[AC] Die Waffenschmiedin bei der Arbeit

Started by Chimaere, 17. Juli 2006, 17:16:27

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Chimaere

Die Kohlen des Schmiedefeuers in Achazat glühten wieder, und zwischen Esse und Amboss stapfte eine Gestalt, von der man harte Schmiedearbeiten nicht unbedingt erwartet hätte, da sie weiblich war und mit gerade mal knapp 1,60m nicht gerade der typischen Vorstellung eines Schmiedes entsprach. Doch dann wiederrum wirkte sie trotz ihrer Größe nichtmal so untrainiert und wenn man sie bei ihrer Arbeit beobachtete, erkannte man doch, daß sie das Handwerk erlernt hatte und jeden Handgriff genau kannte.

Wie Sil es mit dem Magazinverwalter besprochen hatte, besserte sie jede Waffe aus, die ihr gereicht wurde: sie schliff Schneiden, polierte sie, schmiedete Klingen wieder gerade oder ganz, schmolz notfalls ein, um das Metall wieder neu zu verarbeiten, wenngleich sie stets einen Teil für ihre eigenen Zwecke zurückbehielt: ihre Entlohnung.

Auch wenn das Halbblut Achazat wegen dessen viel zu kaltem und feuchten Klima nicht abhaben konnte, fühlte sie sich hier am Schmiedefeuer verhältnismäßig wohl: hier war es warm durch die Glut und die Bewegung und sie hatte etwas zu tun, wenn nichts anderes gerade ihre Aufmerksamkeit erforderte oder sie eines ihrer Vorhaben vorantrieb.

Übungswaffe und Schild, die sie einst von Freyja erhalten hatte, hatte sie nicht vergessen. Sie lagen hinter ihr in einem Sack bereit, um ebenso ausgebessert zu werden. Allerdings wollte die Kriegerin erst einmal wieder ihre ehemalige Routine wiederfinden und sich an ein paar Klingen versuchen, um die es nicht sonderlich schade war, wenn man sie aufgrund eines falschen Hammerschlages, nochmals einschmelzen müssen würde. Ein Gedanke, der sich als grundlos herausstellte, da, nachdem erst einmal die ersten Handgriffe getan waren, sich rasch wieder eine gewisse Routine einstellte, und bald die ersten ausgebesserten Waffen wieder in nahezu üblicher Qualität an das Waffenlager ausgegeben werden konnte, auch wenn Sil selbst wußte, daß sie ihre Arbeit noch perfektionieren konnte... und auch würde.
Oh I come from a land, from a faraway place,
Where the caravan camels roam.
Where they cut off your ear,
If they don't like your face.
It's barbaric, but hey, it's home

Chimaere

Es war Zeit sich ihrem ersten Auftrag zu widmen: Übungsschwert und -schild der Frau zu überarbeiten, die den Kampf nüchtern als das erkannt zu haben schien, was er war: als einen Tanz des Todes - hart und unbarmherzig.

Eingehend betrachtete das Halbblut die Klinge, um sie auf Beschädigungen zu prüfen. Sie war nicht schlecht verarbeitet, da trotz oftmaliger Nutzung sich die Scharten in Grenzen hielten. Die Oberfläche war trüb geworden durch unzählige feine und manchmal auch weniger feine Kratzer vom Metall der Rüstungen und anderen Waffen an denen diese hier entlanggeglitten war, um einen Schlag zu landen oder diesen zu blocken. Und eine kaum auszumachende Krümmung entdeckte sie an der Spitze der Schneide - vermutlich verursacht durch einen versuchten Stich, der auf ein Schild oder ein Plattenteil getroffen war.

Ja, eine Waffe konnte eine ganz eigene Geschichte über ihren Träger und seine Kämpfe erzählen... vor allen Dingen aber auch über seinen Stil. Wenn man Jemandem vor einem Duell eine frische Klinge in die Hand drückte und diese nach Beendigung genau studierte, konnte man sich sogar noch ein Bild vom Gegner und dessen Technik machen... manches Mal sogar einzelne Szenen des Kampfes nachstellen. Es gab nur wenige Dinge, die Sil so etwas wie Vergnügen bereiteten - Klingen "lesen" war eines von ihnen.

Nach dem ersten Studieren der Waffe stand das Vorgehen fest: Klinge gerade schmieden, die Scharten ausbessern und anschließend polieren.

Das Schmiedefeuer wurde auf die ideale Hitze angefacht und die Schneide des Schwertes solange in den Kohlen belassen, bis sie rot glühte. Mit einem weniger schweren Hammer als es sonst gebraucht hätte eine Waffe der Größe zu schmieden, fing Sil vorerst an die Spitze zu bearbeiten, um sie wieder in eine möglichst Gerade zu schmieden. Kritisch musterte sie sie alle paar Schläge, um abzuschätzen, wo die nächsten platziert werden mußten. Zwischendurch schürte sie wieder und wieder das Feuer und heizte die Klinge immer wieder auf, um die ideale Temperatur zur Verarbeitung zu halten. Erst als sie zufrieden war mit der Spitze widmete sie sich den Scharten. Da es nur geringfügige Beschädigungen waren, benötigte sie kein zusätzliches Eisen, um diese zu flicken, sondern arbeitete die Schneiden lediglich aus dem vorhandenen Metall nach, wobei sie sich nicht nur auf die Stellen konzentrierte, die es eigentlich erfordert hätten, sondern die gesamte Länge zum Abschluß nochmals überarbeitete, damit Breite und Dicke der Klinge weiterhin gleichmäßig blieben.

Dann erst ließ sie die Klinge nahe der Esse auskühlen und gönnte sich selbst eine Pause. Sie hielt nichts davon Wasser oder Schnee zur raschen Kühlung zu verwenden. Zu rasch und zu schnell ausgekühlt konnte das Schwert brüchig machen... die Gefahr war insbesonders hier in dem Klima viel zu groß. Ein mißmutiger Blick ging über den Schnee. Wenigstens konnte man es hier an ihrer Arbeitsstelle aushalten.

Lange Zeit gönnte sie sich allerdings nicht, da noch das Schild zu überarbeiten war. Eine Arbeit, die sie nur ungern verrichtete: sie war keine Rüstungsschmiedin. Und das war keine Sache der Übung oder der Kenntnis, sondern der Einstellung:


"Drück den Dusseln Waffen in die Hände, zeig ihnen wie man kämpft, aber verschweige Feinheiten der Verteidigung und richtige Wahl der Rüstung, und dann laß beide Seiten aufeinander losgehen und schau zu, welches Ausmaß an Zerstörung scheinbar unbedeutende Kleinigkeiten mit sich bringen können."

Ein grimmiges Lächeln huschte über ihr Gesicht, als sie sich an die Worte ihres einstigen Unterweisers und später auch Partner in der Schicksalsgarde erinnerte. Er war der schlauere von beiden gewesen, der raffiniertere... er war der Kopf, sie lediglich die Unterstützung. Und nun war sie allein... wenngleich... inzwischen auch nicht mehr. Doch ob einer von ihnen irgendwann diesselbe Stellung wie Makor für sie einnehmen würde, das stand in den Sternen. Doch - auch wenn sie, wie sie sich selbst nicht wirklich eingestand, ihren einstigen Partner schmerzlich vermißte - war ihr dies auch gleich. Es wurde was getan und sie würde unterstützen und manches mal, wenn es notwendig war, vielleicht auch noch einen Tick mehr, um dem Schicksam weiterhin zuzuarbeiten.

Das Schild erfuhr somit eine weniger perfekte Überholung wie die Klinge: die Beulen wurden ausgedellt und behelfsmäßig geglättet, doch wurde der Lack der Zeichnung nicht ersetzt und auch wenn es augenscheinlich ebenmäßig wirkte, konnte man beim genauen betrachten feststellen, daß bessere Arbeit möglich gewesen wäre. Längere Zeit wollte Sil allerdings nicht mit dem Ding verplempern.. sie hatte keine Perfektion versprochen und selbst wenn, hätte es ihr auch kein Kopfzerbrechen gemacht. Viel lieber konzentrierte sie sich auf in der Zwischenzeit abgekühlte Waffe.

Aufmerksam musterte sie das Schwert und prüfte abermals auf eventuell noch sichtbare Beschädigungen, sowie die Geradlinigkeit der Schneide. Nachdenklich wog sie es in der Hand, bewegte es probehalber vor ihrem Körper hin und her, um die Balance zu fühlen. Der Versuchung einige Streiche gegen einen unsichtbaren Gegner durchzuführen, widerstand sie nicht, was womöglich den ein oder anderen Achazatler verwunderte, doch verriet es ihr, daß die Waffe von der Führung her annehmbar war. Dennoch ging es erneut an Esse und Amboß, um die Feinheiten zu korrigieren, die sie beim ihrer abermaligen Prüfung noch entdeckt hatte.

Erst als die Schmiedin mit Sichtprüfung und Waffenführung zufrieden war, machte sie sich daran die Schneide am Schleifstein nachzuschärfen. Auch hier steckte sie Sorgfalt und Präzision hinein - wer sie kannte sollte dies verwundern, wieviel Geduld die ansonsten doch recht ungestüme Person hierfür aufbringen konnte. Selbst in das anschließende Aufpolieren der Klinge mit Sand investierte sie lange Zeit. Der gesamte Prozeß - vom Schmieden üder die Prüfung bis hin zum Blankreiben - schien nahezu rituellen Charakter für die kleine Bastardin zu haben.

Ein letztes Mal besah sie sich die überarbeitete Klinge und ein letztes Mal vollführte sie einige Streiche in der Luft (wenngleich es diesmal eine zusammenhängende Sequenz zu sein schien und Sil diesmal auch Beinarbeit mit reinbrachte), die fast tänzerischen Charakter hatten, ehe Sil wohl mit ihrer Arbeit zufrieden gestellt war und Schwert wie auch Schild wieder in ihren Sack einpackte. Sie würde demnächst nach Fürstenborn reisen müssen.
Oh I come from a land, from a faraway place,
Where the caravan camels roam.
Where they cut off your ear,
If they don't like your face.
It's barbaric, but hey, it's home

Chimaere

Es dauerte einige Zeit, bis sie genug Eisen zusammen hatte, um sich an ihre eigene Waffe zu machen. Eine recht ungewöhnliche Klinge sollte es werden, sie hatte sie selbst nicht gekannt, doch bei einem der Gänge durch die große Waffenkammer, in hinterster Ecke aufbewahrt, einst entdeckt. Schon damals bewunderte sie die Eleganz und perfekte Form der Klinge, und als sie sich nach dieser erkundigte, stand für sie fest diese Waffe irgendwann zu meistern - noch mehr als das Aussehen, faszinierte sie der ihr beschriebene Kampfstil.

Doch damals im Käfig kam sie nie wirklich dazu sich diesem Entschluß zu widmen und lange Zeit war er vergessen worden, bis... ja, bis dieser kleine Dussel davon sprach, daß sie sicher nie die Oberhand haben würde in ihrem Konflikt, da sie an ihren Gewohnheiten und schon lang ausgeübten Kampfstil festhielt. Zeit etwas Neues zu lernen... oder vielmehr... etwas sehr, sehr Altes.

Am'par hieß diese Art von Schwert. Es war wohl eine traditionelle Waffe von einem Volk irgendeiner Ebene - die Namen hatte sie schon lang wieder vergessen, denn sie waren Schall und Rauch: angeblich gab es die Ebene nicht mehr, da sie durch die Wirren des Blutkrieges schon vor langer Zeit ihren Untergang gefunden hatte. Die damals erbeuteten Klingen landeten im Laufe der Zeit nach und nach in der Waffenkammer. Einige, wenige Nachkommen der Rasse lebten sogar noch in Sigil, wenngleich ihr Blut schon lang nicht mehr rein war und die Traditionen nahezu vergessen. Sil hatte Glück bei ihren Erkundingungen und konnte sich gegen Klimper von einem dieser Nachfahren, der im Stock ein typisches Leben unter dem Existenzminimum lebte, Informationen über Waffe und Kampfstil erkaufen.

Der Kampfstil selbst hatte laut Erzählung akrobatische Elemente und war tänzerisch anmutend - eine Technik nach Sils Geschmack, da sie schon mit ihren zwei Schwertern Perfektion in Sachen Eleganz und gleichzeitiger Effektivität umzusetzen suchte - wobei die Klinge wie jede andere vielseitig in Angriff und Verteidigung einsetzbar war. Ein paar, einzelne Manöver konnte er ihr damals beschreiben, die wohl von Helden des einstigen Volkes beherrscht wurden, doch besaß er selbst nie diese Waffe und hatte es auch noch nie im Einsatz gesehen, wußte also nur die Legenden wiederzugeben.

Natürlich war dem Halbblut bewußt, daß die paar Brocken Theorie und Überlieferung allenfalls ein Anfang waren, um erste Schritte mit der Klinge zu versuchen. Den Rest würde sie durch herumzuexperimentieren selbst herausfinden müssen. Doch auch das war ein Anreiz. Selbst wenn es sich herausstellen sollte, daß die Waffe im Kampf gegen ihren Gegner nicht effektiv genug war, würde sie sicher einige Technikelemente in ihren eigenen beidhändigen Kampfstil übernehmen können und diesen weiterentwickeln. So oder so.. es war ein Gewinn.
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Where they cut off your ear,
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Das Am'Par zu schmieden war keine leichte Sache. Im Gegenteil, es war die größte Herausforderung an Schmiedekunst, der sie sich bislang je gestellt hatte. Die Krümmung der Klinge mußte nicht nur duchgehend gleichmäßig sein, sondern durfte auch keinen Millimeter zu stark oder zu schwach sein, um der Waffe ihre richtige Größe zu geben, die zudem auf ihren Träger abgestimmt sein mußte.

So verwendete sie Eisen der schlechtesten Qualität, welches eigentlich nicht mehr geeignet wäre um eine langlebige Waffe daraus herzustellen, da es schon zu durchsetzt war mit verschiedenen Legierungen anderer Metallen oder durch vormalige mangelhafte Bearbeitung brüchig geworden war. Hiermit konnte sie nach Herzenslust experimentieren und ihre Ergebnisse, so sie nicht zufriedenstellend waren, immer wieder einschmelzen.

Es dauerte viele Tage harter Arbeit und Entschlossenheit ersetzte die Geduld, welche nicht gerade Stärke des Halbblutes war. So manches Mal konnte man lautes Wettern von dem Schmiedefeuer vernehmen, wenn ein Versuch sich wohl mal wieder als Fehlschlag entpuppte, gefolgt von metallischem Scheppern, wenn das mißlungene Werk in typisch temperamentvoller Art gegen die Mauer der Schmiede, gegen den Amboß oder in die Esse gedonnert wurde.

Doch irgendwann blieb das Schimpfen und Fluchen aus und das geschäftige Hämmern überwog, bis selbst das eines Tages erstarb und Sil ihre erste Version des Am'Pars in den Händen hielt und begutachtete, wenngleich so mancher Achazatler verwundert war über die eigenartige Form - das kreisrunde Ding sollte eine Waffe sein? Doch die Skepsis schmälerte Sils Zufriedenheit mit ihrem Ergebnis nicht, als sie die Rundklinge zu einem abgelegeneren Ort trug, um ein paar Schwünge zu probieren. Weniger, um ihren Stil zu erlernen, mehr, um auszutesten, ob sie für sie zu handhaben war, ob die Größe angemessen schien und was noch zu beachten wäre, wenn sie die Waffe mit hochwertigerem Eisen nachschmieden würde.

Der schwerste Teil war geschafft.
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It's barbaric, but hey, it's home

Chimaere

So ganz perfekt war es noch nicht - nach ein wenig Rumprobiererei fand sie ein paar Verbesserungsansätze, mit denen die Waffe leichter handzuhaben wäre. Doch sah sich das Halbblut bereit diese direkt in höherwertigem Metall umzusetzen.

Die zur Probe geschmiedete Waffe diente als Vorbild und wurde nur noch hier und da leicht variiert und abgeändert, um Sils Anforderungen, die sie nach kurzer Handhabe erkannt hatte, gerecht zu werden: hier ein wenig griffigere Rundungen, um das Am'Par ihr nicht entgleiten zu lassen, dort etwas dünner geschmiedet, um die Rundklinge leichter zu machen und das Gewicht anders zu verteilen. Besonders schwer gestaltete sich ihr Versuch die Waffe sowohl für den Einhand- als auch Zweihandkampf tauglich zu machen, da beides komplett unterschiedliche Kampftechniken erforderte und damit theoretisch ganz verschiedene Gewichtsverteilung und Klingenform.

Das Halbblut versuchte das Problem zu lösen, indem sie die äußere Klinge nicht gänzlich rund ließ, sondern vereinzelt und gleichmäßig  Schwerpunkte durch herausgeschmiedete, schräggestellte Spitzen schmiedete, die außerdem noch eine zusätzliche Bedrohung darstellen konnten. Je nach Handhabe und Schlagrichtung würden diese das Am'Par sogar, abgesehen von dem Hiebschaden, zusätzlich noch Stichschaden anrichten lassen können. Im inneren Klingenring hingegen ließ sie Zwischenräume, die wahlweise zusätzlich als Griff fungieren konnten und durch das dort weniger vorhandene Eisen außerdem noch für eine bessere Gleichgewichtsverteilung sorgen würden.

So mußte es sowohl für Ein- als auch Zweihandkampf klappen, die Waffe über einen längeren Zeitraum handhaben zu können ohne das Handgelenk dabei zu stark zu belasten. Einerseits war es nun möglich die Waffe an den innen eingearbeiteten Griffen fest umgriffen zu halten, um einzelne Schläge, oder durch die speziell geformten Spitzen auch Stiche, auszuführen, andererseits auch in permanenter Drehbewegung durch Umherwirbeln der Klinge mit Hilfe Händen und Handgelenken im inneren Klingenkreis, um sie so ihren Schaden anrichten zu lassen. Gerade zweiteres war eine recht ungewöhnliche Kampftechnik, die Sil noch viel Übung, aber auch Kreativität in ihrer Entwicklung abverlangen würde.

Abermals dauerte es einige Tage, die die Schmiedin hauptsächlich in der Schmiede stand und der Hammer immer wieder auf Metall schlug, Eisen Auskühlen ließ, wieder erhitzte, um es neu zu bearbeiten, zu schleifen und zu polieren, ehe sie mit ihrem Ergebnis zufrieden war. Nun galt es "nur" noch sich mit den neuen Kampfweisen vertraut zu machen.

Doch der Schmiedehammer würde nicht ruhen. Der nächste Auftrag wartete schon... vielmehr eine Bezahlung. Allerdings brauchte sie vorher noch genauere Informationen über die geforderte Beschaffenheit von Dolch und Schwert. Ein Besuch am Jägerlager war mal wieder notwendig.
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Was sie von ihm zu halten hatte und in welche Schiene sie ihn stecken sollte, da war sich Sil bislang nicht wirklich sicher, doch war ihr dies auch gleich. Der Schleifer wollte eine Waffe und hatte ein sehr reizvolles Gegenangebot gemacht - viel mehr mußte sie nicht wissen. Der Rest würde sich zu gegebener Zeit sicher zeigen und ergeben.

Ein besonderes Stück würde es werden. Schon eine Herausforderung in der Herstellung der besonderen Legierung, die er forderte. Nachdenklich prüfte sie das Obsidianstück, welches sie von dem größeren Klumpen abgeklopft hatte, den sie zur Verarbeitung von ihm erhalten hatte. Sie würde wohl einige Versuche benötigen, Metall und Gestein in angemessener Weise zu verbinden. Der richtige Schmelzpunkt mußte gefunden werden, wie auch der richtige Anteil an Eisen und Obsidian, um die ideale Legierung herzustellen. Zudem wußte das Halbblut, daß das Gestein nur dann seine Eigenschaften beibehalten würde, wenn es nach Verarbeitung rasch stark abgekühlt wurde.


"Immerhin für etwas war diese dreimal verfluchte und viel zu eiskalte Umgebung gut", dachte die untergroße Schmiedin für sich, den Blick auf den ewigen Schnee gerichtet.

Harte Arbeit, die da bevorstand - zumal die Waffe nicht nur in ihrem Material ihre Besonderheit erhalten sollte.

Sie warf das Stück Obsidian in die Luft, fing es spielerisch auf und nahm sich etwas von dem Eisen her, welches sie noch als Gegenleistung für die Waffenpflege von den Achazatler eingefordert hatte und begann mit ihrer Herumexperimentierei, um die richtige Mischmenge, wie auch Technik zur idealen Verbindung der beiden Materialien zu finden...
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So erhitzte sie, schmolz Eisen und Obisidian, vermengte es in verschiedenen Teilen - was allein schon nicht allzu einfach war, da das Gestein zähflüssiger als das Metall war - kühlte die Mischung ab, erhitzte wieder, um einige Hammerschläge zu probieren, kühlte wieder ab, um die Qualität der so entstandenen Legierung zu testen.

Eine langwierige Aufgabe.
Wurde mehr Obsidian verwendet, wurden Klingen und Spitzen zwar schärfer als scharf, doch neigte es unter zu starker Wucht zu splittern. Mehr Stahl verhinderte das Spittern, doch die Schärfe ging verloren. Es dauerte einige Zeit und kostete einige Proben von dem Obsidian, ehe sie eine Legierung erstellt hatte, die sie zufrieden stellte: zwar konnte die Schärfe nicht ganz mit reinem Obsidian mithalten, doch war Stabilität ausreichend gegeben.

Zudem Sil während dem Schmelzen und Probeschmieden ein Gedanke gekommen war, wie sie die Waffe nahezu perfekt in allen Qualitäten gestalten könne. Die Waffenschulung hatte die Idee dazu gebracht: hier war ihr das Katana eines Schleifers aufgefallen, und so, wie diese Waffe aus mehreren Metalltypen zusammengeschmiedet war, um in all seinen Eigenschaften perfekt zu sein, konnte sie ähnlich mit dem Streitkolben verfahren.

Zunächst fertigte sie eine Rohform der Waffe aus reinem Eisen an, da es schwerer als die Legierung war. Durch die Stabilität des Metalls war ein dünner Stab ausreichend, der die Rohform des Kopfes mit dem Knauf verband, welcher das Gegengewicht darstellen sollte. Durch die Schwere des Eisens würde die Wucht, mit der die Waffe geführt werden konnte, weiterhin stimmen. Über das reine Eisen zog Sil die Obsidianlegierung, welche immernoch den Hauptbestandteil der Waffe ausmachen sollte. Griff und Kopf wurden unter langwieriger und nicht leichter Arbeit auf die richtige Größe und in die richtige Form gebracht. Aus dem Kolben selbst schmiedete sie sechs klingenartige Schlagblätter heraus, wie er es forderte. Die Form an sich hielt Sil eher praktisch denn großartig verziert. Schließlich sollte die Waffe im Kampf effektiv bleiben. Sollte der Schleifer etwas dran auszusetzen haben, konnte sie noch immer etwas herausarbeiten.

Solange sie mit dem Obsidianstahl arbeitete, kühlte sie die Waffe rasch im Schnee ab, um die Eigenschaften des Metalls zu erhalten. Wuchtwaffen waren nicht ihres, doch auch mit dieser Waffe versuchte sie einige Schwünge, um die Waffenbalance zu testen, um notfalls noch Eisen am Waffenknauf hinzuzugeben oder abzuschmelzen. Erst ganz zuletzt, als sie mit der Gewichtung des Streitkolbens zufrieden war, überzog sie auch diesen für ein einheitliches Waffenbild mit der schwärzlichen Legierung.

Fehlten nur noch die Wicklung, die Schlaufe, damit die Waffe nicht versehentlich durch Schwung aus den Händen gerissen wurde, sowie das Symbol. Hierfür würde sie sich wohl eine Gußform erstellen oder erstellen lassen müssen, um ein adäquates Ergebnis zu erhalten. Selbst was eine Gravur anging würde sie wohl jemand Anderes nach einer Vorlage fragen müssen. Schmieden konnte sie... aber zeichnen war eine ganz andere Sache.
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Chimaere

Die Verzierung war mittlerweile gegossen worden und von dem Halbblut nach Wunsch an die Waffe angeschmiedet worden. Nun mußte sie nur noch darauf harren den Anforderer wiederzutreffen - immerhin schuldete er ihr auch noch ihre Bezahlung. Und so lange verwahrte sie das gute Stück sorgsam in ein Tuch eingewickelt, um es vor eventuellen Kratzern zu schützen, in einem kleinen Lager, in dem sie ihre Werkzeuge, die sie nach und nach gegen bessere Stücke tauschte, einige Eisenproben und Probeschmiedearbeiten, das übrige Obsidian und halbfertige Auftragsarbeiten lagerte. Nunja "Lager" war übertrieben - eigentlich war es nur eine große Kiste, die sie verschließen konnte, wenn sie nicht da war.

Doch schon stand der nächste Auftrag an. Azdarens Axt-Flegel per Mechanismus mußte noch einige Zeit warten, da Jarlos ihr seinen Zweihänder überlassen hatte, um einige Kleinigkeiten zu variieren... das sollte rasch gehen.

Die Klinge wurde erhitzt und an den Seiten in Abständen mit einer Zange das Eisen "angeknipst" und die so entstandenen Spitzen umgebogen, um sie zu Widerhaken zu formen. Beidseitig vollführte sie diese Arbeit und ließ das Schwert wieder erkalten, um mit einem feinen Schleifstein die Feinarbeit zu erledigen, die Spitzen in Form zu bringen und damit deren Effektivität zu steigern. Auch die Aussparungen, die sich dadurch an der Schneide ergaben wurden sorgfältig überarbeitet.

Auch wenn diese Arbeit rasch in Worten zusammengefaßt ist, so vergingen doch Stunden, die Sil damit verbrachte die Widerhaken zu formen und zu überarbeiten, ehe sie die Schneide zur Gänze noch einmal nachschärfte, wobei sie sorgfältiger und vorsichtiger als sonst arbeiten mußte, um die umgearbeiteten Haken nicht zu beschädigen.

Nachdenklich wog sie anschließend die Waffe in der Hand. Sie war gut ausbalanciert, doch sollte sie die Wickelung am Heft verstärken, um Jarlos einen geeigneteren Halt zu gewährleisten. Seine Hände waren riesiger im Vergleich zu den ihrigen, wie sie grob ausgemessen hatte. Hier war ein Material angebracht, welches kaum Gewicht ausmachen würde. Reines Eisen schied daher aus. Leder allerdings war sicher dafür geeignet... eine Reise zum Jägerlager stand also an.

Nur das beste, schwarze Leder war gut genug. Das Halbblut prüfte die verschiedenen Ledersorten auf ihre Griffigkeit und wählte ein etwas gröberes, robusteres Stück aus, welches sie zurück in Achazat sorgfältig und fest um das Heft wickelte, wobei sie es oben und unten je mit einem Metallring umschmiedete und damit fixierte, die nicht ins Gewicht fallen sollten und die Balance der Waffe nach wie vor gewährleistet sein sollte.

Wie jedes Stück, welches sie geschaffen hatte, betrachtete sie das Schwert zum Abschluß eingehend auf eventuelle Makel, die es noch zu beseitigen galt. Die Schneide war scharf und die Widerhaken spitz - beides in Kombination würde eine ziemlich unangenehme Wirkung für den Gegner bereithalten. Einen Moment huschte ihr der Gedanke durch den Kopf, daß sie sich wohl in Zukunft noch mehr von seiner Klinge in acht nehmen mußte, bis ihr ein Detail einfiel, was sie zum Grinsen veranlaßte. Mit Schwung nahm sie die Waffe vor und vollführte ein paar Angriffe gegen einen unsichtbaren Gegner, ehe sie zufrieden die Klinge schulterte.
Die Wicklung war ihr mittlerweile zu dick, weswegen sie das Bastardschwert mit beiden Händen geführt hatte, doch für ihn würde es sicher genau passend sein, doch der Rest der Waffe fühlte sich gut an.

Zufrieden mit sich und ihrer Arbeit stiefelte sie los, um dem Besitzer seine Waffe zurückzureichen.
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Einige Zeit war vergangen, wie auch etliche kleinere Arbeiten eher nebenher erledigt werden konnten. Gab es zum Beispiel einen Auftrag das Metall einer Rüstung dauerhaft zu schwärzen, was Sil durch das hauchdünne Aufschmelzen ihrer Obsidianlegierung bewerkstelligte. Passend dazu verfuhr sie mit dem dazugehörigen Dolch ähnlich, was diesem zusätzliche Schärfe verlieh. Zwar tastete sie nur ungern ihre Obsidianvorräte an, da diese auch irgendwann ausgeschöpft sein würden, doch war sie der Meinung, daß es in diesem Fall gerechtfertigt war sie anzuzapfen.

Ein wenig blutete ihr Herz, als sie ein meisterhaft geschmiedetes Schwert einschmolz, um aus dessen Metall zwei Dolche anzufertigen. Durch die tägliche Routine waren die zwei kleinen Klingen rasch geschmiedet, so daß sie mehr Zeit mit Feinarbeit zubrachte, um sie ebenso gut auszubalancieren. Sie sollten nicht nur gut zu führen sein, sondern auch im Bedarfsfall präzise geworfen werden können.

Und dann war da noch der Kelch. Eine Herausforderung der anderen Art, da es eine andere Schmiedetechnik erforderte als sie es sonst gewohnt war. Silber war rasch besorgt und geschmolzen, doch dies in Form zu bringen, brachte Sil anfänglich zur Verzweiflung (in ihrem Fall wohl eher zur Weißglut). Erst nach etlichen Fehlversuchen kam sie auf den Gedanken, daß es wohl besser wäre die Grundform zu gießen und erst die Feinarbeit auf dem Amboß zu leisten. So verlangte sie ein weiteres Mal von Freyja den Kelch zu sehen, um seine Form in Ton zu pressen. Ein weiterer Vorteil war, daß sich einige, besonders herausragende Elemente der Gravur ebenso übertragen würden und als Anhaltspunkte dienen konnten. Die Edelsteinfassungen mußte sie noch herausarbeiten, doch sollte das mit einem glühenden Stab und etwas Feingefühl möglich sein. Das größte Problem blieben nach wie vor die Rubine selbst...
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Doch endlich hatte sie alle Rubine beisammen und bereits nach Angaben geschliffen. Sorgsam nahm sie sich die "Rohfassung" des Kelches vor und arbeitete wie üblich mit mehr Geduld als man es der normalerweise recht aufbrausenden Persönlichkeit zutrauen würde. Mit glühenden Werkzeugen hitzte sie das Material an den Stellen an, wo die Edelsteine ihren Platz finden sollten. Ein Stein nach dem anderen befestigte sich in dem Silber und formte das Metall teilweise darüber, um sie einzufassen. Eine Zeichnung war ihr dabei hilfreich, um zu sehen, auf welche Art und Weise die Fassung gestaltet war, um die Fälschung nicht an jedem Detail scheitern zu lassen. Die Gußnähte arbeitete sie sorgsam ab und glättete sie in das Material hinein. Immer wieder sich wiederholende Sichtprüfungen sollten weitere Unstimmigkeiten preisgeben, welche sie nach und nach korrigierte: hier etwas Metall weggenommen, hier hinzugefügt, hier geglättet, dort aufgerauht.

Alles in allem kostete sie der Kelch fast diesselbe Zeit wie das Am'Par. Eine Tatsache, die nicht gerade der Stimmung des Halbblutes zuträglich war - schließlich verplemperte sie ihre Zeit mit solch einem scheinbar nutzlosen Gegenstand anstelle sich ihrer Waffenarbeiten widmen zu können, die doch wesentlich mehr Potential in sich schlummern lassen. Allein die Aussichten, die vom Springer genannt wurden, ließen sie die Sache bis zum Ende durchstehen und die notwendige Perfektionsarbeit leisten - zumindest so gut sie es vermochte. Eine letzte Betrachtung ihres Werkes... die Gravur fehlte noch - doch das war nicht ihre Aufgabe...
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