Ein Morgen ohne Rot.. oder Verlorene Hoffnung

Started by Yalestra, 14. September 2009, 17:53:36

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Yalestra

Der Schatten, die Finsternis kam unerwartet. Sie verfluchte ihre Dummheit, sie zerrte an ihren Ketten, spürte wie das Metall ihre Haut aufzureiben begann und hielt inne.. feine rote Striemen an ihren Handgelenken. Die Haltung war unbequem, gestreckt, stehend, die ganze Nacht. Sie hatte keinen Schlaf gefunden und dem entsprechend fertig wirkte sie nun. Ihre dunkelblauen Augen waren von feinsten roten Äderchen umgeben, ihre Beine zitterten und ihr war kalt. Sie fühlte sich elend.. und genau das hatte er bezweckt, sie wusste es, ahnte es.
Jedes Wort hatte sich in ihr Gedächtnis gebrannt, fast so wie sich ein heißes Eisen wohl in Haut graben würde und doch - noch schlimmer, noch intensiver. Sie ließ den Kopf hängen und mühte sich, ihre Arme ruhig zu halten.

"Ich habe dir verboten dich selbst zu verletzen." so hatten seine Worte gelautet.

Sie empfand Angst. Unberechenbar war er, noch unberechenbarer als sie selbst. Hatte sie nicht genug um Umgang mit jenen Wesen gelernt? Sie war nicht vorsichtig genug gewesen. Wie mochte er reagieren wenn er die aufgescheuerte Haut vorfand? Nicht absichtlich hatte sie dies getan - hin und wieder hatte sie versucht ihre Stellung ein wenig zu verändern, zu verhindern das ihre Beine und Arme einschliefen. Nutzlos. Sie spürte weder das eine, noch das andere - wenn sie nicht gerade an den Ketten zog, um den brennenden Schmerz der angescheuerten Haut auszulösen und ihre Arme hinab laufen zu lassen.

Und ER... er saß auf dem Bett, genau in ihrem Blick, in seine Ruhephase versunken. Wie gerne hätte sie einen ihrer Strahlen nach ihm geworfen oder ihn mit einem Dolch ermordet. Blicke allein genügten ja bedauerlicherweise dafür nicht. Wieder ließ sie den Kopf hängen, was zur Folge hatte, das sie sich leicht bewegte und das Brennen der Handgelenke neuerlich auslöste.
'Ich hasse dich, Bastard.. ich verabscheue dich.. brennen sollst du, ich schwöre es dir, eines Tages wirst du brennen.' Nur Gedanken, doch so voller Wut und Hass.. sie erkannte sich beinahe selbst nicht mehr in diesen hassverzerrten Gedanken.
'Was ist nur aus mir geworden.. wäre ich doch nur fortgegangen...'

Sie vermochte das Gähnen nicht zu unterdrücken, das ihre Lippen teilte und ihre Augen tränen ließ. Nicht einmal die Tränen konnte sie wegwischen oder die glitzernden Spuren, welche jene zogen, wenn sie sich aus ihren Augen lösten... sie war müde... ' .. so müde...'
Kaz Hiskari - "Was glotzt du so? Aufs Maul!?"
Ny'zara Kennyr'plith - *huscht in den schützenden Schatten der Bäume*

Yalestra

Endlich hatte er sie losgebunden. Sie kam sich vor wie ein Haustier an einer Laufleine, nun da sie an der langen Kette angebunden war, die ihr zumindest Bewegungsfreiheit im Raum garantierte. Er hatte ihr eine Suppe gebracht und sie hatte jene verschlungen. Das hatte gut getan. Doch bald übermannte sie die Erschöpfung und sie schlief ein, im Sitzen, die Arme um die angezogenen Beine geschlungen, den Kopf an die Wand gelehnt.
Und sie träumte...

Kallista war alleine. Sie saß nackt in einem hellen Lichkegel, um sie herum war nur Finsternis. Die Kette um ihren Fuß schien brüchig wie Glas zu sein. Sie zerrte an ihr, und sie zersprang in viele kleine Teile. Ihr Herz schlug schneller und sie jubelte... "ich bin frei, ich bin frei". Als ihr Blick auf die vielen kleinen Stückchen fiel, die tatsächlich wie Glas im Licht blitzten, hatte sie kurz das Gefühl, etwas wertvolles zerstört zu haben. Und wohin sollte sie sich nun wenden? Zögerlich trat sie ins Dunkel, taste sich langsam vorwärts. Man konnte nichts erkennen, und sie schaute kurz zu dem kleiner werdenden Lichtkegel hinter sich zurück. Orientierungslos blieb sie stehen und schaute sich weiter um, unfähig zu entscheiden, wohin sie sich wenden sollte. Sie schrie "Wohin?", aber nichtmals ein Echo verriet ihr, ob diese Finsternis nicht endlos war. Sie wartete, grübelte nach dem Weg, und es schienen Minuten, Stunden zu vergehen... viellleicht Tage... oder noch länger? Doch plötzlich hörte sie ein leises Flüstern. "Komm zu mir" schien sie zu flüstern, und sie Schritt darauf zu. "Bei mir bist du in Sicherheit... ich werde dich beschüzen". Lockend und reizvoll erschien ihr die Stimme, und plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen: Nadie Bora. Sie beschleunigte ihre Schritte, der Stimme folgend. Und dann sah sie sie.. Nadie, in einem weißen Kleid, wie die Verkörperung der Hoffnug und ein Lichtschimmer in der absoluten Finsternis.

Kallistas Augen füllten sich mit Tränen der Freude, als sie vorantaumelte, um Nadie in die Arme zu fallen. Sie drückten sich heftig, und stimmten in eine gemeinsames, helles Lachen ein. Doch Nadies Lachen wurde tiefer, bösartiger, ihre Hände verformten sich zu Klauen und stießen Kalli zurück. Nadies Gesicht schien zu einer dämonischen Fratze verzogen, als sie sprach "Aber du bist zu nichts nütze. Verschwinde endlich, du bist mir nur eine Last. Eine Zeit warst du interessant, aber jetzt... Ich weiß nicht, warum ich dich jemals gerufen habe, das war doch nur Zeitverschwendung".

Kalli taumelte zurück, und aus den Schatten schienen weitere Personen aufzutauchen. Amron von Lichtenfels, dann folgte Lorias.. dann Parat. Sie zeigten mit den Fingern auf sie, und sie vernahm nur ein Wispern von ihnen. Wortfetzen erreichten ihr Ohr, und sie vernahm die Worte "Flittchen", "Nichtsnutz" und "Belastung". Sie schämte sich plötzlich ihrer Nacktheit, und mit Tränen in den Augen rief sie "Hört auf, hört auf!". Doch sie gingen nur in ein gemeinsames Gelächter über und deuteten weiter mit dem Finger auf sie.

Sie taumelte weiter Rückwärts, wieder in die alles verschlingende Finsternis, und stolperte plötzlich über einen Rand. Sie fiel, und es gelang ihr sich in der Luft zu drehen, aber sie klatschte heftig mit den Knien auf den Boden. Die versuchte aufzustehen, doch es gelang ihr nicht. Eine Frau erschien, in der Dunkelheit nur schemenhaft zu erkennen. Kalli erinnerte sich an jene Frau am Strand, die ihr gesagt hatte, sie solle nicht hadern, sondern sich ein Ziel suchen, aufstehen und kämpfen. Als Aliha Schattenfaust hatte sie sich vorgestellt. "Steh auf... was du da tust ist jämmerlich. Nichtmal einen Weg langgehen kannst du. Und kannst du aus deinen Fehlern nicht lernen? Aufgeben ist nur etwas für Schwache. Also steh endlich auf! Das ist unterträglich, UNERTRÄGLICH!" Mühsam rappelte sie sich auf. Der Schmerz in ihren Knien raubte ihr fast den Atem. Doch sie biß die Zähne zusammen und wankte weiter vorwärts, und die höhnischen Sprüche verebbten langsam in der Dunkelheit.

Wieder vernahm sie ein leises Wispern, doch diesmal war sie vorsichtiger. Langsam näherte sie sich der Stimme, und Kalli erkannte Ninnia. "Endlich habe ich dich gefunden... ich habe dich gesucht. Komm zu mir, und dann bleiben wir endlich für immer zusammen". In einem schwarzen, fast durchsichtig erscheinenden Kleid sah sie verlockend aus, und sie breitete ihre Arme als Geste des Willkommens aus. Kalli humpelte ihr entgegen. Endlich würde alles gut werden. Doch gerade als sie sich vertrauensvoll in Ninnias Arme fallen lassen wollte, trat diese ein Stück zurück, und sie landete auf ihren eh schon geschunden Knien. Ninnia lachte, die gleiche dämonische Lache und die gleichen Gesichtszüge wie gerade bei Nadie. "Hast du tatsächlich geglaubt, das meine ich ernst? Nichtsnutz... verschwinde und verschwende nicht meine Zeit".

Aliha kam langsam angeschlendert, ihr Gesicht voll Spott und Hohn. "Na, wie oft machst du den gleichen Fehler. Immer und immer wieder. Du lernst nicht aus Fehlern... hab' ich es nicht gesagt? Mal schauen ob du jetzt noch einmal hochkommst, Schwächling. Du bist unerträglich, UNERTRÄGLICH. Aber weißt du was? Ich helfe dir. Ich singe ein Liedchen um dich aufzumuntern. Das Leben ist ein Jammertal, Jammertal, Jammertal, darin sitzt die Kallista ja, lis-ta-ja. Kallista die heißt Morgenrot, Morgenrot, Morgenrot, und schon morgen ist sie tot, ist-sie-tot. Hahahahaha" Kalliste kam mühsam auf die Beine und taumelte vorwärts, begleitet von Alihas leiser werdendem Gesinge und Gelache, bis das Dunkel endlich die letzten Silben verschluckte. Sie wußte nicht wohin, hauptsache fort, weit weit weg. Und wieder taumelte sie unversehens über eine Kante, die in der Dunkelheit nicht zu sehen gewesen war. Sie fiel erneut.

Diesmal versuchte sie nicht, ihren Fall unter Kontrolle zu bringen, und so klatschte sie mit voller Wucht auf den Boden. Ihre Nase blutete, und sie hatte sicher etliche Knochenbrüche davongetragen. Klong... das Auftreffen erzeugte einen hohl klingenden Ton, und der Boden schien nachzugeben, und noch eine Weile nachzuschwingen. Sie stöhnte, spuckte Blut. Fragen schossen ihr durch den Kopf. Was ist gebrochen... WER ist gebrochen? Eine Stimme, die ihr seltsam bekannt vorkam, sprach: "Sieh auf. Du siehst doch gerne zu jemandem auf. Also sieh, wer für dich am höchsten und über allem steht, und sieh zu mir auf". Unter Mühen gelang es ihr ein wenig das Gesicht zu heben. Der Boden unter ihr Bestand aus Metall, vermutlich Messing. Am Rande ihres Blickfeldes erkanntes sie am Rand des Metallbodens gigantische Ketten. Erneut stand sie unter Mühen auf, und schaute sich um. Sie befand sich... auf einer riesigen Waage. Die eben gestellte Frage schoß ihr durch den Kopf... wer über allem stand. Und das idiotische Kinderlied... Kallista ist schon morgen tot. Sollte hier Tyr über sie Gericht halten? Sollten auf dieser Waage ihre guten und bösen Taten gegeneinander abgewogen werden? Aber halt, die Stimme hatte sie aufgefordert, aufzusehen, in das Gesicht dessen, der für sie über allem stand. Sie blickte weiter auf. Die Messingwaage schien Teil einer gigantischen Statue zu sein, die diese in Händen hielt. Die Statue schien aus poliertem, weißen Marmor zu bestehen. Sie musterte die Statue weiter, und sie kam ihr ein wenig kitschig vor. Wie einer der überhöhten Darstellung von jemandem, der als Held gefeiert wird. Aber das Gesicht erschien ihr so vertraut, so unheimlich vertraut.... Die Stimme lachte... ein unerträgliches, überhebliches Lachen. Und plötzlich erkannte sie IHRE Stimme und IHR Gesicht in der Statue. Was hat die Stimme gesagt, was hatte SIE SELBST gesagt? Derjenige, den sie über alles stellt?

Ein leises Flüstern war zu hören. Es wurde lauter, Schoß wie ein Pfeil an ihrem Ohr vorbei, und verebbte. "Überheblichkeit" hatte sie verstanden. Einige Herzschläge vergingen. Erneut schoß ein Wort an ihrem Ohr vorbei, diesmal "Gier". Auf dem Gesicht der Statue bildeten sich kleine Risse, Marmor begann auszubrechen und herabzurieseln. Immer schneller begannen die Worte vorbeizuschießen. Unfähigkeit.... Schwäche... Wollust... Versagen... Hass... in endloser Wiederholung und immer lauer werdend. Immer größere Stücke platzten von dem marmornen Anlitz und stürzten in die Tiefe. Kallista war umgeben von Bruchstücken, sackte zusammen und hielt sich die Ohren zu. Doch die Worte verstummten nicht, und langsam begann sich die Waagschale durch die Bruchstücke zu senken. Schneller und schneller schoss sie nach unten. Als die Waage den maximalen Ausschlag erreichte und augenblicklich gebremst wurde, schleuderte sie fast über den Rand der Waagschale und konnte sich noch in letzter Sekunde an den Rand klammern. Sie blickte unter sich, und sah einen alles zermalmenden Strudel. Ihre Kraft und Ihr Willen wurde Schwächer. Sie blickte nach oben, und in der Ferne erkannte sie ein schwaches Licht, der Ort, an dem sie ihre Reise begonnen hatte, und es erschien ihr wie ein Stern in der Dunkelheit. Als der unbarmherzige Chor verstummte, schien nur noch das Grollen des Mahlstroms leise zu flüstern "loslassen... loslassen"... und sie lies los, und stürzte.


Als er wiederkam, saß sie unter dem Bett und gab keinerlei Widerwort von sich. So vieles ging in ihrem Kopf vor sich.. was mochte dieser Traum bedeuten? Er gab ihr etwas zum Anziehen.. und sie zog es über. Es war ihr egal das der Stoff rauh war und eher einem Gefangenen gestanden hätte - hauptsache etwas zum Anziehen. Und so begleitete sie ihn auf seinen Wunsch hin dann in die Bibliothek, in welcher er zu arbeiten hatte....
Kaz Hiskari - "Was glotzt du so? Aufs Maul!?"
Ny'zara Kennyr'plith - *huscht in den schützenden Schatten der Bäume*

Yalestra

Sie hatte die Tage nicht gezählt, die sie in Ketten verbracht hatte. Sie hatte vergessen wieviele Nächte sie im Stehen verbracht hatte. Er war der einzige der Kontakt zu ihr hatte, der einzige der wusste wo sie war. Er brachte ihr Essen, trinken, er bestimmte, wann sie schlief, wann sie arbeitete. ER bestimmte alles. Seit dem Traum war sie still geworden. Sie tat, was er ihr sagte. Vielleicht überraschte sie ihn damit, vielleicht auch nicht. Die Bilder ihres Traumes hatten sich weit und unauslöschlich in ihren in den Tiefen so labilen Geist gegraben. Er nahm sie mit in die Bibliothek, er gab ihr Wein zu trinken und gutes Essen. Und am Ende musste sie sich eingestehen, das es zumindest besser war, als ohne Dach über dem Kopf sinnlos über die Straßen zu ziehen. Mit der Zeit, in der sie gefügiger wurde, kamen weitere "Freiheiten" dazu. Sie bekam andere Kleidung, feine silberne Fußreifen, eine Maske, die ihr Gesicht verdeckte.
Er ließ sie von sich erzählen und sie - verschwieg nichts. Sie erzählte ihm, was sie war, wie es dazu gekommen war. Sie erzählte ihm von ihrem inneren Schmerz.
Sie erzählte ihm von den Personen, von denen er sie wissen ließ, das er sie in ihrem Geiste bereits einmal sah. Und dann nahm er sie mit in einen Raum an der Seite der Bücherei. Es schien ein Beschwörungsraum zu sein. Und dort befahl er ihr, sich die Person vorzustellen, die ihr am meisten Seelenqual bereitete. Es war eine Person, die ihr einst mehr als am Herzen gelegen hatte. Und er erschuf eine Illusion.. und befahl ihr, ihren Schmerz, ihren Zorn daran auszulassen. Beinahe schwarz wirkten ihre Augen, als der Zorn, die Wut, der Schmerz und die Enttäuschung Luft machten und sengende Strahlen aus ihren Fingerspitzen schossen, um die Illusion zu töten. Eine weitere Person stellte sie sich vor.. auch jene fand ihr Ende, zerfiel unter den entziehenden Strahlen zu Staub. Und dann beschwor er eine lebende Kreatur, einen Goblin, nutzte ihre angestaute Wut, ihren Hass, ihren Zorn.. sie folterte das grünhäutige Wesen zu Tode.. und empfand keine Reue. Sie fühlte sich müde, nachdem es geschehen war, sie fühlte sich erschöpft - und sie fühlte sich befreit. War dies ein Schritt zu einem neuen Weg, zu einem neuen Leben? Seine Worte kündeten von seiner Zufriedenheit.. und wenn ihr Herr zufrieden war, hatte sie ein ruhigeres Leben. Sie war stur und rebellisch - doch sie war nicht dumm. Sie lernte. Und sie wusste, das sie hier schnell lernen musste, wollte sie überleben.

In den tiefsten Tiefen ihres Geistes jedoch hielt sich ihr Wille - und der Rebellismus. Wann würde er wieder hervorzubrechen drohen...?
Kaz Hiskari - "Was glotzt du so? Aufs Maul!?"
Ny'zara Kennyr'plith - *huscht in den schützenden Schatten der Bäume*