[Melcher] Des Kwasirs neue Scheiben

[Sanvean]

(dient der Dokumentation des Auftrags)

Tag 1

Zunächst nahm Melcher das Anwesen Kwasirs in den Blick, ging von außen um das Gebäude herum und nahm die Fenster in Augenschein - alles unter dem wachsamen Blicken der Walder. Innerlich ächzte er leise bei der Menge an Fenstern und dem Gedanken an die Sonderwünsche des exzentrischen Mannes. Bunte Zierfenster wollte er haben, in allen nur erdenklichen Farben.
Nach außen hin die fachmännische Fassade wahrend, überschlug er schnell die Menge an Rohstoffen, die für die Verglasung eines Anwesens dieser Größe nötig wären. Mindestens ein paar Wagenladungen Sand, dazu das Holz zum Befeuern der Öfen, Farbstoffe und der restliche Kleinkram: Leinöl und Terpentin zum Verkitten der Fenster, Blei-Einfassungen und Metallgriffe zum Öffnen. Jedoch - und das schien ein kleiner Lichtblick zu sein - waren die bisherigen Fenster von annehmbarer Qualität, so dass man einen Teil von ihnen wieder neu einschmelzen konnte.

Kurze Zeit später kommt er mit einer Leiter und einem Zollstock wieder und beginnt das Ausmessen der Scheiben. Eines der Fenster würde er auch schonmal aus den Scharnieren lösen...Wie jeder gute Handwerker machte er auch viel geschäftigen Lärm, Hautpsache es tat sich für alle sichtbar etwas.In der Werkstatt machte er sich an die ersten Vorbereitungen.


Tag 2

Der Sack Scherben befand sich noch dort, wo Melcher ihn verstaut hatte: sorgsam hinter einem Klafter Holz versteckt. Vorsichtig schüttete er ihn aus und ein Mosaik bunter Farben ergoß sich auf den Boden seiner Werkstatt. Hier und dort erkannte man ein Auge und ein Teil eines Gesichts - vermutlich das von Tyr, so genau hatte er am Tempel nicht darauf geachtet. Er kreuzte Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand und murmelte ein Stoßgebet - die Götter würden es ihm sicher nicht übel nehmen, denn was hätte er auf die Schnelle tun sollen?
Ein kurzes Lächeln huschte über seine Mine, als er die Scherben nach Farben sortiert in die Schmelzwannen legte: das Kwasir nun einen eingeschmolzenen Tyr im Schlafzimmerfenster haben würde...auch eine Form von Rache für seinen Schlägertrupp.
Er bedeckte die Scherben noch mit dem weißen Sand aus Hammerhütte und einer genau abgemessenen Mischung aus Asche und Kalk und schob die Wannen in den Ofen.

Mehr als ein wenig Zeit hatte er über diese Methode jedoch nicht gewonnen. Schließlich ging es um ein gutes Dutzend Fenster. Doch das erste ließ sich damit schonmal herstellen.

Mit einer Glasmacherpfeife formt er zunächst mehrere glühende Glaskugeln verschiedener Farben, die er nach einer gewissen Größe von dem Ende der Pfeife abtrennt. An der Stelle, wo das Ende der Pfeife war, bleibt eine kleine Öffnung. Nach dem Auskühlen befestigt er sie mit einem Tropfen der Schmelze am Ende eines Metallstabes, mit der Öffnung nach außen. Zufrieden besieht er sich sein Werk, zumindest die von Kwasir gewünschten Farben waren alle abgedeckt.

Der nächste Schritt könnte für den Beobachter fast etwas von einem Gauklerkunststück haben: Eine nach der anderen hält Melcher die Glaskugeln in den heißen Ofen und zieht sie nach einer Weile hervor. Dann hält er den Metallstab senkrecht und dreht ihn zwischen den beiden flachen Händen, fast als würde er einen Teller auf einem Stab balancieren. An der Stelle der kleinen Öffnung "blüht" eine Kugel nach der anderen auf und wird flacher und flacher, bis sie schließlich durch die Schleuderkräfte mehr und mehr zu einer flachen Scheibe von ca. Armlänge wird. Diese walzt er schließlich noch, um eine gleichmäßige Dicke zu erreichen.

Nach dem Zuschneiden und Abkühlen der verschiedenen Glasscheiben hat Melcher bald eine Fensterscheibe unterschiedlicher Farben, die durch Bleieinfassungen voneinander abgegrenzt sind. Zufrieden besieht er sich sein Werk. Kwasir wollte einen eigenen Tempel...und den bekam er im Grunde jetzt auch.