[Amilcare| Was ist nur mit der Maar los?]

Started by Raven, 12. Januar 2013, 19:36:47

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Raven

Quote from: Amilcare on 09. Januar 2013, 00:32:17

[Wald/Maar]

Auch am Maar dürften die Gläubigen, die sich dort um die heilige Stätte kümmern, eine unangenehme Temperaturveränderung wahrnehmen. Ganz offensichtlich scheint die dunkle Maid unzufrieden, denn die Kälte legt sich nur auf das Maar, nicht die Umgebung.


Nachdem sie in einer Nacht wieder mal zur Maar wandert, würde sie im Winter nun noch kältere Wetter dort bemerken. Sie schaut zum Himmel auf und vergewissert sich erstmal nachdenklich, das nicht gerade Neumond ist. Nachdem dies nicht der Fall ist, entledigt sie sich all ihrer überflüssigen Kleidung.

So beginnt sie nun also ihren Tanz zu Ehren der Dunklen Maid. Sie hoffte so in Kontakt zu ihr treten zu können auch wenn dies nun Stunden dauern mag. Wie in Trance befand die Elfe sich nun nach einiger Zeit. Würde eine andere Präzens sie davon abhalten zu Eilistraee Kontakt aufnehmen oder würde sie sie erreichen können?
Na'riel Lafaera - Die helle Seite des Mondes
Leandra "Lea" Falkenflug - Das Feuer ist mein

Amilcare

Na'riel spürte nachwievor die Präsenz ihrer Göttin an ihrem heiligen Ort und auch die Kraft Eilistraees schien ihr nicht genommen, erfüllte sie weiterhin und floss in ihren Tanz mit ein. Dieser war zunächst so, wie Na'riel es immer tat, wenn sie mit ihrer Göttin in Kontakt treten wollte, ihre Präsenz mehr spüren wollte. Doch mit jedem Schritt, den sie tat, verfeinerten sich ihre Bewegungen selbst über das Elfische hinaus, wie fließendes Schmelzwasser, langsam, sanft und ohne Widerstand. All die Geräusche des Waldes um sie herum, die sie zuvor noch hörte, verschmolzen nun zu einem einzigen, zum Gesang ihrer Göttin. Sanft und klar, wie silbriges Mondlicht das sich seinen Weg durch ein vom Wind berührtes Blätterdach bahnt.
Und dann sah sie es. Sie tanzte bereits nicht mehr, als ihre Göttin sie berührte und das Licht auf ihre Augen traf. Im silbernen Schein sah sie ihre eigene, elfische Gestalt, anmutig und grazil tanzte sie dort auf der anderen Seite des Wassers der Maar. Na'riel selbst kniete, was sie erst jetzt bemerkte, an eben jenem Wasser. Und sie trank, denn ihr ganzes Sein schien in diesem wunderbaren Moment darauf ausgelegt einen Durst zu stillen, der nicht ihr eigener war.
Als die ersten Tropfen über ihre Lippen glitten, spürte sie in jeder Faser ihres Körpers die Anwesenheit ihrer Göttin und die weichende Kälte. Es war alles gut, sie hatte das getan, was ihre Göttin verlangte.
Und doch wusste sie, dass es dort noch mehr gab. Also trank sie weiter. Nach dem dritten Schluck überkam die Müdigkeit sie und als die letzten silbrigen Strahlen des Scheins zwischen ihren zufallenden Augenlidern verschwanden, entfloh auch sie ihrem Sein.
Wie ein kurzer Augenblick war es Na'riel, ehe sie die Augen wieder öffnete, nur um zu wissen, dass es nicht die ihren waren. Sie sah auf den Mond, zu dem sie vorher noch tanzte, doch waren es keine kalten Nordwinde, die ihren anmutigen Leib küssten, sondern kühle Winde des Südens, Flügel des Sandes der Wüste.
Dort saß sie mit ihrem dreizehn Sommer jungen Leib, das Kinn auf die Arme gelegt, die ihrerseits auf der Bank eines glaslosen Fensters ruhten, während ihr schwarzes, lockiges Haar in der kalten Brise ihre Wangen kitzelte. Sie sah den Mond und der gleiche Moment des Friedens erfüllte sie, wie er zuvor auch ihren anderen, wirklichen Leib erfasst hatte.
Für einige Momente saß sie dort und blickte hinauf in das endlose Meer der glänzenden Sterne, für dessen Anblick sich selbst in ihrem jungen, aufgeweckten Geist keine Worte finden ließen.
Dann jedoch unterbrach etwas den Frieden, die Ruhe, die sie verspürte und nach der sie sich sehnte. Der Wind trug etwas kaltes heran, etwas, das nicht hierher gehörte. Das Flüstern endlos vieler Stimmen war kaum zwischen dem Klappern der Fensterläden anderer Häuser der Wüstenstadt zu hören, während ihr die Kälte des Nordens über den Rücken kroch.
Beunruhigt blickte sie weiter hinaus, dies mal zum Tor der Siedlung, an dem wie immer zwei Wächter, gekleidet in die Tracht der südlichen Städte, ihren Dienst taten. Auch sie schienen zu frieren, traten näher an das Feuer heran, welches sie entzündet hatten. Die Dunkelheit der Nacht war für sie nun kein Verbündeter mehr, das Mondlicht schien Na'riel so fern. Wäre es doch nur Tag, würde die Sonne wieder mit all ihrem Licht das Flüstern vertreiben.
Doch es war kein Tag, keine Sonne schien, als die beiden Wachen in den wachsenden Schatten verschwanden und Na'riel, gefangen in diesem schwachen, jungen Körper, zum ersten Mal in ihrem Leben die Angst eines jungen Menschen spürte. Die Zerbrechlichkeit eines so kurzen Lebens. Aber sie spürte auch das, was der kleine Leib nicht erfassen konnte. Anders als die Wachen sah sie die Jäger, die ihre Beute am Tor schlugen. Aber sie konnte nichts tun, denn nie zuvor waren ihre Emotionen so unkontrolliert, so wild und heftig, dass sie ihren Geist lähmten.
Die gebeugten Kreaturen waren zu schnell für menschliche Augen, obgleich auch ihre Leiber entfernt menschlich wirkten. Na`riel konnte sie aber mit ihren wahren Augen sehen, Geschöpfe mit widerlich bleicher, trockener Haut, die sich wie altes Pergament über Muskeln und Sehnen spannte. Augenhöhlen, die zugewachsen waren, Münder wie Schlünde, voll mit Reißzähnen die den Wachen die Kehlen im Bruchteil einer Sekunde zerfetzten, lange und schleimige Zungen, die gierig das Blut ihrer Beute leckten.
Na'riels Hilflosigkeit verstärkte die Angst ihres kleinen Leibes und machte eine Flucht unmöglich. Selbst als eine der Kreaturen aus dem wachsenden Schatten unterhalb ihres Fensters sprang und die zerstörerischen Fänge in ihren Hals grub, vermochte sie nichts zu tun, außer stumm zu schreien...

Der Schmerz war so schnell vorbei, wie er aufgeflackert war. Und Na'riel war fort, gelöst von dem sterbenden Leib, der nicht der ihre war, und doch gebunden an den Geist desselbigen. Verloren fühlte sie sich, als die Kälte und Dunkelheit sie verschlang. Nichts als Finsternis, gefüllt mit weißem Nebel. Dort wanderte ziellos, hoffnungslos. Sie wusste, dass hier jemand auf sie warten sollte, sie weiter begleiten sollte, fort von all der irdischen Last und Qual.
Aber es war niemand hier, außer jenen, die wie sie gefangen waren, die wie sie ihre sterblichen Hüllen abgestreift hatten und nun auf etwas warteten, von dem sie zunächst hofften, dass es kommen würde, aber die Hoffnungslosigkeit schien an diesem Ort zu allgengenwärtig.
Und so wanderte auch sie für eine Endlosigkeit, denn Zeit war in dieser Finsternis, in dem alles verschlingenden Nebel, völlig ohne Bedeutung. Auch warten war ohne Bedeutung. Die Qual war nicht verschwunden, sie war nun endlos.
Dann jedoch unterbrach etwas die triste Einöde. Eine Melodie erklang, harmonisch und unharmonisch zugleich, verboten an diesem Ort und doch Teil davon. Sie war beides, Leben und Tod, daher konnte sie erklingen. Traurig hätte sie einen Geist mit sterblicher Hülle gemacht und weit entfernt in den Tiefen ihres Verstandes wusste Na'riel, was diese Art von Musik hervorrufen konnte, doch hier arbeitete ihr Verstand nicht mehr.
Die Melodie war alles. Es gab nichts anderes außer den Wanderern um sie herum. Sie schien die erste, die sie hörte und daher war auch sie es, die ihr zuerst folgte. Hoffnung, wenn auch nur ein Funken, trieb sie an. Dort in der Endlosigkeit der Finsternis zerbrach die Dunkelheit wie ein Glas und ein greller, winziger Lichtpunkt erschien. Nun wurden auch die anderen Wanderer dem Licht und der Melodie gewahr, doch ihr Vorsprung war zu groß. Sie zwängte sich hindurch, durch dieses winzige Etwas, das sie zunächst blendete.

Das Licht blendete sie, überall Schreie und etwas drückte auf sie ein mit der Gewalt aller Elemente. Die Schmerzen waren unglaublich, unbeschreibbar, und ihre Seele brannte.
Sie sah ihre Hände in dem grellen Licht, nicht ihre eigenen, nicht dreizehn Sommer alt. Bedeckt war ihr Körper nur mit einem langen, weißen Nachthemd. Nichts sah danach aus, dass etwas ihr Schmerzen zufügte, aber sie waren da und sie waren unerträglich.
Sie musste fort von hier, woanders hin, dort wo es keine Schmerzen gab. Sie rannte, weiter und weiter, stieß Türen auf, ließ steinerne Gebäude hinter sich, dann hölzerne. Ein weiter Platz aus Steinen und ein Baum, sie rannte weiter. Der Baum konnte ihr nicht helfen, die Schmerzen wurden stärker. Sie sah die Höhe, sie rannte darauf zu, stieß eine weitere Tür auf, taumelte durch Gänge und über Stufen hinweg. Und dann war sie dort, weit oben, während die Sonne unerbittlich ihre Sicht einschränkte, ihre Haut brennen ließ. Sie musste weg und es gab keinen anderen Ausweg. Ein Schritt und sie spürte die wirbelnde Luft, hörte das Knacken ihrer Knochen... und dann war es vorbei.

Die Finsternis, der weiße Nebel, sie kamen wieder, aber gingen schnell, als ihre Göttin die Hand nach Na'riel ausstreckte. Weit flog sie und sie wollte zunächst schreien, wäre dort nicht die Hoffnung und der Frieden gewesen, der sie nun erfüllte. Bilder drangen auf sie ein, als sie durch einen ihr unbekannte Fluss schwamm, gezogen von Elistraee selbst.

Dann erwachte sie, kniend an dem Gewässer der Maar, noch immer nackt. Die seltsame Kälte war nun fort und dem nassen Winter gewichen, der überall in Seldaria herrschte.
Nicht viel war geblieben, denn sie vermochte sich an alles zu erinnern, aber nur an wenig der anderen Bilder, als sie durch den Fluss zurück schwamm. Zu wenig, schoss es ihr instinktiv durch den Kopf. Eine dunkle Stadt ohne Leben, ein Mann unter einer brennenden, unerbittlichen Sonne, ein Zwerg, der zum letzten mal in das Licht des Himmels blickte, ehe er in das Dunkel unter Tage verschwand und nie zurückkehrte, ein Säugling dessen Lachen die Blumen blühen ließ, ein schwarzes, pulsierendes Herz, ein uralter, ihr unbekannter Eichenhain, ein dunkler Tunnel ohne ersichtliches Ende...

Ihre Göttin war nun fort, noch immer lag ihr Segen über diesem Ort und ihre Unzufriedenheit, ihre Besorgnis, war für das offensichtliche Spüren verschwunden, hallte aber in Na'riels Geist nach, als sie wieder Herrin ihres Verstandes und ihres Körpers war.