[Felinn] Wilde Träume

Started by Durgarnkuld, 14. Mai 2011, 13:46:21

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Durgarnkuld

Die Zeiten waren rau geworden und die Ereignisse schienen sich mehr und mehr zu überschlagen. Was genau dahinter steckte, wo das alles enden sollte. Das waren Fragen, die wohl bislang keiner wirklich beantworten konnte.
Als Felinn ermüdet von einem weiteren Tag dieser Welt sich an ihrem Lager zur Ruhe begeben würde, fand sie recht schnell in tiefen, tiefen Schlaf. Mehrmals wälzte sie sich herum, hin und her, leicht zuckten die Hände und Füße im Schlaf, als würde sie laufen.

Und genau das Tat Felinn in ihrem tiefen Traum. Sie lief, nackt wie an ihrem Namenstag und völlig unbewaffnet, aber sich dennoch völlig geborgen fühlend, über einige Felsen und Vorsprünge, weiter und weiter zu reißenden Strömen, die hinab gen Tal rauschten. Ihre Füße waren mit festen Sohlen und so spürte sie kaum Stock noch Stein, während ihre Füße geschickt aufsetzten und sie weiter trugen. Ihr Haar wehte in einer Brise hinter sie und die Sonne stand hoch am Himmel, tauchte alles Land in einen sanft goldenen Schimmer.
Ein weiterer Behänder Satz und Felinn landete mitten auf einem glitschigen Felsen innerhalb des gewaltigen Stromes. Sie roch das Wasser, spürte die großartige Kraft des Nass, welches herunter strömte und einige Fisch, welche gegen den Lauf ankämpften. Sie war völlig ruhig und eins mit dem, was sie umgab, bis sie den Kopf umwandte und über das Land selbst blicken vermochte.
Es war ein urtümlicher Wald, soweit ihr Auge reichte, von allerlei mächtigen Bäumen geziert, die schon länger hier stehen mochten, als ihr Geschlecht zurückreichte. Viele kannte Felinn, aber einige wirkten auch so alt und beeindruckend, dass sie sich intuitiv sicher war, dass sie aus einer früheren Zeit stammten, einer Zeit von Wildnis und Jagd, von Einklang und Unbezähmtheit.
Vorsichtig bückte sie sich zu dem eiskalten Wasser, das in schnellen Bahnen herabströmte, um ein paar Schlucke zu nehmen und die ausgetrocknete Kehle zu befeuchten. Sie roch die Reinheit des Wasser, an welchem kein Mensch, kein Elf oder Zwerg sich jemals sonst zu schaffen gemacht hatte.
Nachdem sie sich wieder aufrichtete und die Hand gen ihrer Augen hielt, um jene vor der Sonne zu beschirmen, konnte sie in der Ferne jenes weitläufigen, vielleicht gar endlosen Waldes, etwas eigentümliches ausmachen. Dort schien die Sonne nicht die Bäume wirklich zu erreichen, die Stellen wirkten düsterer. Irgendetwas fühlte sich dort nicht richtig an, aber genau zu sagen, was, war schlicht nicht direkt möglich. Es war wie eine sanfte Ahnung.
Dann kitzelte ein vertrauter Geruch ihre Nase. Nasser Bär, ganz nahe.
Nachdem sich die Wildläuferin schnell umwandte, erkannte sie einen gewaltigen Bären hinter sich, der in den Fluten stand und einen Fisch nach dem anderen fing, um ihn herzhaft zu verschlingen. Er war nach ihrem gewöhnlichen Standard für Bären schlicht gewaltig, viel größer, als selbst die mächtigsten Druidengefährten, welche sie vielleicht einmal gesehen haben mochte. Das Fell war pechschwarz und die Augen waren tief braun, zeugten von einer Weisheit und einer seltsam anmutenden Intelligenz, wie sie Felinn sonst auch bei klugen Tieren wohl nicht wirklich kannte.
Der Gigant schnupperte in ihre Richtung. Doch verspürte Felinn keine Furcht oder den Drang zur Vorsicht. Irgendetwas sagte ihr, dass jener wilde Bär kein Feind war. Er hatte sich gütig getan an dem Fisch und kein Hunger würde ihn bewegen ihr ein Leid anzutun, waren sie doch beides Kinder dieser Wälder, wie sie es intuitiv erneut wusste.
Der Bär stemmte sich auf die Hinterpfoten und schnupperte erneut gen Felinn.

Kleine ... Löwin ... eile dich. Der ... Schatten ... zieht auf. Die ... Zeit ... des Grünen ist ... gekommen.

Die Worte drangen unverkennbar aus seiner Kehle, wenngleich er keine direkten Laute mit der Schnauze formte. Es war keine Sprache, die Felinn jemals gehört hatte, keine, welche ihr beigebracht worden war. Es war schlicht ein uraltes Verständnis zwischen den Kindern der Wildnis, etwas, das sie verband und älter schien, als alle anderen Spuren, welche sie in Seldaria je gesehen haben mochte. Der Klang war tief und volldröhnend.
Und so ließ er sich herunterfallen auf die mächtigen Tatzen und machte einen gewaltigen Satz, mit welchem er aus dem Wasser sprang, wobei die kleine, entstandene Welle kurz über Felinn schwappte und sie durchnässte. Wie ein Hund schüttelte sie sich schlicht und der Bär schien auf sie zu warten, dass sie ihm folgte.
~ Abi in pace ~

Ickedu

Das war ein Leben, wie es ihr gefiel! Ein Leben, wie sie es sich herbeisehnte, das sich so richtig anfühlte - und das ihr in wachem Zustand doch immer so fern und unerreichbar schien.

Doch all das zählte jetzt nicht, jetzt galt es nur..... zu Leben!

Und so folgte sie ihren Füßen einfach, wo sie die junge Frau hintrugen, bis auf den Felsen mitten im Fluss, und sie ließ sich sogar hinreißen, mehr spielerisch als wirklich um etwas zu fangen mit den Händen nach den Fischen im kristallklaren Wasser zu schnappen. Hatte sie nicht erst neulich genau davon geredet und geträumt....?
Doch das eiskalte Wasser ließ sie überrascht und freudig leise aufjaulen, wie kleine Nadeln piekste es alles was damit in Berührung kam so wunderbar, und so ließ sie die Fische erst einmal wieder in Ruhe und widmete sich dem grandiosen Ausblick.

Ja, das war ein Wald, wie sie ihn sich wünschte. Wild und unberührt, in weiter Ferne von allem das ihn zähmen oder unterwerfen wollte. Doch was waren das für Stellen im Wald? Sie... erschienen dunkler, als der übrige Wald, irgendwie.... sie konnte das Gefühl nicht genau beschreiben..... und sie hatte keine Zeit, weiter darüber nachzudenken, denn der Geruch eines anderen Wesens lenkte ihre Aufmerksamkeit in eine andere Richtung.

Schon beim ersten Blick, den sie auf den Bären warf, war sie von dem was sie sah in seinen Bann gezogen. Vor ihr stand ein Wesen, mächtig, wild und ehrfurchterweckend wie nichts was sie jemals gesehen hatte... ein Wesen, ihr so unendlich überlegen, dass sie sich selbst plötzlich völlig unbedeutend vorkam, und doch auch wieder so vertraut, als hätte sie es schon gekannt, bevor sie geboren worden war. Fasziniert beobachtete sie den Bären, und auch als dieser auf die kleine, unbedeutende Menschenfrau aufmerksam wurde, kam ihr nicht einmal der leiseste Gedanke an eine Flucht.

Und es konnte auch keinen Zweifel geben, dass seine Worte nicht wichtig und richtig wären. Jedes Misstrauen und jede Frage ihrerseits war unnötig. Und so zögerte sie nicht, schüttelte sich das Wasser ab, strich sich eine nasse Haarsträhne aus dem Gesicht und folgte dem Bären wortlos, wo er sie auch hinführen sollte.
Felinn - Zurück zur Wildnis

"So habe er vns mit diesem Machwerke fverderhin gebracht zvm Rollen avf dem Flvre"

Durgarnkuld

Und so setzten sie los.
Der Bär ging zu Beginn noch in dem üblichen, gemächlichen Passgang voran, begann jedoch dann nach und nach an Geschwindigkeit aufzubauen, ohne jedoch ein weiteres Wort zu verlieren. Unter normalen Umständen hätte Felinn dem Giganten von Fell und Kraft wohl niemals Schritthalten können. Aber sie spürte, wie sie ganz automatisch auf alle Viere niederging und behände neben ihm her hetzte, als würde eine große Beute auf die beiden warten, welche keine Zeitverzögerung duldete.
Der Schwarzbär entließ heiß seinen Atem bei der großen Anstrengung sich voran zu wälzen und auch Felinn spürte die Kosten dessen, spürte, wie ihre Muskeln Formvollendet sich beanspruchten, alles an Kraft aufboten, was ihr Körper hergeben konnte, um jene kleine Hetze durchzustehen. Warm stieß sie immer schneller die Luft heraus und sog gierig nach neuer, während frischer Schweiß sich auf ihrem Körper sammelte.
Schneller und schneller jagten die beiden durch das Unterholz, während es hier drunter kühler wurde. Das dichte Blätterdach hielt die meisten Strahlen der warmen Sonne draußen und daher war es kühl und eine willkommene Frische bei dem anstrengenden Lauf.
Erneut stahl sich ein Geruch in ihre Nase, vertraut und gefährlich. Automatisch wandte sie den Kopf zu ihrer Linken, wo sie ein kleines Rudel von Wölfen sah, welches einen mächtigen Elch umzingelt hatte. Sie spürte die Angst des eingekreisten Tieres, spürte, wie es bereit war um das Leben, welches ihm alles war, was es hatte, zu kämpfen. Es stand bereits der Geruch von Tod in der Luft und die Wölfe begannen über den Elch herzufallen. Felinn spürte auch ihre Eindrücke. Den Hunger, den so heißen und nagenden Hunger, der die Wölfe antrieb, der Instinkt jenen Elch, ihre Beute, zu reißen und zu verschlingen, so wie es die Natur von Anbeginn bestimmt hatte.
Doch wie der Kampf um das Leben ausging, welches beide Seiten mit Zähnen, Klauen und Hufen verteidigen wussten, das sah Felinn nicht mehr, denn schnell entfernten sie und ich bäriger Anführer sich von dem Geschehen.
Über sich hörte Felinn rauschende Schwingen und sobald sie den Kopf nach oben wandte, erkannte sie eine riesige Eule, welche mitten am Tag über die beiden Landgänger hinweg segelte. Die Schwingen waren von beachtlicher Spannkraft und das Gefieder weiß und braun. Die tödlichen Greifklauen waren leicht angezogen und hätten gewiss auch eine große Beute niederstrecken können.
Aber sie hatte es nicht auf Felinn abgesehen und auf den Bären ebenso wenig, sie setzte schlicht über beide hinfort und steuerte den beiden voran auf eine Lichtung zu.
Der Bär schnaufte schwer und brummte, wobei Felinn gut nachvollziehen konnte, was er fühlte, erging es ihr doch nicht anders.
Und dann waren sie endlich angekommen auf jener Lichtung. Hier war es angenehm und die Sonne konnte wieder mehr ihrer Kraft entfalten, doch warfen die gewaltigen Bäume, die so hoch gen Himmel ragten, noch große Schatten. Die Ohren von Felinn zuckten noch leicht, als sie die Geräusche des Waldes hinter sich ließ, all das Geraschel, Kratzen und Schaben.
Dann erklang von hinten ein Heulen und Felinn spürte, dass frisches Blut vergossen worden war. Die Wildnis hatte ein Opfer verlangt, um ein anderes Leben zu erhalten, so war der Lauf der Dinge, so war es bestimmt. Selbst über die große Entfernung konnte ihre Nase den sanften Duft von warmen Blut aufnehmen, wie er ihre Nase umspielte und verführen gedachte.
Doch der Bär ging weiter, trotz jenes Geruchs, den er zweifellos bereits vor ihr bemerkt hatte. Unwillkürlich wandte sie sich wieder ihm zu, während sie einige große Hirsche aus dem Unterholz treten sah.
In der Luft lag erneut Spannung, als die Tiere auf den Bären zutraten. Würde es zum Kampf kommen?
Die Hirsche waren selbst ebenfalls sehr groß und stattlich, wenn auch dem Bären nicht an Macht gewachsen. Letztlich trat ein herausstechender Hirsch hervor, der von schwarzer Farbe, im Gegensatz zu seinen braunen Brüdern, war und dessen Geweih mehr Enden zählte, als jene aller anderen.
Eine Weile verging nur Zeit und die Tiere traktieren sich, schabten ungeduldig mit den Hufen, während der Bär die Krallen in den Boden versenkte.
Sie waren Brüder der Wildnis, waren verbunden, aber doch waren sie anders, jeder auf seine Weise angepasst an das Leben und immer gab es den Kreislauf, er fortlief und andere Opfer forderte, um im Gange zu bleiben. Schließlich spürte Felinn, wie die Spannung abfiel und der Bär trat auf den Anführer der Hirsche zu. Erneut spürte sie, wie es nur gut und richtig war an die Seite des Bären zu treten, wohingegen sie doch wie ein Wicht wirkte.

Der ... Schatten zieht ... auf. Zerstörung ... sucht ... uns heim. Die Zeit ... des grünen ... Fürsten ist da.

Verkündete der Bär donnernd und grollend.
Der Schwarze Hirsch bedachte Felinn mit einem kurzen Blick, ehe er mit dem rechten Vorderhuf auf dem Boden schabte, als wolle er gleich angreifen, senkte jedoch nicht das Geweih.

Der Wind ... verkündete seinen ... Notwendigkeit.

Bestätigte jenes stattliche Wesen. Und einvernehmlich, ohne weiterer Worte, wandten sich die Hirsche um und sprengten mit großer Geschwindigkeit in die Wälder weiter, durch das undurchdringliche Meer von Wald, während der Bär ausschnaubte und gen Felinn herab sah.

Auf ... kleine Löwin ... zum Kreis ... der Steine.

Die gewaltigen Pranken stießen sich wieder ab vom dichten Gras, welches so statt grün war, wie Felinn es sonst nie sah, als wäre hier Leben so konzentriert überall zu finden, Leben und Tod, Seite an Seite, wie es der Kreislauf befahl.
Ein wenig Erdreich flog durch die Luft, als der Schwarzbär weitersprang und Felinn nach einem weiteren kurzem Umblicken ihm schlicht folgen musste, war es das richtige und genau das, was bestimmt war.
Am Himmel sammelten sich gewaltige Vögel, vielleicht Adler, wenn auch größer, als jeder lebendige, den sie jemals selber gesehen hatte. Es lag eine gewisse Spannung in der Luft, als würde der Wald selbst die Tiere versammeln an jenen Ort, dort, wo etwas geschehen sollte.
Und als Felinn wieder in die Schatten der Wälder eintauchte, umgeben von den Geräuschen der Wildnis, seiner vielen Gerüche von Tieren, Blumen, Gras, Blättern, allem was sie dort umgab, sah sie zu ihrer Rechten, weit zwischen den dicken Stämmen verborgen, welche sie niemals hätte umfassen können, etwas sehr dunkles, tiefer waren dort die Schatten, als sie es normal empfunden hätte. Und eine Kälte griff nach ihr, als sie nur den Blick dorthin wandte. Es war fern, ... aber doch so nah.
Eilig setzte sie daher weiter, folgte dem Bären, der die Richtung vorgab.
Oder tat er das?
Sie spürte es in sich. Den Instinkt, den tief verborgenen, von Menschen sonst schon verlernten, Instinkt, dass sie nun dorthin musste. Weiter durch den Wald, weiter durch die Wildnis, den anderen Bewohnern des Landes folgend, um jene Ankunft zu begrüßen.
~ Abi in pace ~

Ickedu

Und so trottete und jagte Felinn mit dem Bären mit, folgte ihm durch das dichte Unterholz, über Stock und Stein, die Äste schlugen ihr ins Gesicht und an den ungeschützten Körper, doch hier und jetzt schien ihr das nichts auszumachen. Nur einen Moment ging ihr ein kleiner, zweifelnder Gedanke durch den Kopf.... sie gehörte doch nicht in ein Rudel mit einem solchen Wesen? Oder etwa doch? Es.... fühlte sich zumindest in diesem Moment so richtig an. Und die Hetze durch den Wald ließ ihr auch keine Zeit, weiter über solch unbedeutende Dinge nachzudenken. Jetzt ging es einfach weiter.

...doch schon wurden ihre Gedanken wieder von anderem weggeführt.... Jagd! Noch bevor sie die Szene wirklich sehen konnte, hatte sie es spüren können: Den Hunger, die Angst, die Triebe, die Instinkte, das Blut.... den Tod. Ja, hier waren Jäger am Werk.... und eigentlich zweifelte sie nicht daran, dass diese ihre Beute zur Strecke bringen würden. Ihre Haare begannen schon, im Halbschatten des Waldes blutrot zu glänzen, ein unbeschreibliches Gefühl überkam sie, als würde sie an dieser Jagd teilnehmen müssen... sie fühlte sich so lebendig.... so stark... gerne wäre sie zu den Wölfen dazugestoßen, um an der Jagd teilzunehmen..... oder um den Wölfen ihre Beute sogar streitig zu machen, um dann selbst ihre Fangzähne in den Hals des Elches zu schlagen? Heute fühlte sie sich, als könnte ihr alles möglich sein, und schon drang ein dunkles Grollen aus ihrer Kehle, das zu einem Brüllen anschwellen wollte....

Doch was war das? Dafür war sie nicht hier. Die Zeit für Jagd würde kommen, aber nicht jetzt. In diesem Moment gab es wichtigeres.... und der Bär war ihr schon einige Körperlängen voraus. Von neuem mobilisierte sie die Kräfte aus ihrem Innersten, und mit einigen mächtigen Sprüngen schloss sie wieder zu ihrem Führer auf. Und langsam schien es ihr, als ob sie beiden nicht die einzigen Wesen auf diesem Weg wären. Ab und zu hatte sie schon gedacht, in den Wäldern weitere Tiere wahrnehmen zu können, die das gleiche Ziel zu haben schienen, und in dem Moment glitt gar eine Eule über die beiden hinweg, weit größer als alles was Felinn bisher gekannt hatte, und dem Bären bestimmt ebenbürtig. Diese schien es gut zu haben, einfach durch die Himmel gleiten zu können.... Felinn dagegen spürte langsam, wie ihre Kräfte zur Neige gingen. Wie lange würde die Hatz noch weitergehen? Doch da.... ein Stück vor sich, konnte sie sehen, wie der Wald sich lichtete. Sollte das bereits ihr Ziel sein? Sie.... zweifelte ein wenig daran, doch erst einmal würde es ausreichen, dort hin zu kommen. Und ein paar keuchende, grollende, fauchende Sätze später traten die beiden auf die Ruhe der Lichtung hinaus.

War es Zeit für eine Pause? War es Zeit, um neue Kräfte zu sammeln? Oder... wieder spürte sie, wie der Ruf ihr folgte.... war es nun Zeit für die Jagd? Schon wendete sie den Kopf, schnupperte in den Wind... ja... das roch doch nach Beute...

...doch sie war nicht alleine hier und sie war nicht ohne Grund hier, also versuchte sie, ihre Gedanken wieder zu zähmen und folgte dem Bären weiter auf die Lichtung hinaus. Jedoch nicht, ohne mit allen Sinnen auf der Suche nach einer guten Gelegenheit zu sein. Und die Gelegenheit kam. Eine Herde prächtiger Hirsche trat auf die Lichtung, und unwillkürlich wendete sie den Blick zu ihrem Führer und fauchte leise auf, um herauszufinden, ob er ihr die Erlaubnis zur Jagd geben würde. Doch noch schien es nicht so weit zu sein. Der Bär schien auf irgend etwas zu warten. Wieder richtete Felinn den Blick ungeduldig und begierig auf die Herde der Hirsche, als sie einen noch prächtigeren Hirsch aus dem Rudel heraustreten sah. Dieser war ohne Zweifel der Anführer der Herde. Er war ein großes, prächtiges, stattliches Tier. Wie toll müsste es sein, eine solche Beute zu reißen? Es war ihr klar, dass sie alleine dafür nicht stark genug sein würde, aber mit dem Bären zusammen....?

Eigentlich.... wieder meldeten sich leise Zweifel in ihr. Eigentlich sollte es ja nicht normal sein, dass sie als gewöhnlicher Mensch mit solch einem Wesen auf die Jagd ging. Doch heute war alles anders, heute fühlte es sich einfach richtig an, und so trat sie voller Erwartung auf das was kommen würde neben ihren Begleiter, dem Hirsch entgegen.

Doch plötzlich war es ihr, als ob sie wieder einen leisen Ruf hören konnte. Nicht mit ihren Ohren.... auch nicht mit den andere nSinnen, die sie sonst verwendete, um sich zurechtzufinden. Nein, dies war ein Ruf tief in ihrem Inneren. Und sie spürte, dass dieser Ruf nicht nur an sie gerichtet war, sondern auch an ihren Begleiter, den Führer der Hirsche, die ganze Herde.... und überhaupt an alle Wesen der Wälder um sie herum. Und auch die anderen konnten den Ruf wohl hören. Die Jagd war abgeblasen. Heute ging es nicht gegeneinander, sondern miteinander zu einem wichtigeren Ziel.

Mehr unbewusst hörte sie die Worte des Bären und des Hirsches. Es schien nichts Neues zu sein, was diese hier sagten. Sie.... hatte es auch selbst gespürt, auch wenn sie dieses Gefühl noch nicht richtig einordnen konnte. Und wieder wendete sich ihr Führer an sie:

Auf ... kleine Löwin ... zum Kreis ... der Steine.

...der Kreis der Steine.
Hatte sie... das nicht schon einmal gehört? Felinn war sich nicht sicher, alles war hier und jetzt so anders. Doch vielleicht würde sie bald erkennen können, was das bedeuten sollte. Denn die Zeit der Rast war auch schon wieder vorbei. Das Leben der Lichtung hatte die beiden mit neuer Kraft erfüllt, und so setzte sie sich mit neuer Energie in Bewegung. Dem Bär hinterher.... dem Ruf folgend.... egal, was auf dem Weg noch kommen sollte.
Felinn - Zurück zur Wildnis

"So habe er vns mit diesem Machwerke fverderhin gebracht zvm Rollen avf dem Flvre"

Durgarnkuld

Das Blut pulsierte in ihren Adern, durchfloss ihren Körper schneller und schneller, als sie erneut jede Muskelpartie ihres geschmeidigen Körpers anstrengen musste.
Der Ruf ...
Sie spürte ihn in ihren Adern, spürte ihn in ihren tief in sich, als wäre er immer dort gewesen, Instinkt, welcher nun erwacht ist und sie dahin führt, wo sie hinmuss zu dieser Stunde, wie es vorgesehen ward, als die Welt noch jünger war.
Erneut kitzelten Gerüche ihre Nase. Sie spürte es gleichermaßen. Sie war umgeben von vielen weiteren Brüdern und Schwestern der Wildnis. Kaum erkenntlich waren sie, wie schnelle, huschende Schatten des Waldes, aber aus dem Augenwinkel konnte sie einen roten Blitz ausmachen, als ein stattlicher, edler Fuchs vorbei hetzte. Der Schwanz peitsche dabei hinter ihm her, so prächtig, dass Felinn unwillkürlich ein wenig Neid verspürte selber nicht über so einen zu verfügen.
Neid? Schnell verschwand dieses Gefühl auch wieder aus ihrem Herzen, war für derlei niedere Regungen hier weder der Ort, noch die Zeit.
Vor ihr erschnupperte sie deutlichen den Geruch von Bär. Ihr Führer war ebenfalls langsam erschöpft, musste er doch ungleich mehr Kraft aufbringen, um seine Majestät voranzuwälzen. Aber auch Felinn spürte die kreischenden Muskeln, welche nach einem ruhigen Tag des Lenzes in der Sonne verlangten.
Und grade, als sie schon meinte, dass es vielleicht doch schöner wäre, sich genau dafür einen sonnige Platz auszusuchen, waren sie wohl da.
Der Bär wurde langsam und trotte erneut aus dem dichten Wald, jedoch diesmal aus dem Rande dessen heraus, statt auf eine Lichtung. Schwer schnaufend ließen die beiden die gigantischen Bäume hinter sich und traten aus ihrem Schatten in das Licht der untergehenden Sonne. Waren sie schon solange gelaufen? Es kam ihr kürzer vor, wenngleich ... was zählten schon Stunden, Tage, Zeit. Sie war sie und sie war nun hier, weil ihr Innerstes, der Instinkt, welcher geweckt wurde, es ihr geboten.
Und kaum waren sie hier angekommen, so stellten sich Felinn auch schon die Nackenhaare leicht auf. So viele Tiere, so viele Brüder und Schwestern waren hier versammelt. Es lag unverhohlen Spannung in der Luft, denn Jäger und Beute ließen für heute den Kampf um das Überleben an diesem Ort ruhen.
Dort tummelten sich ungeduldig scharrend die Gruppe Hirsche von vorher. Oder waren es dieselben? Sie rochen zumindest verdächtig danach. Aber was zähle das schon. Sie waren hier, weil auch sie den Ruf vernommen hatten.
Etwas abseits dessen waren noch einige Bären zu erkennen, ebenfalls von großer Kraft und Gewalt, wie auch ihr Begleiter. Brummend schnupperten sie umher und rollten sich für einige Zeit zusammen, nachdem sie sich so verausgabt hatten. Auf kargen Felsen hockte eine Eule, womöglich dieselbe wie zuvor, oder vielleicht auch eine völlig andere. Dem entgegengesetzt saß ein königlich wirkender Adler, noch größer als die Eule und mit einem scharfen Blick auf die Tiere unter sich.
Aber noch viele weitere Wesen tummelten sich dort. Füchse von kräftigeren Rot, als Felinn es sonst kannte, welche ab und an einen gefräßigen Blick gen einer Gruppe von großen und schlanken Hasen warfen, die immer wachsam die Löffel aufgestellt hatten. Zwischen einigen Felsen lauerte ein gräulicher Berglöwe und Felinn spürte, wie sich sein Blick auf sie legte, kaum, dass sie den Wald mit ihrem Anführer verlassen hatte. Er wirkte unverhohlen neugierig.
Und es strömten immer weitere Tiere heran. Es war wirklich so, als hätte sich beinahe der ganze Wald hier versammelt, oder zumindest viele Vertreter gesandt zu jenem Ereignis.
Träge trottete der Bär weiter die Anhöhe hinauf. Der Geruch der vielen Tiere und jene Spannung kitzelten und reizten Felinns feine Nase, dass sie kurz niesen musste, ehe sie ihrem Gevatter folgen konnte. Es ging langsam einen steilen Aufgang hinauf. Wind peitsche ihnen entgegen und fuhr wohltuend durch Fell und über die Haut, spendete Kühle nach jenem hitzigen Lauf.
Die Sonne sank tiefer und tiefer und hüllte alles in eine blutrote, güldene Szenerie, während Felinn langsam mit dem Schwarzbären weiter hinauf ging, die felsige Anhöhe hinauf. Mit einem Tosen zuckten ihre Ohren und ihr Blick ging unwillkürlich zu ihrer Linken, dann zu ihrer Rechten, wo sie von weiter oben die weite See beobachten konnte. Die Wellen rauschten immer wieder gegen die Felsen des Landes, zogen sich erneut zurück, und rollten wieder heran. Salz mischte sich nun mit zu dem Geruch der vielen Tiere und man konnte es beinahe schon auf der Zunge schmecken, so durchdringend und rein war der Geruch.
Einige weitere Tiergefährten folgten ihnen, näherten sich der Spitze des ganzen, wo Felinn nun gewaltige Steine erkennen konnte. Sie waren beinahe wie Klauen, die aus der Erde ragten, die Hand der Muttererde, welche sich hier hervor tat und ihre Finger nach ihren Kindern ausstreckte. Sie waren alt, uralt. Vielleicht standen sie hier schon seit dem Anbeginn der Zeit und würden hier auch noch stehen, wenn der letzte Baum gefallen war.
Tief in ihr drinnen kam auf einmal das Bedürfnis auf sich wieder aufzurichten, auf beiden Beinen für eine Weile zu stehen. Langsam streckte sich Felinn und erhob sich wieder auf jene doch nun ungewohnt wirkende Gangart, schüttelte das nun völlig feuchte Haar, welches nur spärlich ihre Blöße bedeckte. Aber darum schämte sie sich nicht, war sie doch gleich vor allen ihren Geschwistern.
So schüttelte sich Felinn kurz, ein wenig Schweiß sprenkelte in feinen Tropfen dabei umher, während ihr etwas ins Auge fiel. Sie dreht sich um von jener Anhöhe aus Fels und Gestein, so hoch im Norden an der Küste, und blickte über die Weite des Waldes. Er war so wunderschön, so unendlich, bedeckte sonst alles in dieser Welt, bis zu den Bergen, wo sich auch noch störrische Nadelbäume in der Erdreich klammerten. Sie wogten und wanden sich unter dem Wind, der über das Land strich, wirkten die Wipfel dabei beinahe wie ein Beet von Blumen, welches niemals enden würde und in welches sie sich bereitwillig hätte stürzen wollen, darin wälzen und mit ihren Jungen eines Tages kabbeln.
Doch erneut erkannten sie nun den Schatten, weiter im Süden, zu ihrer Linken von dieser Standpunkt aus. Irgendetwas in ihrem Inneren sagte ihr, dass dort einmal etwas stehen würde, was den Wald verdrängte. Aber nun war dort nur Schatten, etwas, das sich ausbreitete und Finsternis verbreitete. Nicht die Dunkelheit der Nacht, es war tiefer ... unnatürlich und ließ Felinn erneut kurz frösteln, nicht nur wegen dem kühlen Wind hier oben.
Dann hörte sie ein Brummen und wandte sich wieder nach oben, wo der Bär schon fast am Kreis angelangt, zu ihr herunterblickte und sie daraufhin wieder eilends zu ihm aufschloss, sich zu den anderen Tieren gesellend.
Kurz jedoch hielt sie inne, als langsam und vorsichtig von einem der großen Felsen aus, ein gewaltiger Wolf näher trat. Er war von großer Statur und wirkte dem Bären ebenbürtig auf eine gewisse Art. Das Fell war dunkel rot und er hatte nur noch ein Auge, während die linke Augenhöhle mit einer schwarzen Narbe von Kopfansatz bis Schnauze verlief.
Er strahlte deutlich Gefahr aus, war er deutlich ein wilder Jäger, den man niemals hoffen konnte zu bezähmen oder zu kontrollieren. Er war frei und ein Räuber, wie ihn die Natur ersonnen hatte. Kurz hielt auch der Wolf in seinem Tritt inne, ehe er den Bär fixierte, dann letztlich Felinn. Nach einer kurzen schweigenden Runde des Abtasten, löste sich die gefährliche Anspannung langsam wieder und sie stellten sich nahe an den Kreis aus Steinen. Ein sanfter Sturm schien aufzuziehen, denn am Himmel sammelten sich Wolken, die dunkel wirkten. Felinn konnte deutlich zwischen all den anderen Eindrücken, den Regen riechen.

Und so ... wird der erste ... Fürst berufen.

Knurrte der rote Wolf.
Und wie auf das Stichwort trat nun eine Gestalt, nachdem sich alle Tiere um jenen Kreis versammelt hatten, in dessen Mitte. Ein kurzer Wind von der Küste ließ Felinn das Haar ins Gesicht wehen, so dass sie jenes erst aus der Sicht pusten musste, um ihn zu erkennen.
~ Abi in pace ~

Ickedu

#5
Und so ging es erneut so schnell der Bär und Felinn es schafften durch den Wald. Würde das denn irgendwann einmal aufhören? Oder würden sie immer weiter und weiter jagen, einem unbekannten Ziel entgegen, das sie vielleicht nie erreichen würden? Ihr Instinkt trieb sie weiter und weiter, doch ihr Körper und Geist gewannen doch immer mehr an Gewicht, und die Alternative eines gemütlichen Plätzchens irgendwo auf einer kleinen sonnigen Lichtung.... an einem plätschernden Wasserfall.... schien immer mehr Reiz zu gewinnen.

Doch gerade, als auch ihr Instinkt langsam klein beigab - war das Ziel erreicht.

Und was für ein Ziel war es gewesen! Hier war wirklich alles versammelt, was die Wälder zu bieten hatten. Alle Arten von Tieren. Jäger, Fluchttiere, Vögel.... waren das zwischen den Steinen und den riesigen Fächern der Farne sogar ein paar besonders stattliche Exemplare der Laufspinnen? Schon wendete sie sich um, um herauszufinden, was für Wesen sich sonst noch in den Felsspalten, Gebüschen und Höhlen verkrochen haben konnten, als ihr Blick auf nochmals ein anderes Wesen fiel.

Ja, sie kannte diese Wesen. Es musste ein noch früheres Leben gewesen sein, aber es schlich sich ein Bild in ihre Gedanken: Moore.... Klippen... ein... Ort der Macht? Und dazwischen: zwei..... nein, drei Katzen. Raubkatzen, elegant, gefährlich, unberechenbar.... und doch auch wieder gemütlich ruhend oder verspielt. Drei Silberlöwen. Und.... zwischen ihnen eine junge Menschenfrau?
Doch diese Erinnerungen waren nur eine kleine und verkümmerte Form dessen, was ihre Augen hier erblickten, dessen Geruch sich wieder von allen anderen Gerüchen der Tiere abhob, und das ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. Ein riesiger Berglöwe, voller Kraft, voller Eleganz, voller Jagd.... und Leben.

Doch wieder einmal war nicht die Zeit, sich mit solchen Dingen aufzuhalten. Ihr Begleiter war ihr abermals voraus, und sie musste sich beeilen, ihn zwischen all den Tieren trotz seiner Größe nicht aus den Sinnen zu verlieren. Es ging die Felsen hinauf, der Boden wurde karger, aber nicht weniger strotzend vor Kraft und Urtümlichkeit. Immer höher, auf die Klippen inmitten eines unendlichen Meeres.

Das Meer... eines der Dinge, die einerseits zwar fest und unbedingt zur Natur, zur Wildnis gehörten.... und das ihr doch so fremd, so unbekannt, so unvertraut war, das sie nicht verstand, das sie nicht einschätzen konnte. Eine andere Welt, und doch Teil des Ganzen.

Aber schon wieder bleib ihr keine Zeit, über solche Dinge weiter nachzudenken. Das was vor ihr lag brauchte all ihre Aufmerksamkeit. Und langsam.... als sie oben am höchsten Punkt der Klippen gewaltige Steine erkennen konnte.... drängten sich wieder Erinnerungen in ihre Aufmerksamkeit.
Sie kannte diesen Ort! Kannte sie diesen Ort? Nein... diesen Ort konnte sie nicht kennen, er.... lag nicht in der Welt und der Zeit zu der sie eigentlich gehörte. Wohin gehörte sie? Unwillkürlich richtete sie sich auf.... stand wieder auf zwei Beinen... es fühlte sich so seltsam an.... aber doch wieder so richtig. Es war ein Teil von ihr. Ein Teil eines anderen.... so fernen... so undeutlichen und verschwommenen Lebens.
Ja.... sie hatte diesen Ort hier noch niemals zuvor gesehen oder betreten. Aber sie kannte einen anderen Ort.... einen undeutlichen Schatten.... einen schwachen Abglanz von dem, was hier vor ihren Augen und ihren Sinnen lag.

Neugierig ließ sie den Blick zurück wandern, über die Wälder, zu den weit entfernten Bergen. Ja, das alles kam ihr irgendwie bekannt vor, aber... nie hatte sie es in dieser Klarheit, in dieser Wildheit, dieser Ursprünglichkeit gesehen.

Und.... da war auch wieder der Schatten. Bedrohlich lauerte er im Süden.... streckte schon seine Arme aus.... wollte sich ausbreiten, einnehmen... vernichten.

Etwas erschrocken wendete sie sich wieder der Gegenwart zu. War sie hier eigentlich die einzige, die Zeit brauchte, um zu verstehen, was vor sich ging? Schnell folgte sie dem Bären, doch wieder einmal meldeten sich leise Gedanken in ihr, ob sie hier wirklich her gehörte. Und wieder war nicht die Zeit, weiter darüber nachzudenken, denn ein weiteres Wesen war angekommen.
Doch bei diesem Anblick verblassten alle ihre Erinnerungen an die Jagd zu einem harmlosen Kinderspiel. Zum ersten Mal.... stand sie einem wirklichen Jäger gegenüber. Die Gefahr, der Blutdurst und der Tod überschwemmte ihre Gedanken geradezu. Hatte sie wirklich einmal geglaubt, ein Jäger zu sein? In diesem Moment war sie nichts anderes als eine kleine, leichte Beute, und wäre ein anderer Ort und eine andere Zeit gewesen.... sie wusste nicht, ob sie in das tiefste und kleinste Loch geflüchtet wäre, oder ob sie einfach nur erstarrt und hilflos ihrem Tod entgegengeschaut hätte.

Doch.... sie atmete dieses Mal erleichtert durch.... heute war nicht die Zeit für die Jagd. Heute ging es um wichtigeres, und so trat sie, zwar etwas zögerlich, zu den anderen Tieren am Steinkreis.

Und so ... wird der erste ... Fürst berufen.

Und eine Gestalt trat in den Kreis.
Doch.... fast schien es, als würde diese sich ihren Blicken entziehen wollen... rasch streifte Felinn sich die Haare aus dem Gesicht, und alle ihre Sinne waren auf die Gestalt gerichtet. Was konnte sie sehen? Was konnte sie riechen? War es ein Mensch? Ein Tier? War es überhaupt ein Wesen dieser Welt?
War das Wesen Jäger? Beute? War es überhaupt Teil dieses ewigen Kreislaufs von Tod und Geburt?
Oder.... war das alles überhaupt wichtig? War nicht viel wichtiger, wozu dieses Wesen gekommen war?

Was konnte sie sehen, hören, fühlen.... was würde ihr Instinkt ihr sagen....?
Felinn - Zurück zur Wildnis

"So habe er vns mit diesem Machwerke fverderhin gebracht zvm Rollen avf dem Flvre"

Durgarnkuld

Und kaum hatte Felinn den widerspenstigen Haufen an Haaren gebändigt, da sah sie ihn.
Es war recht eindeutig ein Mensch, was vielleicht im ersten Moment enttäuschend sein mochte, doch verspürte sie keinerlei solcher Art von Regung. Es war eher eine tiefe Erleichterung ihn endlich zu sehen, endlich nun mit ihren Augen erfassen zu können, er, der er sie gerufen hatte, wie er all ihre Geschwister hier hergerufen hatte.
Er war sehr groß und Felinn vermochte deutlich zu erkennen, dass er wohl der Archetyp eines Mannes war, der in der Wildnis lebte, vielleicht mochte er sie ein wenig an Bärenklaue erinnern, doch noch weit mächtiger und stattlicher selbst noch als jener.
Keine Muskelpartie hier war zu übersehen, aber auch keine zu viel oder zu wenig, perfekt angepasst für ein Leben in der Wildnis, für die vielen Bewegungen der Jagd, des Klettern und Springen, sei es über die feuchten, saftigen Wiesen, durch das karge Gestein, welches mit seinem drögen Untergrund die nackten Füße zuweilen piesackte, oder über den kühlen, nachgiebigen Waldboden.
Der Mann stand nackt wie an seinem Namenstag dort, wie Felinn selbst. Alles in allem eine Imposante Erscheinung, der Mensch, wie er die Wildnis noch wahrlich zu leben gewusst hatte dereinst. Doch darüber hinaus haftete noch weit mehr an ihm.
Es ging ein sehr intensiver Geruch von ihm aus, der Felinn vertraut vorkam, als würde sie ihn schon ihr Leben lang kennen. An ihm war viel verwirrendes, zum einen der Geruch eines Jägers, eine unterschwellige Gefahr, welche ihn auszeichnete und jener des mächtigen, roten Wolfes in nichts nachstand. Zum anderen aber auch etwas, das ihn darüber hinaussetzte, dass er wohl mehr war, als nur ein Jäger, es war weniger greifbar, nur eine sanfte Ahnung tief in ihr drinnen.
Und ihr Instinkt schrie ihr regelrecht zu, dass dies der Grund war, warum sie hierher kam, dass dieser herrschaftliche Mann sie einberufen hatte und alle anderen Tiere, welche sie umgaben.
Das Haar war tief rot und zu einer prächtigen Mähne herangewachsen, wie sie einen Löwen hätte neidisch werden lassen können. Er trug einen Vollbart der wohl sauber war, aber nicht wirklich gepflegt, hatte wohl niemals eine Klinge an jenem sich zu schaffen gemacht.
Gestützt war der Mann auf einen großen Speer, dessen Schaft wohl von einem mächtigen Baum stammen musste, und Felinn deutlich erkannte, dass die Farben weiter gingen als über jenes übliche Braun, sondern regelrecht alle Farben des Regenbogens widerspiegelten. Die Speerspitze war aus etwas für Felinn wohl sehr bekanntem, es wirkte wie Vulkanglas und äußerst scharf, wie auch tödlich.
Unwillkürlich begann sich ihr Herzschlag zu beschleunigen bei dem Anblick jenes Fürsten, wie er verheißen worden war. Er schien regelrecht zu strahlen in ihren Augen, nicht allein in jenem Aspekt, den die Augen ausmachen konnten, sondern eine wahre Macht an Leben, wie sie selbst das mächtigste Tier hier überstrahlte und in sich einhüllte.
Die Augen waren jedoch wohl das, was sie am meisten gefangen nehmen würde. Sie schweiften über alle Anwesenden, auch sie, wobei sich ihre Blicke kurz trafen. In ihnen lag eine beinahe unnatürliche Weisheit, welche über das hinausging, was er wohl an Jahren zählten mochte, als hätte ihn das Leben hier mehr gelehrt, als sie erhoffen konnte je ihre Kindeskinder zu lehren.
Aber da war noch etwas ... erneut etwas vertrautes, als würden sie beiden sich wirklich kennen, hätten sooft Momente geteilt in vielerlei Hinsicht. Die Augen wahren stahlblau und schienen sie mit einem festen Blick zu durchdringen, tiefer zu sehen, als nur über Haut und Körper, sondern ihre innerste Seelenkraft damit sanft zu streichen, ehe er weiterblickte.
Ein sanfter Schauer ergriff Felinn und sie musste sich ein wenig beherrschen, um nicht doch sehr deutlich auszukeuchen, war jene Gewalt und Majestät dieses Mannes so groß, dass sie fast greifbar wirkte. Ohne zu zögern ging sie nieder, halb kniend, halb auf alle Viere, war dies doch angemessener jenem Wesen so gegenüberzutreten, als aufrecht zu stehen.
An die Seite des vermeidlichen Fürsten trat noch ein Wesen, ein Tier, wie Felinn es wohl persönlich auch noch nie getroffen hatte. Es war ein Waschbär, aber er überragte selbst ihren Anführer bei weitem. Gelinde gesagt war er gewaltig und das Fell war von vielerlei Farben, prächtig und stolz stand er dort neben seinem Gefährten, dem Menschen.
Irgendetwas unterschied auch jenen Riesenwaschbären von den üblichen Tieren und auch von Felinn selbst, wie sie spürte. Als wäre er enger verbunden mit jenem Fürsten, als wären sie lange gemeinsam gewandert und hätten mehr geteilt, als nur eine gemeinsame Jagd.
Und dann erfasste sie ein tiefes Gefühl von Demut, wie es ein Wolf dem Alphamännchen entgegenbringen musste, aber noch stärker, so dass sie den Blick beinahe beschämt kurz senkte. Worte drangen aus der Kehle des Mannes, doch hörte Felinn nur das Rauschen ihres Blutes in den Ohren, beschleunigte sich ihr Herzschlag erneut, spürte sie den Schweiß von Erregung auf ihrer Haut, ehe sie den Blick wieder langsam heben vermochte.
Der Wilde stieß seinen Speer gen Himmel und rief ein Wort, es war lange gezogen, doch verzerrte es der Sturm, der auf einmal sie alle umwehte, zu sehr, als dass sie es hätte verstehen können.
Aber sie musste es auch gar nicht verstehen, um es zu begreifen.
Schöpfung.
Sie spürte es tief in sich, das Grund ihres Daseins hier. Der Kreislauf des Lebens, wenn Altes verging, damit Neues einen Platz finden mochte. Darum war sie hier, um etwas zu geben, um etwas zu schöpfen.
Die Tiere um sie herum gingen nieder in eine für sie doch ungewöhnliche Position, zeigte jedes von ihnen eine Geste von Unterwürfigkeit, wie sie einem überlegenen Gegenüber gebührte. Mit einem mal Drang ein Choral von Rufen in die windtosende Luft, mischte sich mit dem aufkeimenden Sturm, der sie umgab, aber doch nie anrührte.
Unwillkürlich stimmte Felinn mit ein, gab ein gewaltiges Brüllen von sich aus ihrem tiefsten Inneren, spürte ein Frohlocken, das ihr ganzes Sein für diesen Moment bestimmte. Wie die Stimme eines gewaltigen Tieres vermischten sich Brüllen, Heulen, Kreischen, Fiepsen und viele weitere Laute.
Dies war er, der Moment auf den sie zu gehetzt waren, worauf sie gewartet hatten und wozu sie einberufen worden waren.
Der erste grüne Fürst ward einberufen.
Noch immer drang ihr Brüllen aus der Kehle, beanspruchte ihre Stimmbänder bis zum letzten, als sie bemerkte, wie der Sturm abebbte und sich allein auf jenen Mann konzentrierte. Mit einer mächtigen Bewegung seiner gewaltigen Arme führte er den Speer und die Winde vergingen, wurden darin aufgesogen und ebbten ab.
Er wirkte verändert, auch wenn die einzige direkte Änderung, welche man mit bloßem Auge sehen vermochte wohl wahr, dass seine Augen regelrecht strahlten, von einem inneren Licht.
Keines der Tiere wagte es sich zu erheben, etwas zu sagen oder etwas von Jagd, Flucht oder Kampf zu zeigen. Sie harrten aus, wie auch Felinn.
Irgendetwas war an jenem Mann, etwas, das ihn jenseits dessen stellte, was nun noch der Kreislauf war. In ihm Floss die Kraft von Schöpfung, um die Vernichtung aufzuhalten, welche sich im Süden zu erstrecken begann. Ein Gefäß jener Macht, wie sie das Land immer schon besaß, wie die Speerspitze der Natur, um einen unnatürlichen, fremden Parasiten zu durchbohren und Frieden zu bringen für seine Bewohner. Das war es, was Felinn als erstes durch den Kopf schoss, und es wirkte irgendwie so richtig, dass sie keinen Moment daran zweifelte.
Erneut sagte der Mann etwas, doch ihre Ohren wollten nicht gehorchen, zu tief war ihr innerer Aufruhr, als dass sie derzeit empfänglich gewesen wäre, wenngleich sie irgendwie ahnte, dass es bedeutsam war. Die Erschöpfung machte sich breit über sie, zerrte an ihren Gliedern, so dass sie nach hinten sackte, kämpfte sie noch kurz ab, doch war ein wohliger Schlaf alles, was sie sich nun wünschte ... Ruhe in einem sonnigen Blumenfeld, ein fauler Lenz nur rumliegen und den vollen Bauch genießen.
Sie hatte ihren Teil erfüllt, nun war es an jenem Fürsten, wie er genannt worden war, zu leisten, was getan werden musste. Aus dem Augenwinkel sah sie ihn mit einem mächtigen Satz davon springen, so dass die Erde leicht erzitterte, aber es war nur noch eine Ahnung, was denn um sie überhaupt geschah. Die Gerüche, welche sie bislang so intensiv durchflutet hatten, verblassten langsam, wirkten nur noch wie ein Abglanz jener schönen Zeit hier.
Wie von allein rollte sie sich zusammen, suchte Ruhe und sah noch, als ihre Augenlieder sich langsam schlossen, wie ein Bär an ihr schnupperte. Seltsam, er sah anders aus, als ihr Anführer. Gelbe Augen, beinahe so weise wie die des Mannes, und rotes, buntes Fell. Sein warmer Hauch strich über sie und sie versank in tiefen Schlaf ...

... ehe sie erneut erwachte. In diesem Leben in diesem Sein. Fort waren die so intensiven Eindrücke, fort waren die so kräftigen Farben. Alles um sie wirkte jung, wenn sie es verglich. Wachsein.
~ Abi in pace ~