treffen.
In jenem Moment erlahmte Kjaras Widerstand, als habe es ihn nie gegeben. Sie drückte das Kind an sich, aus dem das Leben immer schneller wich und als die Augen des Kleinen brachen, stieß die Halbelfe ein kräftiges Heulen aus. Man band Kjara und die Leute gedachten auch sie zu töten. Doch keiner rechnete mit Zaraa und dem Rudel aus Schreckenswölfen, das in jener Nacht das Dorf mit Blut überzog. Die Mörder von Kjaras Kind starben unter den Wölfen und der von Zaraa befreiten Halbelfe, die selbst Schreckenswolfform angenommen hatte.
Noch in der selben Nacht verließ Kjara ihre alte Heimat... und fand irgendwann auf ihrer Wanderung ein Portal. Ein Zeichen Malars in den Augen der beiden. Sie traten hindurch... und fanden sich bei Nacht mitten in einer Stadt von Menschen wieder. Auf einem Turm. Panisch flohen Halbelfe und Riesenwolf aus der nächtlichen Stadt, begleitet von den verwunderten Blicken einiger Wachen, die wohl den riesenhaften Wolf am liebsten getötet hätten.

Kjara fand ein neues Rudel, doch stetige Veränderungen ließen erst eine Rudelführerin verschwinden, Kjara die Gefährtin des zweiten Rudelführers werden, doch auch er verschwand. Allein gelassen, suchte die Malaritin Wege, zu überleben. Sie begann wieder zu jagen und suchte sich Verstecke im Wald.
Eines Tages lernte sie einen Mann kennen. Er schien voller Kraft und Stärke. Kjara war von ihm beeindruckt, sie musste es zugeben. Und als sie erneut ein Junges erwartete, diesmal von ihm, eskalierte die Situation. Er betrog sie, kam mit einer anderen Frau zusammen und verlor alle Stärke, die er gehabt zu haben schien.
Kjara bedrohte sein neues Weibchen, bedrohte ihn, machte ihn zum Gespött und lachte, als sie hörte, das die schwache Beute aus der Stadt ihn letztlich tötete. Doch bevor er starb, opferte sie das ungeborene Kind Malar. Sie würde niemals schwaches Blut austragen.

Es war eine harte Wahl, doch es war die Wahl einer starken Wölfin. Von jenem Tag an konnte Kjara keine Kinder mehr bekommen. Die Narben, diagonal über ihren Bauch, eine Älter, eine leicht rosa, langsam verblassend, sind unschön anzusehen. Sie waren und blieben Zeichen von Kjaras toten Kindern, Zeichen einer harten Vergangenheit. Es waren nicht die einzigen Narben, welche die Halbelfe trug, doch mit Sicherheit jene, die am meisten hervorstachen. Kjara schloß einen Pakt mit den Bluttieren vom Steinkreis, wurde ein Teil des Rudels. Sie war es, welche in einer Vollmondnacht weckte, was für lange Zeit unter dem Steinkreis geruht hatte.
Mit Airaksela fand Kjara ein Rudelmitglied, das sie von jenem Tage, an dem sie die Menschenfrau unterwarf, als loyales und verlässliches Rudelmitglied entpuppte...
Kaz Hiskari - "Was glotzt du so? Aufs Maul!?"
Ny'zara Kennyr'plith - *huscht in den schützenden Schatten der Bäume*