[Felinn] - Finde die Wildnis in dir

Started by Ickedu, 27. Juli 2010, 09:51:13

« vorheriges - nächstes »

Ickedu

Javan konnte den Blick einfach nicht von Felinn abwenden. Doch sein Blick war nicht nur fasziniert... auch eine Spur von Misstrauen lag wie immer wenn er sie ansah in ihm. Felinn war irgendwie einfach nicht normal. Zwar trug sie wie er selbst auch die gewöhnliche leichte Lederkleidung der Grenzwächter, die deutlich ihren schlanken, und trotz ihrer 21 Jahre noch ein wenig mädchenhaften Körper zeigte, und hatte wie es sich gehörte den kurzen Bogen in einer Schlaufe auf dem Rücken und den Dolch im Gürtel, die beide so angebracht waren, dass man möglichst nicht im Gebüsch hängen bleiben konnte.
Ihre blonden Haare jedoch schimmerten im Zwielicht des Waldes, hier noch mehr als sonst wenn man ihr im Dorf begegnete, und leuchteten immer wieder golden auf, weit stärker, als die paar Sonnenstrahlen die ihren Weg durch das dichte Blätterdach fanden es bewirken konnten. Überhaupt waren ihre Haare, die auf seltsame Weise immer wie von selbst verschiedene Farben zwischen grau, leuchtenden Rottönen und strahlendem goldblond anzunehmen schienen oft Thema von heimlichen und weniger heimlichen Gesprächen und Lästereien der Leute im Dorf.
Und wenn sie sich bewegte... Jeder der zum Grenzwächter ausgebildet wurde lernte, sich im Wald sicher und ungesehen zu bewegen, doch bei Felinn... hatte nicht nur er immer das Gefühl, einer Raubkatze zuzuschauen, wie sie unhörbar und trotzdem mit erstaunlicher Geschwindigkeit auch durch das dichteste Unterholz huschte... und bei der man nie wissen konnte, was sie als nächstes tun würde, oder wann sie sich plötzlich umwenden und einen anfallen würde...

Durch seine Betrachtungen abgelenkt trat Javan auf einen kleinen Zweig am Boden, der durch sein Gewicht zerbrach... das Knacken schien in der Stille des Waldes laut als ob ein ganzer Baum fallen würde. Sofort drehte sich Felinn um und warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu, jedoch ohne die Geschwindigkeit zu verringern oder ihrerseits lautere Geräusche zu machen.
Javan murmelte leise eine Entschuldigung und richtete seine Aufmerksamkeit wieder mehr auf die Umgebung.
Doch anders als Felinn, die hier im Wald erst richtig aufzuleben schien, war er nicht für den Wald geboren. Außerdem hielt er sowieso nichts von den stundenlangen, sinnlosen Rundgängen an den Grenzen des Dorfgebietes. Diese Sicherheitsmaßnahme war doch nur ein Überbleibsel aus längst vergangenen Tagen, in denen die Thay noch eine Gefahr dargestellt hatten, als diese noch die Grenzgebiete Aglaronds geplündert hatten, Dörfer überfallen und niedergebrannt hatten, und Sklaven genommen hatten. Doch unter der starken Hand der Simbul waren diese Tage längst vorbei, ja, es lebten sogar ein paar Thay friedlich im Dorf, handelten mit magischen Gegenständen und lehrten den Leuten alle möglichen neue Dinge.
Nur ein paar der alten, schon senilen Greise im Dorf warnten noch vor den Thay und deren angeblichen bösen Absichten, und zwangen die jungen Rekruten dazu, die alten Rundgänge noch nach ihrem Training im Dorf weiter fortzusetzen. Und  Felinn gehörte zu den wenigen Leuten die ihnen noch zustimmten, und unverhohlen möglichst viel Abstand zu den Thay hielt, was ihr oft unfreundliche Blicke einbrachte. Auch unter ihren Altersgenossen, die längst die Vorteile für das Leben im Dorf erkannt hatten welche die Anwesenheit der Thay mit sich brachte, hatte sie sich deshalb sehr unbeliebt gemacht. Einige traten ihr inzwischen sogar mit offenen Feindseligkeiten entgegen, stellten ihr Hindernisse in den Weg wo sie konnten und machten ihr das Leben schwer. Doch auch Felinn nahm wenn es um diese Dinge ging kein Blatt vor den Mund, und so war es sogar schon vorgekommen, dass es nach ausartenden Diskussionen unter den jungen Grenzwächtern zu Handgreiflichkeiten gekommen war, bei denen Felinn häufig als Verlierer mit ordentlichen Schrammen oder anderen leichten Verletzungen zurückblieb. Doch schien sie das nicht wirklich zu beeindrucken, und bei der nächsten Gelegenheit tat sie ihre Meinung genau so laut kund wie bisher. Nur... manchmal schien es ihm, als ob sie allgemein langsam stiller werden würde und immer weniger den Kontakt zu den anderen suchen würde.
Ganz so weit ging die Abneigung gegenüber Felinn bei Javan zwar nicht, doch er musste den Anderen schon Recht geben. Seit die Thay im Dorf waren, ging es den Leuten besser. Die Thay hatten magische Gegenstände gebracht die das Leben einfacher machten, bessere Werkzeuge für die Handwerker, neue Methoden der Landwirtschaft und der Lebensmittellagerung und -verarbeitung. Lauter Dinge, durch welche die letzten Jahre wesentlich lebenswerter geworden waren als das noch vorher der Fall war. Nur wenige wollten auf diese Dinge wieder verzichten. Doch schien das in die Köpfe nicht hineinzugehen. Vor allem in die der Alten, aber auch ein paar anderer Leute die deren Meinung waren und zu denen auch Felinn gehörte. Und sollten diese noch mehr auf ihre Seite bringen, könnte das neue, gute Leben vielleicht sogar in Gefahr sein.

-

Felinn war froh, heute auf Kundschaft sein zu dürfen. Das Dorf wurde ihr immer unangenehmer, mit den vielen Leuten, die alle irgendwie nur vor sich hin lebten und immer den bequemsten Weg haben wollten, ohne zu bemerken, was sie sich damit einhandelten. Außerdem war sie so wenigstens einen Tag vor den Nachstellungen der anderen sicher.
Und sie war froh, heute mit Javan unterwegs zu sein. Zwar war er nicht gerade der beste Kundschafter und schien oft nicht ganz bei der Sache zu sein, aber immerhin begegnete er ihr nicht mit so viel Abneigung wie viele ihrer anderen Kameraden es taten. Zwar konnte sie auch bei ihm die wachsende Abneigung spüren, doch immerhin war sie sich bei ihm noch sicher, dass er ihr nicht ihren Teil des Proviants vorenthalten würde, irgendwelche Dinge in ihre Trinkflasche geben würde, oder irgendetwas der anderen zahlreichen Dingen, die den anderen schon eingefallen waren.
So konnte sie den Wald wenigstens ein wenig genießen. Wenn sie unterwegs war... in den Wäldern, egal ob bei strahlendem Sonnenschein oder in strömendem Regen, ob auf bequemen Wegen am Waldrand, durch das dichteste Unterholz oder an Bächen entlang... dann fühlte sie sich frei. Dann fühlte sie sich zu Hause. Hier schien sie hin zu gehören. Und hier ging es ihr gut.

Viel zu schnell war die Nacht hereingebrochen und der Weg der beiden Kundschafter näherte sich wieder dem Dorf. Wie immer hatten sie nichts Verdächtiges gesehen, alles in den Wäldern war ruhig. Schon konnte sie den Rauch der Kochstellen riechen, als sie plötzlich doch ein ungewöhnliches Geräusch hörte. So spät am Tag sollte hier niemand mehr unterwegs sein, doch sie konnte menschliche Geräusche hören -  ein wenig Abseits des Weges der in das Dorf führte.
Sie hielt an, hob warnend die Hand um Javan darauf aufmerksam zu machen und lauschte in den Wald. Dieser hatte das Geräusch nicht bemerkt, doch er wusste, dass auf Felinns Gehör Verlass war, und so hielt auch er an und lauschte lautlos in den Wald.
Einige Momente später konnte er es dann auch hören. Menschen, eine ganze Gruppe musste es sein, die sich leise irgendwo vor ihnen am Weg niedergelassen hatten. Felinn und Javan gingen vorsichtig weiter, näherten sich leise der Gruppe, um herauszufinden, was hier vor sich ging.
Doch sie schienen erwartet worden zu sein, denn noch bevor sie die Leute ganz erreicht hatten konnten sie auch hinter sich leise Geräusche hören, wie wenn sich jemand an sie anschleichen würde. Sofort hielten die beiden an und zogen ihre Dolche, als hinter ihnen auch schon ein Pfiff zu hören war, auf den hin sich von allen Seiten her plötzlich Leute näherten. Sie waren in einen Hinterhalt geraten.

Angespannt starrte Felinn in die Dunkelheit, um ihre Gegner erkennen zu können. Die Angespanntheit schlug in Verwirrung um, als die Leute, die inzwischen einen Kreis um die beiden gebildet hatten, kleine Öllampen enthüllten. Felinn konnte ihre Altersgenossen und Kameraden erkennen.
Ihr war die Sache ganz und gar nicht geheuer. Was wollten die von ihr und Javan? Warum hatten ihre eigentlichen Kameraden sie vor dem Dorf abgefangen? Sie ließ den Dolch langsam sinken, behielt ihn aber vorsichtshalber in der Hand und schaute angespannt im Kreise der Leute herum, in deren Gesichtern sie alles andere als Freundlichkeit erkennen konnte.

,,...Javan! komm weg von ihr!" konnte Felinn eine Stimme aus dem Kreis hören, und ein paar Hände griffen nach ihrem ebenso verblüfften Begleiter und zogen ihn unsanft von ihr weg, hinter den Kreis der Leute, aus ihrem Blickfeld hinaus.

Wieder griff sie den Dolch fester, drehte sich langsam im Kreis, um alle ihre Gegner sehen zu können und musterte jeden einzelnen, ihre Augen funkelten zu allem bereit und auf ihre Haare hatten sich dunkle Schatten gelegt.
,,Was wollt ihr von mir?" brach sie schließlich mit leiser, angespannter Stimme die Stille.
Im Kreis hinter ihr erklang ein kaltes Lachen, und schließlich eine Stimme. Felinn drehte sich mit einem schnellen Ruck um, um den Sprecher sehen zu können. Es war Mensel, einer der etwas älteren Grenzwächterrekruten, ein Mann, mit dem sie sich schon öfter in die Haare gekommen war.
,,Was wir wollen?" wieder lachte er kalt.
,,Ich denke, du weißt es ganz genau. Wir wollen, dass du endlich aufhörst, uns das Leben zu erschweren. Dass du aufhörst, gegen unsere Gönner und Helfer zu arbeiten, dass du endlich einsiehst, dass die alten Lehren überholt sind und nicht mehr gelten, und dass du aufhörst, den Worten der Greise zu folgen. Damit wir so leben können, wie es uns zusteht."
Felinns Blick verfinsterte sich noch mehr, und ein rotes Schimmern mischte sich zwischen die Schatten ihrer Haare. Daher also wehte der Wind. Die Thay mussten ihre Kameraden angestachelt haben, endlich etwas gegen Felinn zu unternehmen, den Störenfried, der ihnen noch Widerstand entgegenzusetzen wagte. Und danach zu urteilen wer alles gekommen war um sie zu empfangen, hatte es wenige gegeben, die weit genug schauen konnten, um zu erkennen was die Thay wirklich vorhatten.
Fast einem Fauchen gleich erwiderte Felinn: ,,Dann haben die Thay euch also endgültig mit ihrem Gift durchdrungen, euch euren Verstand geraubt und euch mit ihren Lügen für sich gewonnen?"

Schon zog Mensel seine Waffe und schien auf sie losstürmen zu wollen, doch ein paar seiner Kameraden hielten ihn zurück, und so fuhr er sie nur wütend an:
,,Lügner nennst du sie? Diejenigen, die uns endlich geben können was wir brauchen? Du denkst wirklich noch, sie wären das Übel? Ich verrat dir was. DU bist hier das einzige Übel, das uns um alles bringen will!"
Felinn atmete tief durch. Schon zu oft hatte sie das gehört und festgestellt, dass an diesem Punkt jede Diskussion sinnlos war. Also ging sie ohne zu antworten los, auf eine kleine Lücke im Kreis der sie umgebenden Leute zu. Doch irgendwoher kam die Aufforderung:
,,He! Haltet sie auf. Dieses Mal wird es nicht so einfach vorübergehen!"
Und der Kreis schloss sich. Als Felinn trotzdem versuchte den Kreis zu durchdringen wurde sie von einigen starken Händen festgehalten. Sie begann, nach ihren Gegnern zu schlagen um sich frei zu machen, und ohne dass irgendwer wusste wie es wirklich dazu kam wurden Waffen gezogen, und Felinn ging unter dem Hagel der Schläge, Hiebe und Tritte der wütenden Meute zu Boden und verlor schließlich das Bewusstsein.

Als Felinn wieder zu sich kam fand sie sich abseits des Weges in einem dichten Gestrüpp wieder. Der Morgen war schon angebrochen, der Tau hatte ihre Kleider durchnässt und sie zitterte und bebte am ganzen Körper. Langsam versuchte sie sich aufzurichten, doch teilweise stark blutende Wunden am ganzen Körper hatten ihr alle Kräfte geraubt, und zahlreiche Blutergüsse und Prellungen nahmen ihr die Kontrolle über ihren Körper. Mit einem Aufstöhnen verschwamm die Welt um sie wieder im Dunkel der nächsten Bewusstlosigkeit.
Erst scheinbar endlose Zeit später schaffte sie es, sich irgendwie zu einem nahe gelegenen Bachlauf zu schleppen und ihren Körper mit dem frischen Wasser wiederzubeleben.
Felinn - Zurück zur Wildnis

"So habe er vns mit diesem Machwerke fverderhin gebracht zvm Rollen avf dem Flvre"

Ickedu

Knapp erholt Felinn sich wieder, verlässt die Gegend ihres Heimatdorfes und wandert auf sich selbst gestellt, von der ,Zivilisation' vertrieben durch den Yuirwald. Immer mehr lernt sie das freie, wilde Leben im Gegensatz zu dem was sie in ihrem Dorf erleben musste zu schätzen. Sie trifft in der nächsten Zeit auf andere Leute und Wesen die wie sie nur im und vom Wald leben, und erfährt schließlich von den Hütern der Wälder, den Wildrunnern, und beschließt, dass sie zu einem Mitglied des Rudels werden möchte. Schließlich erreicht sie das auch und wird in einem Aufnahmeritual selbst zu einem Wildrunner.
Von dem Rudelführer bekommt sie als ihr Revier ein Gebiet an der Küste in der Nähe der Stadt Rayona zugeteilt und wandert also dort hin.

In der dann folgenden Zeit versucht sie, sich in ihre neue Rolle einzuleben. Sie möchte alles menschliche von sich abschütteln und komplett ohne die Errungenschaften der Zivilisation leben. So verzichtet sie größtenteils auf die schützende Stadt, Haus, Werkzeug und sogar Kleidung, und soweit es irgendwie geht auch auf Waffen und Feuer. Das alles ist aber doch zu viel für sie, und sie wird schwer krank.


-

Felinn lag wieder in der kleinen Felsnische am Moor, die ihr ein wenig Schutz vor Wind und Wetter bot, und die sie sich ihren Bedürfnissen entsprechend hergerichtet hatte: etwas weiches Moos auf dem Boden, einen kleinen Nahrungsvorrat unter einem Gebüsch in der hinteren Ecke der Nische versteckt, ein zusammengerolltes hergerichtetes Fell für die kalten Tage und neben ihr ihren einfachen Kurzbogen und den Jagddolch. Nicht mehr und nicht weniger.
Gerade hatte sie ihren Dolch wieder zur Hand genommen, um das eben erlegte Kaninchen zu zerlegen, als wieder einmal ein Hustenanfall sie ergriff, so dass ihr das Werkzeug aus den Händen fiel. Keuchend schleppte sie sich an den nahe gelegenen Teich um einen Schluck zu trinken und den Husten loszuwerden. Doch nur langsam konnte sie sich beruhigen.
Als sie ihren Atem wieder zurück hatte, setzte sie sich an das Ufer und schaute still in die Richtung des alten Steinkreises. So vieles war dort geschehen, und ein bisschen fühlte sich die Umgebung schon wie Heimat an. Doch... es war auch alles schwieriger gewesen, als sie es sich jemals vorgestellt hatte. Der Winter war der kälteste und längste gewesen, den sie jemals erlebt hatte – zumindest kam es ihr so vor. Und er hatte seine Spuren an ihr hinterlassen. Obwohl es schon wieder fast einen Monat nach Frühlingsbeginn war, hatte ihr Körper sich nicht ganz erholt. Ihre frühere Stärke und Geschick waren nicht zurückgekehrt, und der Husten wurde von Tag zu Tag schlimmer. Langsam war Felinn sich nicht mehr sicher, ob sie die Sommersonnwende überhaupt noch erleben würde.
Das leise Brechen eines Zweiges riss sie aus ihren Gedanken. Jemand näherte sich. Schnell erhob sie sich, um in ihrer Nische Schutz zu suchen... und prallte beinahe gegen eine Gestalt, die direkt hinter ihr stand.
Den möglichen Feind fest im Blick schossen ihr Gedanken durch den Kopf. Wieso hatte sie ihn nicht früher gehört? War ihr Gehör auch schlechter geworden? Auch hatte sie ihn noch nie in der Gegend gesehen. Ein Mann, zierlich gebaut, seine Ohren ein wenig spitzer als die eines Menschen, vom Wetter gegerbtes Gesicht, ein Halbelf, in einen einfachen abgenutzten Umhang gehüllt, einen gespannten Langbogen in der Hand. Und seine Augen blitzten ihr entgegen. Doch das war nicht der ängstliche Blick leichter Beute, den sie bei den einfachen Leuten hier so oft gesehen hatte, noch mehr, je näher sie der Stadt kam. Nein, das waren die funkelnden Augen eines Jägers, der sich seiner Überlegenheit bewusst war.
Rasch zog sie sich ein paar Schritte zurück, in eine für sie schon fast ungewohnte Abwehrhaltung geduckt, und lies ein leises Fauchen hören.

Doch ihr Gegner blieb regungslos an seinem Platz, während sein Blick sie  durchbohrte, als wolle er in ihre tiefsten Geheimnisse schauen.
Endlose Augenblicke vergingen... bis der Jäger plötzlich anfing herzhaft zu lachen. Verwirrt machte Felinn abermals einen Schritt zurück, doch auch wenn sie hier die Beute war, schien ihr Gegenüber ihr zumindest vorerst nichts tun zu wollen, und so entspannte sie sich ein wenig, auch wenn ihr Blick weiter mit höchster Aufmerksamkeit auf ihn gerichtet blieb.
Es brauchte eine Weile, bis der Fremde sich beruhigt hatte, dann jedoch machte er ein paar langsame Schritte in ihre Richtung: ,,Lass mich raten.... du musst Felinn sein?"
Felinn schaute ihn nur weiter still und forschend an, und immer noch mit einem Schmunzeln auf den Lippen sprach er weiter: ,,Nun schau mich doch nicht an, als wäre ich der Herr der Bestien persönlich. Ich habe dich gesucht. Und was die Mentoren unseres Rudels über dich gesagt haben war wirklich zutreffend..."
Sein Schmunzeln verschwand, als er Felinns schmächtige Gestalt genauer musterte. Mit eingefallenen Wangen, abgemagerter Gestalt, einer Haarfarbe die schon mehr ins grau als ins blond ging und ebenso grauer, ledriger, aufgeschürfter Haut machte sie schon fast den Eindruck einer Sterbenden. ,,...und auch ihre Sorge um dich scheint nicht unbegründet zu sein."
Wieder musterten die beiden sich eine Weile wortlos, doch der Jäger schien nicht wirklich eine Antwort von Felinn zu erwarten. Schließlich ging er langsam los: ,,Komm, lass uns drüben an dem Steinkreis ein wenig.... plaudern."
Felinn wartete noch, bis der Mann ohne sich nochmals umzuschauen zwischen ein paar Büschen verschwunden war und folgte ihm dann langsam.

Am Steinkreis war es friedlich wie immer. Ein Stück weiter weg streiften wie meistens die drei Panther umher und ließen sich nicht weiter von der Anwesenheit des Menschen und des Halbelfen stören, die ein paar Schritte außerhalb des Steinkreises auf dem Boden saßen und sich schweigend anschauten.
Felinn war sich immer noch nicht sicher, was sie von ihrem Gegenüber halten sollte. Gut, er wusste, wer sie war, er schien das Rudel zu kennen, wahrscheinlich war er sogar einer der ihren. Doch sollte sie ihm wirklich trauen? Was wollte er von ihr? Was wollte das Rudel von ihr? Hatte sie ihre Aufgaben nicht erfüllt? Hatten sie beschlossen, dass Felinn als einfacher Mensch doch nicht zum Rudel passte?
Ihre Überlegungen wurden wieder einmal unterbrochen von einem der häufiger werdenden Hustenanfälle, die ihr den Atem raubten und ihren ganzen Körper marterten.
Der Mann beobachtete sie jedoch weiter nur ruhig und lies sich angesichts ihres Leidens keine Regung anmerken. Erst als sie wieder Luft bekam sprach er sie mit ruhiger Stimme an: ,,Die Hälfte eines Mondeslaufs... wenn du stärker bist als ich vermute vielleicht auch ein ganzer. Spätestens dann bist du tot."
Felinn lief bei seinen Worten ein kalter Schauer über den Rücken... doch eigentlich wusste sie es schon lange. Sie hatte ihrem Körper zu viel zugemutet. Langsam nickte sie zustimmend, weiter ohne ein Wort zu sagen.
Der Mann lies ihr ein paar Momente zum Nachdenken, bevor er weiter redete...

Und er sprach lange mit der jungen Frau, auch wenn er nur sehr selten ein paar Worte von ihr als Antwort bekam.

Schließlich stand er auf und ging langsam los. Felinn blieb ruhig sitzen und schaute ihm nach.

Doch nach ein paar Schritten drehte der Halbelf sich nochmals herum:
,,Ach ja.... warum ich eigentlich gekommen bin: Ich soll dir ausrichten, dass eine unserer Schwestern deine Hilfe braucht. Du... solltest dich beeilen, damit du noch bei ihr ankommst, solange du am Leben bist. Es geht um Kes'ya. Du kennst  sie schon von früher. Melde dich einfach bei ihr. Und... ich denke, sie kann dir vielleicht auch noch ein bisschen etwas beibringen. Sie ist sehr erfahren in Kräuter- und Heilkunde."
Die Hand zum Gruß hebend wandte er sich wieder von Felinn ab und verschwand ein paar Augenblicke später im Wald.
Felinn - Zurück zur Wildnis

"So habe er vns mit diesem Machwerke fverderhin gebracht zvm Rollen avf dem Flvre"

Ickedu

#2
Schlangenjagd

Langsam und vor allem mit offenen Augen ging Felinn am Maar entlang, in Richtung der Ruinen. Die Sonne war gerade am untergehen, und färbte den ganzen Himmel in fast allen vorstellbaren Farben, von Blau über blasses Grün, leuchtendes Gelb und feuriges Rot bis hin zu einem fast unnatürlich wirkendem Violett. Ein Schauspiel, das sie immer wieder faszinierte, das aber auch darauf hindeutete, dass die kalte Jahreszeit unaufhaltbar näher kam.
Wie immer hatte Fleinn ihren Bogen nebst Köcher auf dem Rücken und einen einfachen Dolch im Gürtel. Außerdem war sie heute jedoch mit einem langen Ast 'bewaffnet', der am Ende eine Gabelung hatte, um die sie außerdem mit einem dünnen Seil eine Schlinge gelegt und das Seil dann am Ast entlanggeführt hatte, so dass sie die Schlaufe mit der zweiten Hand zuziehen konnte.

Während sie langsam vorwärts kam versuchte sie, sich die Lektionen ihrer Lehrerin in Erinnerung zu rufen:
Die Lanzenotter... wird 2 bis 4 Fuß lang, Weibchen sind wesentlich größer als Männchen. Nachtaktiv. Leben größtenteils auf dem Boden, manche Arten aber auch in Bäumen. Spüren ihre Beute mit den Augen und ihrem Geruchssinn auf, nehmen aber auch Schwingungen des Bodens gut war, um die Annäherung von Feinden zu bemerken. Besitzen ein Gift, welches die betroffenen Gliedmaßen langsam absterben lässt. In sehr verdünnter Form kann es aber die Wundheilung begünstigen.

Außerdem waren die Lanzenottern wie alle Schlangen auf die Wärme der Sonne angewiesen, so dürften sie bei diesem Wetter nur noch am frühen Abend akiv sein, und müssten schon langsam etwas träger werden, so dass sie einfacher zu fangen waren.

Also würde Felinn nur noch genügend der Schlangen finden müssen, um eine Menge an Gift zu bekommen, mit welcher der Gnom etwas anfangen konnte. Sie zog die Phiole heraus, die sie von dem Kleinen bekommen hatte, und musterte sie einen Moment. Sie war nicht sehr groß, drei oder vier Schlangen dürften ausreichen. Eine Menge, die an einem Abend schaffbar war.
Wieder steckte sie die Phiole weg, um sich noch mehr auf den Weg zu konzentrieren, und den sowieso leisen Schritt ihrer nackten Füße noch mehr zu dämpfen, um die Schlangen nicht vorzeitig auf sich aufmerksam zu machen. Der Wind kam aus Westen, also würde sie auch eher westlich von sich nach Schlangen Ausschau halten, so dass die Schlangen sie nicht wittern konnten.

Wenig später kam sie an der großen Ruine an... das musste einmal ein Treffpunkt für die Bewohner gewesen sein, aber Felinn konnte sich nicht wirklich vorstellen, wie das ausgesehen haben könnte, als es noch bewohnt war. Doch der Boden war hier an vielen Stellen noch mit Steinen belegt, welche die Wärme des Tages speicherten. Ein beliebter Wärmeplatz für Reptilien aller Art.
Aufmerksam schaute Felinn sich um und lauschte nach dem charakteristischen leisen Schleifgeräusch und zischeln, das eine Schlange typischrweise machte. Nur ein paar Momente später konnte sie das ersehnte Geräusch auch tatsächlich hören, und als sie ihm vorsichtig folgte, fand sie eine Schlange hinter einem kleineren Felsblock liegen, teilweiße zusammengerollt. Und die Zeichnung der Schlange verriet ziemlich eindeutig eine Lanzenotter. Nobanion musste ihr heute wohl gesonnen sein. Langsam näherte sie sich nochmals ein paar Schritte, bis die Schlange in Reichweite ihres Astes war. Mit einer langsamen Bewegung holte sie etwas aus.... bevor der Ast blitzschnell nach vorne schnellte, so dass die Schlange kurz unterhalb ihres Kopfes zwischen Astgabel und Boden festgedrückt wurde. Ein kurzes Rütteln und Drehen, und die Schlaufe legte sich um den Kopf der Schlange. Schnell zuziehen, und das giftige Tier war sicher festgehalten, so dass es nur noch wild mit dem Schwanz schlagen konnte, die gefährlichen Zähne aber unter Kontrolle waren.
Vorsichtig griff Felinn die Schlange mit der anderen Hand am Kiefergelenk, so dass die Schlange keine Wahl hatte, als den Mund weit aufzusperren. Rasch drückte sie die Schlange dann an den Giftzähnen auf die Phiole, so dass langsam einige tropfen Gift herausrannen und sich in der Phiole sammelten. Als sie ihrer ersten Beute genug Gift abgenommen hatte, setzte sie das Tier wieder auf den Boden und löste die Schlinge. Schnell verschwand die Schlange in einem nahen Loch, und Felinn schaute ihr lächelnd hinterher.

Die Erste geschafft!
Felinn - Zurück zur Wildnis

"So habe er vns mit diesem Machwerke fverderhin gebracht zvm Rollen avf dem Flvre"