[Xamtys Grünauge] - Schicksalsjahre einer Zwergin - Chronik

Started by Talhund, 08. August 2007, 10:35:55

« vorheriges - nächstes »

Talhund

Die Vorgeschichte

Ches 1378 – Die grosse Spalte, Stadt Unterheim, Clanhalle des Clans der Trutzschilde, Versammlungssaal

Gemessenen Schrittes näherte sich Xamtys Trutzschild aus dem Clan der Trutzschilde, Tochter von Thorwyn Trutzschild, dem Ersten des Clans, Sohn von Gangyx dem Orkschlächter, Sohn des Slawyn Schildwall, Sohn von Rumus Elfentöter, dem Versammlungssaal, wo ihr Vater sie hinbestellt hatte. 
Ihr dunkelbrauner Zopf baumelte hinten hin und her. Der Goldring, der die Haare unten am Zopf zusammenhielt ließ jedes Mal, wen er den Turmschild auf dem Rücken berührte, einen leises Klingen ertönen. Die beiden Wächter, die wie gemeißelt zu beiden Seiten der Saalpforte standen, ließen sie passieren ohne sich zu rühren. Bereits kurz nachdem sie die Pforte durchschritten hatte, sah sie ihren Vater auf dem Thron aus glattem Granit am Kopfende des Raumes sitzen. Thorwyn war in ein Gespräch mit ihrem Bruder Sarlo vertieft.
   Thorwyn trug seine leichte Rüstung aus Schwarzbärenfell und seinen üblichen Schmuck, der am ganzen Körper verteilt war. An der steinernen Lehne zu seiner rechten stand frisch poliert ,,Zwergenstolz", Thorwyns Doppelaxt. Sie funkelte im Schein der Kohlebecken, die ringsum im ganzen Raum verteilt waren und der Halle etwas heimeliges gab. Selbst der aus Granit gehauene Besprechungstisch mit den dazugehörigen Granitsesseln in der anderen Ecke des Raumes wirkte so, wie eine Polsterecke. Als die Kriegerin noch 5 Schritte vom Thron entfernt war, blickte ihr Vater ebenso wie ihr Bruder auf, bemerkt hatten sie Beiden sie schon vorher, das war ihr klar.
Noch nicht ganz am Thron angekommen erhob Xamzys ihre Stimme:
,,Die Mordinsamman segnen und grüssen Dich, Thorwyn Trutzschild, Erster des Clans der Trutzschilde, Sohn von Gangyx dem Ork...."
Thorwyn winkte barsch ab ,,Jaja, reicht schon." Xamtys war reichlich irritiert, hielt sofort inne, ließ sich aber nichts anmerken. Wenn ihr Vater sich seine Ahnenreihe zu einer standesgemäßen Begrüßung nicht anhören wollte, dann war etwas faul.
,,Du hast mich rufen lassen, Vater?", trat sie die Flucht nach vorne an.
,,In der Tat", entgegnete Thorwyn und warf seinem Sohn einen kurzen Blick zu. Langsam und bedächtig strich er sich durch seinen Bart, der bis zum Brustbein reichte und drehte den Platinring, der den Bart am Ende zusammenhielt. Ihr Blick fiel kurz auf die Gravur des Rings: >Clangeddin anggrim arglar a kuld nos lar! - Clangeddin kämpfe mit deiner Axt an unserer Seite!< Der Wahlspruch Clangeddin Silberbarts, der sie wieder an ihre Kampfausbildung erinnerte. Wieder war ein Zehntag vorbei, ab Morgen würde sie wieder im Kampf geschult werden.
   Xamtys war Kämpferin, zumindest teilweise. Früh bereits hatte sie sich viel und gerne mit Büchern befasst. Begierig sog sie alle Schriften auf wie weisses Brot die Milch. Trotz dieses Umstandes war ihr Vater zuerst erstaunt und erbost, als sie vortrug, sie würde sich für Magie interessieren. Der Clanführer war ein Kuldjargh, ein wahrer Schlachtenwüter, dessen Name in Unterheim eine Legende war. Solche Zwerge halten nicht viel von Magie, obwohl sie in der goldzwergischen Gesellschaft schon länger Einzug gehalten hatte. Der Donnersegen Moradins hatte außer der erhöhten Geburtenrate noch einen anderen Effekt. Die Generation der ,,neuen" Kinder befasste sich mehr mit Magie und der Anteil der nach dem Segen geborenen Hexenmeister war ungewöhnlich hoch. So ungewöhnliche Dinge geschehen meistens, wenn Götter sich einmischen, dachte Xamtys bei sich während sie ihren Vater weiterhin ansah und auf das Anliegen wartete, was Thorwyn vorbringen wollte.
,,"Ich wollte mit dir noch einige Sachen besprechen, die deine bevorstehende Vermählung betreffen, Xamtys. Die Zeremonie ist schon weitestgehend geplant, wir müssen nur noch einige Kleinigkeiten..." Xamtys, die zuerst mit offenem Mund und grossen Augen dastand und ihren Vater  anstarrte stammelte dazwischen. ,,Meine was?"
,,Deine Vermählung, bei Moradin. Rede ich Orkisch oder was? Sarlo hat es dir bereits gestern gesagt."
,,Ich dachte, er macht wieder einmal billige Scherze auf meine Kosten." Verwirrt schüttelte sie den Kopf. Thorwyn wandte sich an seinen Sohn. ,,Siehst Du, ich habe es dir gesagt, sie dachte du machst Scherze. Deshalb hat sie so reagiert, sie meinte es gar nicht so." Xamtys kniff die Augenbrauen zusammen und wusste bereits jetzt, dass sie dieses Gespräch irgendwann einmal bereuen wird.
,,Was ich gestern gesagt habe bezüglich meiner _Vermählung_ mit Brudusch Einauge aus dem Clan der Feuerbärte sehe ich auch heute noch als so an, wie ich es gestern sagte. Ich werde keinen Barbaren heiraten, dessen Dummheit nur noch von seinem Gestank übertroffen wird. Mit einem Zwerg, der nichts anderes kann als prahlen, saufen und raufen habe ich lange genug zusammengelebt, nicht wahr Sarlo?" Ihr Blick schoss in Richtung ihres Bruders, Feindseligkeit schlug aus ihren Augen, die sofort erwidert wurde. Sarlo trat einen Schritt auf sie zu und begann die Ärmel auzukrempeln. ,,Warte, ich werde dir..." Thorwyn zog seinen Sohn am Ärmel zurück auf seinen Platz und sah Xamtys an. In seinen Augen glomm etwas schwach, jedes andere Clansmitglied wusste, dass es nun an der Zeit war in Deckung zu gehen, aber seine Tochter war den Anblick gewohnt.
,,Er ist ein guter Krieger, Xamtys und Du wirst ihn heiraten." – ,,Guter Krieger? Er kann nichts anderes als den Kopf senken, mit lautem Geschrei ins Getümmel stürzen und wie
wahnsinnig um sich schlagen. Er würde sogar mit dem Kopf gegen eine Mauer rennen, wenn sie ihn stören würde."
,,Ich habe auch noch keine Mauer gesehen, die einfach umgeredet wurde, Bücherwurm." Thorwyns Ton wurde schärfer. ,,Ich bestimme, wen Du heiratest, das ist zwergische Tradition. Brudusch ist ein guter Kandidat, ihr werdet starke, kluge Kinder haben, Ende des Streitgespräches."
,,Tradition, soso. Jene Tradition, ausschliesslich in den Höhlen zu werkeln, die das zwergische Volk fast ausgerottet hätte. So stark dezimiert zumindest, dass ein Gott aushelfen muss, damit wieder mehr Zwerg die Tunnel und Gebirge Faêruns sehen können. Zwangshochzeiten von Zwergen, die sich nicht mögen und wenig Verlangen nach Nachwuchs haben. Ignoranz und Arroganz anderen Völkern gegenüber, selbst dem eigenen Nordvolk ist man nicht wohlgesonnen. Meinst Du diese Tradition Vater?"
Während ihres Monologes erhob sie immer weiter die Stimme und spürte Wut, Verzweiflung und Angst in sich aufsteigen. Sie mochte Brudusch nicht. Vielmehr war sie an Roryn interessiert, einem jungen Famulus aus der Magierakademie. Sie hatten sich dort kennen gelernt. Ihr Vater hatte ihr nach langem Drängen erlaubt, zwei Ausbildungen gleichzeitig durchzuführen. Und so ging sie einen Zehntag auf die Magierakademie und den anderen Zehntag in die Kriegerschule.
   Thorwyn sah sie an, das Glimmen in den Augen wurde stärker. So viel Feuer hatte er seit dem Tod ihrer Mutter nicht mehr ausgestrahlt und Xamtys wurde es mulmig.
,,Wer setzt dir solche Flausen in den Kopf? Falls Du auch nur annähernd damit gerechnet hast, dass du irgendwann diesen Luftfuchtler, diesen Tabulus heiraten kannst, liegst du falsch. Du wirst Brudusch heiraten, Schluss aus und fertig." Während er sie fast anschrie stand er auf und näherts sich ihrem Gesicht bis auf zwei Handbreit. Thorwyn war grösser als sie und sie spürte seinen heissen Atem und die Speicheltropfen die grosszügig während des Vortrages mit davonstoben. ,,Deine Mutter und ich wurden auch verheiratet und sie war der verlässlichste Partner, den man haben konnte."
,,Glaubst du, dass sie das auch so gesehen hat?"
   In dem Moment, als Xamtys die Worte ausgesprochen hatte wusste sie, dass sie einen grossen Fehler begangen hatte. Sie sah die rechte Hand ihres Vaters nicht kommen, hätte sich aber auch nicht geduckt. Sie wusste, dass sie dies verdient hatte und nahm den Schmerz klaglos hin als die flache Hand mit einem lauten Klatschen auf ihre Wange traf. Die erste körperliche Züchtigung seit 35 Jahren und sie war eine erwachsene Frau. Als sie ihren schuldbewussten Blick wieder hob sah sie, dass das Glühen in den Augen ihres Vaters verschwunden war, er zitterte am ganzen Körper. Fast flüsternd sprach er weiter.
,,Xamtys Trutzschild aus dem Clan der Trutzschilde, Tochter von Thorwyn Trutzschild, dem Ersten des Clans, Sohn von Gangyx dem Orkschlächter, Sohn des Slawyn Schildwall, Sohn von Rumus Elfentöter. Ich gebe dir hiermit den BEFEHL in genau 6 Zehntagen Brudusch Einauge zu heiraten, ob du willst oder nicht. Ausserdem wirst du die Magierakademie verlassen und dich  auf die Kriegerakademie konzentrieren. Ich will hier in diesen Hallen niemals mehr sehen, dass du auch nur ein Buch anfasst, diese Dinger scheinen dich nur zu verwirren. Ausserdem hast du genug damit zu tun, Brudusch ein anständiges Heim zu bieten."
Thorwyn nahm seine Doppelaxt, schulterte diese und schlurfte in Richtung Ausgang. Nach einigen Schritten blieb er kurz stehen, dreht sich rum und sagte: ,,Und morgen früh erwarte ich eine Entschuldigung." Danach verschwand er durch die Pforte. Xamtys hatte die ganze Zeit nicht gewagt auch nur zu blinzeln. Ihr Bruder stand ähnlich regungslos da, bevor er sich mit hasserfülltem Blick an ihr vorbei schob und seiner Wege ging.
   Wie lange sie einfach nur dastand und nachdachte, konnte sie nicht mehr abschätzen. Plötzlich ging ein Ruck durch ihren Körper und sie setzte den Entschluss, den sie gefasst hatte in die Tat um. In ihrem Raum angekommen nahm sie zwei Schieferplatten und ritzte mit einem Stahlstift in beide eine Nachricht. Danach packte sie eine Robe und ihre Bärenfellrüstung in einen Sack, hängte sich diesen um und nahm ihren ledernen Trinkbeutel. In der Garküche holte sie sich Brot, Trockenfleisch sowie ein paar Äpfel, füllte ihren Trinkbeutel und ging noch einmal in den Versammlungssaal, der mittlerweile auch nicht mehr bewacht war, das Tagewerk war bereits getan. Sie legte eine der Schiefertafeln auf den Thron und machte sich auf den Weg in einen der Stollen, wo man vor einigen Tagen ein Portal entdeckt hatte. Auf dem Weg dorthin überlegte sie sich einen Namen für sich. Da es irgendetwas persönliches sein musste entschied sie sich für ,,Grünauge", denn ,,Xamtys Bücherwurm" klang irgendwie unzwergisch. Heute morgen noch, hatte sie an dem Portal gestanden und in einer Unterrichtsstunde den Ausführungen eines Lehrers gelauscht.
Sie schrieb noch etwas unten auf die Schiefertafel, legte diese vor das Portal, holte tief Luft, ging hindurch und landete irgendwo auf einem Turm.

   Thorwyn hatte die ganze Nacht nicht schlafen können, der Streit mit seiner Tochter hatte ihm stark zugesetzt. Vor allem sah er sich wieder um 5 Jahre zurückversetzt. Er und seine Frau hatten beide einer Wachpatrouille angehört, die am Rande des Unterreichs auf Drow trafen. Er war mit einem erbarmungslosen Kriegsschrei auf den Lippen auf zwei Drow losgestürmt, die vor ihnen wegzulaufen drohten. Das sie seine Einheit in einen Hinterhalt gelockt hatten, wurde ihm erst klar, als er am Ende der Schlacht das Feuer aus den Augen verlor und sah, wie seine Frau und fünf weitere Krieger  abgeschlachtet  am Boden lagen. Lediglich er und zwei weitere Krieger hatten überlebt, fünf tote Drow lagen am Boden. An diesem Tag hat sich seine Frau nicht auf ihn verlassen können, damit hatte Xamtys recht. Aber es gab keinen anderen, der sich deswegen mehr Vorwürfe machte, als er selber . Seit 5 Jahren. Jeden Tag, jede Stunde, jede Minute. Während er in diese Gedanken vertieft war, lief er in den Versammlungssaal. Er stellte seine Axt ab und sah die Schiefertafel. Langsam setzte er sich hin, während er das Geschriebene anstarrte. Seine Augen wanderten hoch zu einer Felswand, die unter dem Blick einzustürzen drohte. Wie lange er die Wand anstarrte wusste er nicht. Er las nur ihre Worte immer wieder, als hätte Xamtys sie an die Wand gemeisselt. ,,Moradin segne dich. Es tut mir leid." Langsam wurde ihm bewusst, dass er soeben die zweite Frau, die ihm etwas bedeutete verloren hatte. Sie zu suchen, kam ihm nicht in den Sinn, er wollte nicht zusätzlich sein Gesicht verlieren. Nachdem er lange regungslos dort gesessen hatte, wischte er sich die inzwischen getrockneten Salzkristalle von der Wange. Obwohl sowieso niemand geglaubt hätte dass Thorwyn Trutzschild wirklich weinen konnte.
Der Famulus Roryn Schwarzbier ging zur selben Zeit in Richtung des Portals, was momentan erkundet wird. Bereits aus einiger Entfernung konnte er sehen, dass etwas nicht stimmte. Eilenden Schrittes lief er zum Portal, dessen magische Leuchten vollständig erloschen war. Er trat mit dem Fuss gegen die Schiefertafel, die er erst bemerkte, als den Sockel des Portals untersuchte. Noch während er sich aufrichtete begann er zu lesen:
,,Roryn. Ich kann hier nicht mehr bleiben, zu viel ist vorgefallen. Mir ist bewusst geworden, dass ich lieber nicht hier bin, als zuhause eingesperrt. Lieber ohne dich und frei als mit dir und unglücklich verheiratet. Ich werde mich melden, möge Moradin seine schützende Hand über dich halten. Xamtys"

Langsam den Kopf schüttelnd steckte Roryn die Tafel ein und untersuchte weiter das erloschene Portal. Er wusste nicht, dass das Metall von Xamtys Rüstung das Portal zum Einsturz gebracht hatte.

Talhund

#1
Das Flammen und Funkeln der grünen Augen war zurückgekehrt. Xamtys hatte ein langes Gespräch mit Trudi und Thrain geführt. Letztlich war sie zu dem Schluss gekommen, dass ihr zu Hause in Hammerhütte lag. Man hatte Pläne geschmiedet und war auf dem Weg dahin Hammerhütte politisch zu etablieren und als einen Ort aufzubauen, an dem sich mehr heimisch fühlen konnten, als es bisher der Fall war. Voller Energie und Tatendrang machte sie sich an die geplanten Dinge und musste ihr zwergisches Temperament im Zaum halten, um sich an eine Art Liste zu halten, die sie abarbeiten würde. Jeder Punkt der Liste würde einen kleinen Stein ins Rollen bringen und ihr Leben hoffentlich in eine Art Lawine verwandeln.

Xamtys hatte gelernt zu kämpfen, sie hatte gelernt zu zaubern und nun war es an der Zeit diese Dinge vernünftig und effektiv zu kombinieren. Aber ihre Studien würden nun weniger Zeit in Anspruch nehmen als vorher und deshalb würde sie sich bei der Miliz vorstellen. Ein erster Schritt in eine Richtung, die sich vermutlich als klug erweisen würde. Von hier aus konnte sie das Dorf aktiv mit verteidigen, die Bewohner im Waffengang schulen und die Waffenkammer im Auge halten. Als nächsten Schritt galt es herauszufinden, wie viele Waffen von der Schmiede verbessert wurde und welche Bewaffnung die am häufigsten gewählte in der Region war. Bei Kämpfen konnten Kleinigkeiten entscheidend sein und eine gute Verteidigung brachte nur Vorteile. Es blieb zu befürchten, dass, wenn der Araujargh aus der Stadt sich durchsetzte, Hammerhütte bald heimgesucht würde von sämtlichem Gesindel und Pack der Umgebung. Und als Abfluss Fürstenborns wollte sie wirklich nicht enden. Und so musste alles für die Sicherheit getan werden. Aber sie war ja jetzt da. Dieser Gedanke trieb ihr ein Schmunzeln ins Gesicht, während sie ihr Notizbuch zückte und ihre mit Trudi besprochene Vorgehensweise schriftlich festhielt um nichts zu vergessen.


Und zusätzlich war ihr noch etwas eingefallen, was sie auch noch machen wollte, weil es wohl eine Bedeutung für Hammerhütte bekommen könnte.

  • Informationen über Dunkelbrunn einholen

Einen ganz schönen Batzen Arbeit hatte sie sich da aufgehalst, deshalb gab es keine Zeit zu verlieren und sie machte sich auf den Weg zur Miliz.