Vergangenheit holt einen immer ein

Started by Sho, 21. Juli 2006, 17:49:18

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Sho

Lange lag Lyrandis wach und starrte an die Decke. Dieses Zimmer war wirklich nicht komfortabel, aber wenn man sich nicht mehr leisten konnte, blieb einem nichts anderes übrig. Eine Hand lag unter ihrem Kopf, die andere auf ihrem Bauch, der sich langsam hob und sank. Seitdem die Halbelfe hier angekommen war, war vieles passiert und sie veränderte sich, das merkte sie. Leise seufzend drehte sie sich auf die Seite und sah die Wand an. Wie solle sie so lang anhaltend fröhlich sein können, wie die anderen es hier waren. Sie kannte so etwas nicht.

Ihre Gedanken kreisten um die Erlebnisse der letzten Tage. Viel hatte sie nicht gesehen, aber langsam fand sie zu den Orten, die sie schon kannte. Und es war immer dieselbe Person in ihrer Nähe, was sie schon fast unheimlich fand. Egal wo sie hinging, er war dort oder er kam dort hin. Und das er auch immer da war, wenn sie Hilfe benötigte war fast noch unheimlicher.

Vor ihrem inneren Auge formte sich sein Bild. Dieser verdammte Bengel spukte nun schon in ihren Gedanken herum und sie wusste nicht, was sie daran ändern konnte. Sie musste unweigerlich an die Situation am See zurück denken, an das Zimmer in Weilersbach und das be- und entmalen. Wie er sie angesehen hatte, wie er sie berührt hatte. Ihr Körper verkrampfte sich und fing darauf hin leicht zu zittern an. Kurz flackerte vor ihrem inneren Auge noch ein Bild eines Mannes auf. Lyrandis erinnerte sich daran, wie er sie mit der Melodie verzauberte und sie bald nicht mehr wusste wo oben und unten ward. Ehe sie sich selber zur Ruhe besinnen konnte, verging einige Zeit und sie meinte sogar, die Hände des Bengels wieder auf der Haut spüren zu können.

Diese seltsame Person kurz vor Ende des Festes huschte ihr noch einmal durch den Kopf. Ihre Hand wanderte zu dem Zette. Dann überrollte sie doch noch der Schlaf und endlich konnte sie loslassen und träumte.


Es war dunkel und die Luft stickig. Nur schemenhaft erkannte sie oberhalb ein Fenster, das vergittert war und draußen den Halbmond zeigte. Ihr stockte der Atem. Sie wusste, wo sie sich befand und sie wollte nie wieder hier her. Hastig lief sie nach Süden. Irgendwo dort müsste die große Gittertüre sein, um aus diesem Sammelkerker herauszukommen. Sie sah leicht flackerndes Licht und kam an den Gittern an. Keine Wachen waren zu sehen. War das nun ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Die Unruhe stieg in ihr. „Nicht wieder... bitte...“ sprach sie leise und nestelte am Schloss herum. Dann hörte sie etwas und verharrte in ihrer Bewegung. Sie schallt sich schon fast eine Närrin, da hörte sie es wieder. Dieses Geräusch kannte sie zu gut, wie es die Kellertreppe herunter kam in Richtung des Kerkers. Festes Schuhwerk, dass jemanden zum Gittertor brachte und dieses hässliche Geräusch auf dem feuchten Boden hinterließ.

Kleine Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn und in einer hastigen Bewegung das Schloss zu öffnen, fiel ihr der Dietrich aus der Hand. Leise fluchte sie und bückte sich, um den Dietrich auf dem Boden wieder zu finden. Da trat ein Stiefel auf ihre außerhalb Kerkers befindliche Hand und übte leichten Druck aus. Erschrocken sah sie hoch. Vor den Gittern stand ein Mann, ausgezeichnet als Garde der Stadt. Er war nicht gerüstet, hatte nur Hemd und Hose an, trug dennoch einen Helm und einen Rapier. Sie sah den Blick, der sich in sie bohrte und von Verlangen zeugte. Mühsam versuchte sie ihre Hand unter dem Stiefel wegzuziehen, doch es gelang ihr nicht.

Sie sah den Gardisten an. Ihre Augen sprachen von Angst, von Wissen und flehten darum, dass er sie einfach gehen lassen würde. Da nahm er den Stiefel von ihrer Hand und sogleich zog sie auch diese zu sich. Gemütlich nahm der Gardist den Schlüssel von seinem Gürtel und schloss die Gittertüre auf, während sie aufstand. Als die Türe geöffnet war und sie nicht abschätzen konnte, ob sie nun gehen durfte oder nicht, bekam sie eine schallende Ohrfeige von dem Gardist und fiel nach hinten.

Sie hörte, wie der Gardist in den Kerker eintrat und die Türe hinter sich schloss. Sie wollte ihn nicht sehen, sie wollte es nicht noch einmal erleben. Als sie allen Mut zusammengefasst hatte, sprang sie auf, gegen den Gardisten und schlug ihm den Helm vom Gesicht. Ihr blieb die Luft im Halse stecken, als sie sein Gesicht sah. Sie konnte es nicht fassen. Es war Parat Flink, der Bengel und er grinste sie an. Er ergriff ihre Arme und sie war noch immer wie in Trance. Sie konnte es nicht fassen, dass er genauso war wie die anderen Männer und unbändige Wut kroch in ihr langsam hinauf. Ungehindert drückte er sie gegen die feuchte Kellerwand und küsste sie auf ihre Lippen.



Lyrandis öffnete ihre Augen und schreckte hoch. Es war noch immer tiefste Nacht. Ein dünner Schweißfilm hatte sich auf ihre Stirn gelegt und ihr Körper glühte. Sie hörte ihr eigenes Herz pochen, eher rasen und ihr Atem ging auch sehr viel schneller. Ungläubig blickte sie sich um, wo sie war und langsam dämmerte es ihr, dass sie im Heller lag. Sich hinsetzend berührte sie zuerst mit ihren Fingern ihre Lippen. Es hatte sich so echt angefühlt. Danach dachte sie wieder an seine Hände, wie sie über ihren Körper geglitten waren. Der Schmerz saß tief in ihrer Seele und sie zog sich zusammen in eine Ecke. Sie wollte vorerst niemanden sehen und sie würde deswegen aus der Stadt raus müssen.

Nun war sie doch wieder auf der Flucht, selbst hier, doch diesmal auf der Flucht vor sich selber...
*Lyrandis - Drachen sind so klein? Ich dachte die wären größer -
*Laflirr Arivanna -  -

~Jedes Leben ist wertvoll - es sein denn, du magst es gebissen zu werden~
Lasst Euch beissen! *schmack*


Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie gerne behalten ;)