Träume eines Bauern...

Started by Amilcare, 27. März 2007, 00:02:06

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Amilcare

Lichtbringer

Der Schmerz war gegangen und an seine Stelle trat etwas, dass er lange nicht hatte gespürt, lange nicht zu fassen vermocht hatte.
Goldene Strahlen tauchten den Wald in ein regelrechtes Bad aus Licht und, so sehr er in den Tiefen der Gewölbe auch Zuflucht gesucht hatte, er konnte sie nur hier finden, das wusste er nun.
Klarheit lag auf seinem Weg, als er begann durch den von Vogelgezwitscher und Harmonie erfüllten Wald zu schreiten, sein Rüstzeug, welches er so lange gemieden hatte, silber strahlend in den wärmenden Strahlen, wie ein Hoffnungsfunke, der sich seinen Weg gen Zukunft bahnte.
Es schien fast, als würde alles um ihn herum erblühen, als er vorran schritt, weiter in Richtung der Zukunft, gen der Erlösung, die ihm offenbart wurde.
Welch Verlockungen, welch Pein er hatte widerstehen müssen um so weit zu kommen, so weit zu blicken, zu erkennen und zu verstehen.
Dankbarkeit erfüllte seinen von Leid und Schmerz gemarterten Geist und dort, wo sich einst Finsternis wie ein stiller, unliebsamer Gast eingeschlichen hatte, sich fest gefressen hatte, einem Krebsgeschwür gleich, dort war nun Licht getreten, Licht der Hoffnung, Licht der Zuflucht, Balsam für die geschundene Seele.
Seine Träume kehrten wieder, ein Traum, so schlicht er gewesen war, so allumfassend erleuchtete er seinen Geist.
Dankbarkeit, einmal das große Ganze geschaut haben zu dürfen.

Welch Sehnsucht ihn geplagt hatte von dem Tag an, als er durch das Tor der Welten getreten war, welch Illusionen er sich hingegeben hatte. Wie ein Bauer hatte er gelebt, gearbeitet und gedacht, so wie ihn andere sahen, wie er sich damals selbst sah.
Doch er wusste nun, dass die Welt ihn anders sah, ihm anderes offenbarte.
Er war Teil des Größeren geworden, Teil einer unfassbaren Wahrheit hinter allen Dingen, einer Wahrheit, die sich den kleinen Kieseln des titanischen Berges entzogen und doch vermochte ein Kiesel eine Lawine auszulösen, eine Veränderung, etwas, dass selbst zur Wahrheit werden konnte, wenn Seele und Glaube rein und stark waren.

Es gab kein Zurück. Er wusste, dass er nur vorwärts wandern konnte. Einem Greifen gleich, der seine Ketten aus Schatten und wabernder Finsternis sprengte und zur Sonne empor steigt, würde er auferstehen und dem Licht seines Herren folgen.
Instinktiv blickte er zu seinem Schatten, seinem Ebenbild aus Dunkelheit, hier auf der Lichtung, getränkt in purem Licht, an Reinheit nicht zu übertreffen.
Und doch, oder gerade deshalb schien auch die Präsenz der Dunkelheit, des Schattens unabdingbar, denn obgleich das Licht allumfassend war, so vermochten sich nur jene in seinem Glanze zu baden, welche zuvor den Schutz der Finsternis erfahren hatten.
Zunächst widerwillig, dann doch befreit von dem Wunsch der Verdrängung, blickte er auf seinen linken Unterarm. Dort, wo nun das silbern strahlende Metall schützend seine verletzliche Haut überzog, dort war die Befreiung, die Erlösung, die er zuvor missverstanden hatte, als Last gesehen hatte, als Bürde, aufgetragen von einer Welt, die ihn nicht wollte, die ihn verspottete ob seiner Träume, ihn mit Hohn bedachte für seinen Glauben in und an eine bessere, erfülltere Zukunft.
Er wusste nun, dass er falsch gelegen hatte, doch er war gewachsen, dort erstarkt, wo viele für immer versanken.

Das Mal würde er weiter tragen, denn er wusste, dass er die Schatten nutzen musste, bitten musste und kennen musste um Licht zu bringen.
So wie auf jede Nacht ein Tag folgt, so folgt auf jeden Tag eine Nacht. Doch das Ganze zu sehen vermochten wenige und er selbst durfte nur einen Bruchteil dessen schauen, was keinem sterblichen Geiste je zugedacht war, kein sterblicher Geist je zu erfassen vermochte, noch zu halten.

Und so kam der Greif im Glanze der Sonne, die ihm den Weg wies, während die Schatten seinen Rücken stärkten und seine Schwingen kräftigten. Er kam als Lichtbringer, als Vorbote eines Zeitalters des Schreckens, welches den Samen der Hoffnung in sich bergen würde.

Unhörbar für den Greif, der seine Sinne in dieser Welt verloren hatte, erschallte das Gelächter eines dunklen Gottes weit in der Ferne...